Verdacht der schweren Steuerhinterziehung Razzia in Frankfurter DFB-Zentrale

Frankfurt · Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main am Mittwoch die Geschäftsräume des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie Privatwohnungen von DFB-Verantwortlichen durchsucht.

Die DFB-Zentrale in Frankfurt.

Die DFB-Zentrale in Frankfurt.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main am Mittwoch die Geschäftsräume des Deutschen Fußball-Bundes sowie Privatwohnungen von DFB-Verantwortlichen durchsucht. An den Maßnahmen in Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz waren insgesamt rund 200 Beamte beteiligt, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilte.

Dabei gehe es um Einnahmen aus der Bandenwerbung von Heimländerspielen der Fußball-Nationalmannschaft aus den Jahren 2014 und 2015. „Die wegen des Verdachts der fremdnützigen Hinterziehung von Körperschafts- und Gewerbesteuern in besonders schweren Fällen geführten Ermittlungen richten sich gegen sechs ehemalige bzw. gegenwärtige Verantwortliche des DFB“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. „Ihnen wird zur Last gelegt, Einnahmen aus der Bandenwerbung von Heimländerspielen der Fußball-Nationalmannschaft aus den Jahren 2014 und 2015 bewusst unrichtig als Einnahmen aus der Vermögensverwaltung erklärt zu haben.“ Damit sei der DFB einer Besteuerung in Höhe von etwa 4,7 Millionen Euro entgangen.

DFB-Präsident Fritz Keller will die Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft „allumfänglich unterstützen“. Dies sagte der 63 Jahre alte Spitzenfunktion am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz in Berlin. Dort war er wegen der Initiative #MeineStimmeGegenHass der Deutschlandstiftung Integration per Video zugeschaltet. „Ich bin für Aufklärung, um eine saubere Zukunft für den Fußball zu haben“, sagte Keller weiter.

Keller ist seit September 2019 DFB-Boss und hatte vorher kein Spitzenamt beim größten Sportfachverband der Welt. Er sei vor einem Jahr angetreten mit einer Generalinventur, die im letzten Dezember eröffnet worden sei und eine vollumfängliche interne Aufklärung zu allen Vorgängen der letzten Jahre bis zurück in 2003 umfasse, erklärte der 63-Jährige. „Ich kann nur sagen, dass wir vollumfänglich kooperieren werden in der Angelegenheit.“

Er sei angetreten „auch für eine Öffnung und für eine vollkommene Transparenz, und eigentlich kann ich eine staatliche Unterstützung in den Untersuchungen nur begrüßen“, sagte Keller weiter und betonte, er müsse sich erst einmal einen Überblick verschaffen, Fachleute kontaktieren und bei der Staatsanwaltschaft nachfragen.

Namen der Verdächtigen nannte die Behörde nicht. In der fraglichen Zeit war Wolfgang Niersbach Präsident des Verbandes. Niersbach sagte allerdings dem SID, dass es bei ihm keine Durchsuchung gegeben hab. Bis zum Jahr 2018 war die Vermarktungsagentur Infront für die Bandenwerbung zuständig. Vor Kurzem hatte der DFB die Zusammenarbeit mit dem in der Schweiz ansässigen Unternehmen beendet. Zuvor waren Vorwürfe gegen Infront aufgekommen.

"Infront ist von diesen Ermittlungen nicht betroffen und wurde entsprechend auch nicht von den Ermittlungsbehörden kontaktiert", ließ das Unternehmen am Mittwoch auf SID-Anfrage wissen: "Es fanden weder in Geschäftsräumlichkeiten von Infront noch in Privatwohnungen von gegenwärtigen und ehemaligen Infront-Verantwortlichen Hausdurchsuchungen statt." Infront verwies darauf, dass die "steuerliche Deklaration" Sache des DFB gewesen sei.

"Durch Vertrag vom 11. Dezember 2013 soll der DFB die Rechte zur Vergabe der Werbeflächen in den Spielstätten von Länderspielen der Fußball-Nationalmannschaft für den Zeitraum 2014 bis 2018 an eine schweizerische Gesellschaft verpachtet haben. Dieser Gesellschaft soll allerdings bei der Auswahl der Werbepartner kein Handlungsspielraum verblieben sein", hieß es nun von der Staatsanwaltschaft: "Vielmehr soll sie sich verpflichtet haben, die Exklusivität des Generalsponsors und des Generalausrüsters der Nationalmannschaft zu berücksichtigen und keine Rechte an deren Konkurrenten zu vergeben. Stattdessen soll der DFB trotz der Verpachtung der Rechte über seine Sponsorenverträge aktiv bei der Vergabe der Bandenwerbeflächen mitgewirkt haben."

Dies führe laut der Behörde "zur steuerrechtlichen Konsequenz, dass die Einnahmen aus der Verpachtung nicht der steuerfreien Vermögensverwaltung, sondern dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind und somit zu versteuern gewesen wären". Nach den bisherigen Ermittlungen bestehe der Verdacht, "dass die Beschuldigten von dieser steuerlichen Unrichtigkeit wussten, sie aber bewusst wählten, um dem DFB hierdurch einen Steuervorteil von großem Ausmaß zu ermöglichen".

(eh/dpa/sid)
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