RB Leipzig mittendrin Das Red-Bull-Imperium

Leipzig · Schnell, extrem, spektakulär. Dafür steht Red Bull. Das Sport- und Medien-Imperium des österreichischen Milliardärs Mateschitz ist beachtlich. Und mittendrin: der RB Leipzig.

Die Erfolgsstory von RB Leipzig in Zahlen
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Foto: dpa, skh jai nic

Dominik Kaiser steht auf einem kleinen Hügel. Ein Bild mit Symbolcharakter. Auch sein Verein RB Leipzig steht weit oben. Bergauf, das ist die Richtung, in die der vor acht Jahren, am 19. Mai 2009, gegründete Klub voran prescht: von der Oberliga Nordost bis zum Vizemeister der Bundesliga in der aktuellen Saison. Ein Weg, auf dem sich die Mannschaft rasant zum neuen Premiumprodukt im Sport-Portfolio des österreichischen Getränkeriesen Red Bull entwickelt hat. "Ein Aufstieg verbindet, gerade die Spieler. Deswegen harmonieren wir auch so gut", sagt Kaiser beim Blick über das Trainingsgelände am Cottaweg in Leipzig und auf die Red Bull Arena. Sie liegt Luftlinie nur etwa 200 Meter entfernt.

Kaiser hat maßgeblich mitgewirkt an dem Projekt, das mit den Millionen von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz gestartet und befeuert wurde. Drei Aufstiegsfeiern seiner Truppe hat er mitgemacht. Er ist 28 Jahre alt und damit einer der ältesten im jüngsten Team der Top-Liga. Durchschnittsalter: rund 23 Jahre. In der ersten Saison in der Fußball-Bundesliga war Kaiser kein Stammspieler mehr. Trotzdem fungiert er noch immer als offizieller Kapitän der Mannschaft. Kaum einer im Team kennt den Verein wie er.

Als Kaiser im Sommer 2012 aus Baden-Württemberg nach Sachsen, von der TSG Hoffenheim aus der ersten in die damals vierte Liga wechselte, mussten sich die Spieler noch in Containern fürs Training umziehen. "Ich hatte noch nicht unterschrieben", schildert er seine Inspektion damals. Sportdirektor Ralf Rangnick, wie Kaiser gebürtiger Schwabe, habe es ihm aber schon schmackhaft gemacht. Das könne Rangnick recht gut, fügt Kaiser lachend hinzu.

Was einst eine 720 Quadratmeter große Containeranlage war, ist nun von der Fläche 19 mal so groß. Der Bau begann im Januar 2014. Im Sommer 2015, ein Jahr nach dem Aufstieg in die zweite Liga, war das Trainingszentrum fertig. Vier Rasen-, zwei Kunstrasenplätze, dazu das Hauptgebäude. Ein Glas-Beton-Bau, gerade Linien, modern, aber eher pragmatisch schlicht. Extrem wirkt in Leipzig wenig. Und dass, obwohl die Marke Red Bull doch sonst oft für Extreme steht.

 Leipziger-Fans in der Red-Bull-Arena

Leipziger-Fans in der Red-Bull-Arena

Foto: dpa, axs

Red-Bull-Gründer träumte vom deutschen Klub

Hier hoffen die Nachwuchskicker von RB auf eine Profi-Karriere. Hier schwitzen die Profis für die erhofften nächsten Etappen ihrer wundersamen Fußball-Reise. Sie arbeiten zwischen Nüchternheit, Disziplin und Unaufgeregtheit - trotz des wiederkehrenden Spektakels um Besitzer und Sponsor Red Bull auf dem Platz, zu sehen etwa beim unglaublichen 4:5 im Duell mit dem FC Bayern am vorletzten Spieltag. Ober-Boss Mateschitz (72) hatte sich die Partie daheim nicht entgehen lassen.

Er wollte schon lange einen Fußball-Klub in Deutschland. So ein Bundesliga-Verein kann sein Extrem-Sport-Reich durchaus bereichern. Nur mochten die meisten Clubs dies nicht mitmachen. Denn klar ist, wo Red Bull drauf steht, soll auch Red Bull drin sein. Dann mixt man eben selbst mit und schafft sich, wovon man träumt.

Dass der Unternehmensname bei RBL nicht im Vereinsnamen steht, ist den Statuten des Deutschen Fußball-Bundes geschuldet. Werbung im Klub-Namen ist verboten. Also musste ein Kunstgriff her, um das maximal Mögliche in Sachen PR zu erreichen: RasenBallsport, abgekürzt RB, wie Red Bull.

Die erste Saison nach der Gründung und der Übernahme der Oberliga-Spielberechtigung vom SSV Markranstädt musste RB Leipzig ohne offizielles Vereinswappen auflaufen. Wegen der Ähnlichkeit zum Red-Bull-Unternehmenslogo hatte der Sächsische Fußballverband es abgelehnt. Ein modifiziertes Wappen bekam dann die Erlaubnis.

Auch im Leipziger Cottaweg zeugt der große Rote Bulle auf der Außenwand des Hauptgebäudes vom Besitzer. 99 Prozent gehören der Red Bull GmbH, 1 Prozent ist im Besitz des Vereins. Diskussionen und mehr oder weniger scharfe Kritik um das Sponsoren-Modell begleiten den Club so wie der Erfolg. Der Vorwurf: RB Leipzig sei nur da, um eine Dose zu bewerben.

Leipzig holt auch Sympathie-Punkte

Den Profis, die mit ihrer offensiven und attraktiven Spielweise nicht nur Meisterschafts-, sondern auch Sympathie-Punkte holten, ist das Gerede eher egal. "Wir gehen unseren Weg unbeirrt weiter", sagt Kaiser. Er schlendert dabei entspannt über den Trainingsplatz. Dort, wo mittlerweile reichlich RB-Fans auch zu den öffentlichen Trainingsteilen kommen. "Das passt hier gerade einfach sehr, sehr gut zusammen. Die Leute sind euphorisiert von dem Fußball, den wir spielen, und der Art und Weise, wie wir auf und neben dem Platz auftreten."

 Dominik Kaiser auf dem Trainingsplatz in Leipzig

Dominik Kaiser auf dem Trainingsplatz in Leipzig

Foto: dpa, axs

Nur schön, geschweige denn nur mitspielen reicht aber nicht. Das gehört auch zum Konzept von Red Bull mit seinem gleichnamigen Energydrink. Erfolg bringt optimale Werbung.

Beispiel Formel 1: 2005 stieg Mateschitz als Besitzer in die Motorsport-Königsklasse mit seinem eigenen Team ein, er übernahm den Jaguar-Rennstall. Schnell eilte dem neuen Team der Ruf der Party-Truppe voraus. Tatsächlich schien der Blick aufs Wesentliche zunächst durch PR-trächtige Aktionen etwas getrübt zu sein. Von 2010 bis einschließlich 2013 gewannen Sebastian Vettel und Red Bull aber jeweils die Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft.

Beispiel Eishockey: Am 1. Mai 2013 übernahm der Getränkehersteller den DEL-Verein EHC München. Nachdem der Club zuvor aus finanziellen Gründen sogar noch vor einem Aus gestanden hatte, ließ der Erfolg nicht auf sich warten. Das Team feierte den Titelgewinn in der DEL 2016. Auch in diesem Jahr gewannen die Münchner die deutsche Meisterschaft. Eine zeitlang wurden die Spiele zudem vom hauseigenen Sender ServusTV übertragen, der sich die Rechte gesichert hatte.

Mateschitz sammelt Sportvereine

Mateschitz, geboren am 20. Mai 1944, hat sich längst ein Sport-, Medien- und Getränke-Imperium aufgebaut. Das US-Magazin "Forbes" listete ihn 2016 und 2017 unter den Superreichen der Welt mit einem geschätzten Vermögen von über 13 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) - als reichsten Österreicher. Die als seriös eingestufte "Forbes"-Liste basiert auf Recherchen der Redakteure und auf Schätzungen.

"Er entwickelte das Produkt sowie ein einzigartiges Marketingkonzept", heißt es auf der Homepage von Red Bull. Der Hersteller verkaufte 2016 nach eigenen Angaben mehr als sechs Milliarden Dosen. Rund 11 850 Mitarbeiter in 171 Ländern (Stand Ende 2016) zählt das Unternehmen.

Die Fußball-Vereine RB Leipzig, RB Salzburg, die New York Red Bulls sowie RB Brasil, die Eishockey-Vereine in München und Salzburg gehören ebenso zum Portfolio wie insgesamt über 430 Einzelsportler in Disziplinen von Base-Jumping bis Wingsuit Fliegen. Disziplinen, bei denen Spektakel und Gefahr wesentliche Merkmale sind. Grenzüberschreitungen sind das Normale so wie der medial weltweit in Szene gesetzte Stratosphären-Sprung 2012.

Extremsport als ultimativer Marketingkick. Manchmal aber mit fatalem Ausgang. Bei Dreharbeiten zu Werbespots kamen Red-Bull-Sportler auch schon ums Leben.

 Dietrich Mateschitz (r) mit dem RB-Vereinsvorsitzenden Oliver Mintzlaff.

Dietrich Mateschitz (r) mit dem RB-Vereinsvorsitzenden Oliver Mintzlaff.

Foto: dpa, axs

RB Leipzig will in einem anderen Licht dastehen. Der Verein engagiert sich sozial. Spieler und Trainer machten im Herbst vergangenen Jahres beim bereits traditionell gewordenen Glühwürmchenumzug mit - 8000 Kinder und Erwachsene waren dabei. Hier wachse eine neue Generation mit dem Verein auf, kommentierte RB-Trainer Ralph Hasenhüttl aus Österreich einmal. Für diese Generation ist RB vermutlich ein normaler Verein. Für andere eben nicht.

 Leipzig feiert den Einzug in die Champions League.

Leipzig feiert den Einzug in die Champions League.

Foto: dpa, axs

Grenzen werden bewusst ausgelotet

Nur 17 Mitglieder sind bei RB stimmberechtigt. Sieben Mitglieder sind in Deutschland obligatorisch, um ins Vereinsregister aufgenommen zu werden, schreibt das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vor. Sieben waren es, so steht es in einem Buch mit dem Titel "RB Leipzig - Aufstieg ohne Grenzen", als der Verein gegründet wurde.

Grenzen ausloten gehört dazu. Auch bei RB Leipzig. "Um dein wahres Potenzial zu entdecken, musst du zuerst deine eigenen Grenzen finden und dann musst du den Mut haben, sie zu überschreiten", heißt es in einem der Sprüche auf der Seitenumrandung des Trainingsplatzes. Bei den Spielern findet diese Grenzüberschreitung auf dem Feld statt.
Beim Tempo. Mit ihrem Hochgeschwindigkeitsfußball, mit schneller Balleroberung und einem noch schnelleren Drang zum gegnerischen Tor stellte RB fast alle Gegner vor erhebliche Probleme.

Geübt und überprüft wird das auch im sogenannten Laufschlauch. Alle fünf Meter sind dort Zeitmessanlagen angebracht. So können die Antrittswerte ermittelt werden. Er freue sich eher weniger, wenn es dorthin gehe, erzählt Kaiser. "Dadurch, dass ich nicht der Schnellste bin. Es gibt aber auch Wendeläufe, da bin ich besser", sagt der 28-Jährige und lacht.

Stress im Laufschlauch

Ernst wird es im Laufschlauch eher für die jüngeren, sprich Nachwuchsspieler. Sie sollen so früh und optimal wie möglich an die Spielweise herangeführt werden. Um der Motivation der Junioren noch einen weiteren Schub zu geben, sind beispielsweise die Fitnessräume mit modernsten Geräten gleich gegenüber untergebracht. So wie auch die Akademie und die Red Bull Arena nur durch ein künstlich geschaffenes Flussbecken, das Elsterbecken, getrennt sind.

Alles durchdacht, alles nach Plan. So wie der Aufstieg des Vereins von der fünften bis in die erste Liga. "Unser Leipziger Engagement soll uns mittel- bis langfristig in die deutsche Bundesliga führen. Im Normalfall erreichen wir unsere Ziele, und das hoffen wir auch in Leipzig", hatte Mateschitz im Sommer 2009 erläutert.

Nur 2909 Tage nach der Vereinsgründung sprach RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff von einem historischen Moment. Am 6. Mai 2017 schafften die Leipziger mit dem 4:1 bei Hertha BSC sportlich die Teilnahmehürde für die Champions League. Womöglich begrüßen die Leipziger in der kommenden Saison dann Real Madrid mit Cristiano Ronaldo oder den FC Barcelona mit Lionel Messi.

Champions League fest im Blick

Auch für Kaiser eine neue Erfahrung, das letzte Mal saß er bei einem Bayern-Spiel gegen Olympique Lyon im Stadion. Allein Offensivspieler Emil Forsberg absolvierte mit seinem ehemaligen schwedischen Club Malmö FF ein paar Partien in der europäischen Meisterklasse.

Allerdings müssen sich die Leipziger noch gedulden, bis sie von der Uefa die endgültige Teilnahme-Erlaubnis bekommen. Vor Juni ist damit nicht zu rechnen. Geprüft werden dürften mögliche Verflechtungen von RB Leipzig und Österreichs Meister RB Salzburg, der in der Champions League dabei ist. Nach den Uefa-Regularien darf "keine natürliche oder juristische Person" Einfluss auf mehr als einen an einem Uefa-Clubwettbewerb teilnehmenden Verein haben. Die generelle Prüfung der Kriterien beziehe sich auch auf die "Eigentümerschaft", hieß es von der Uefa.

Die Leipziger Verantwortlichen betonen, ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Dazu gehörte unter anderem, dass Rangnick seinen Sportdirektoren-Posten im Sommer 2015 in Salzburg aufgab und Mintzlaff seit geraumer Zeit nicht mehr Head of Global Soccer von Red Bull ist. Die Grenzen des Erlaubten sollen tunlichst nicht überschritten werden. Zudem ist Red Bull in Salzburg schon länger nicht mehr Besitzer, sondern nur noch Sponsor.

Und wie definieren die Leipziger das Konzept von Red Bull bei ihrem RB? "Wir sind natürlich sehr stolz über unseren Hauptsponsor Red Bull. Diese Unterstützung war eine wichtige Starthilfe, um den Verein erfolgreich und auch nachhaltig entwickeln zu können", erläutert Mintzlaff.

So angefeuert verschob RB Leipzig bisherige Grenzen. So wurde aus einer Container-Landschaft das moderne Trainings- und Ausbildungszentrum, aus einem Fünftligisten der deutsche Vize-Meister, nur geschlagen vom FC Bayern. "Ich bin jetzt seit fünf Jahren da und hatte fast ausschließlich Erfolg", sagt Kaiser. Bei diesen Worten mischt sich in seinen Blick über das RB-Reich auch ein wenig Stolz.

(dpa)
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