Kolumne "Gegenpressing" Verlierer der Woche: Oliver Bierhoff

Düsseldorf · Der Manager des Nationalteams versuchte, Löws Führerscheinentzug und den Autounfall im Trainingslager zu relativieren und verhielt sich damit völlig unangemessen.

Oliver Bierhoff – Europameister, Milan-Stürmer, Ex-DFB-Geschäftsführer
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Das ist Oliver Bierhoff

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Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Man muss ja nicht gleich so hart mit dem Manager der Nationalmannschaft ins Gericht gehen, wie Michael Ballack es nach dem verlorenen Endspiel der EM 2008 tat. Derbe kommentierte der damalige Kapitän Oliver Bierhoffs Anweisung, die Spieler sollten sich mit einem Plakat für die Unterstützung der Fans bedanken. Für Bierhoff, der jetzt wieder kritisiert werden muss, sind solche Aktionen wichtig. Er legt höchsten Wert auf das Image der Nationalelf.

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Foto: dpa, geb jai

Im Herbst präsentierte er eine vor Selbstlob strotzende Studie zur Bedeutung der ersten Fußball-Auswahl des Landes, in der sie "als vierte Macht im Staat" bezeichnet, ihr "Magie" zugesprochen und sie als "sinnstiftende Quelle einer Volks-Identifikation" vorgestellt wird.

Mit dem "Sinnstiften" ging es diese Woche etwas schief. Das Trainingslager in Südtirol nahm Züge eines Chaos-Camps an, als neue Details aus Kevin Großkreutz' unappetitlichem Apres-DFB-Pokalfinal-Abenteuer und Joachim Löws rasante Autofahrten bekannt wurden. Richtig schlimm geriet es, als die "Produktpräsentation" von Mercedes mit einem Unfall endete, bei dem zwei Menschen verletzt wurden. Die schwächste Figur gab der Mann ab, dem die Außendarstellung besonders wichtig ist: Oliver Bierhoff, der "Verantwortliche für diese Mannschaft", wie er sich bezeichnet. Mit unerträglichen Statements kommentierte er Löws Fahrverbot und den Unfall.

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Die von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Fußball-Bundes chemisch gereinigte Erklärung Löws zum Führerscheinentzug traf den richtigen Ton. "Selbstverständlich stehe ich dazu, dass ich manchmal leider zu schnell gefahren bin, ich weiß, dass ich mich hier zügeln muss. Ich habe meine Lektion gelernt und werde mein Fahrverhalten ändern", hieß es darin. Löw unternahm nicht den Versuch, das Problem zu relativieren. Richtig so!

Anders Bierhoff. Er mühte sich, die Bedeutung von Löws überzogenem Punktekonto im Flensburger Register kleinzureden. Zum Beispiel: "Wir sind alle Menschen, da passieren immer Fehler." Oder der Verweis auf die vielen Kilometer, die Löw von seinem Wohnort Freiburg aus jedes Jahr fahre, um seinen Job zu erledigen. Da passiere so etwas eher, meinte Bierhoff. Soll er doch an einen zentraler gelegenen Ort umziehen, der Herr Löw! Bierhoffs Humor wird auch mit dieser Aussage deutlich: "Wir werden mit unserem Generalsponsor sprechen, dass man Jogi nur Autos gibt, die tempolimitiert sind." Selten so gelacht. Mit Blick auf die Vorbildrolle des Bundestrainers (siehe "Vierte-Macht"-Studie) und die viel zu hohe Zahl schwerer Verkehrsunfälle wegen Geschwindigkeitsübertretung sind solche Worte unangemessen.

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Doch Bierhoff gelang es gar, dieses Niveau zu unterbieten. Im Nachgang zu dem Autounfall, der zwei Menschen ins Krankenhaus gebracht hatte, sprach er davon, dass ja auch Radtouren gefährlich seien: "Man hat im Leben immer ein Restrisiko." Geht's noch?

Ein Zeugnis vom Selbstverständnis der Szene lieferte auch Bierhoffs ehemaliger Mitspieler Andreas Möller in seiner "Kicker"-Kolumne: "Es kann grundsätzlich nicht sein, dass Nationalspieler bei Werbe- und Sponsorenterminen Gefahren ausgesetzt werden." Opfer in Südtirol waren: ein Streckenposten, ein Tourist, kein Nationalspieler.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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