WM-Kader steht in weiten Teilen fest Nur 30 Kandidaten für 23 Plätze — kaum Platz für Überraschungen

Das grobe Gerüst steht: Bundestrainer Joachim Löw hat fast alle Kandidaten für die WM im Kopf. Den Mann aus dem Nichts wie einst David Odonkor oder Shkodran Mustafi wird es diesmal kaum geben.

 Das DFB-Team beim Training vor dem Spiel gegen Brasilien in Berlin.

Das DFB-Team beim Training vor dem Spiel gegen Brasilien in Berlin.

Foto: dpa, chc wok

Bei Mecklenburger Ochsenrücken und Eisbein-Praline plauderte Oliver Bierhoff entspannt über die integrative Kraft des Fußballs - doch ganz nebenbei schlug er in der Berliner Akademie der Künste die Türe für mehrere Weltmeister zu. "26 Spieler sind jetzt nominiert, da kommen noch drei, vier Spieler dazu", sagte der Nationalmannschaftsdirektor bei der Verleihung des DFB-Integrationspreises: "Daraus wird sich der WM-Kader ergeben."

Die Zuhörer stutzten. 30, gar 29 Kandidaten nur? Das wirkte recht eng gefasst. Fehlten im Aufgebot gegen Spanien und Brasilien nicht Kapitän Manuel Neuer, Hochkaräter wie Marco Reus, die Weltmeister Mario Götze, Andre Schürrle, Benedikt Höwedes, Shkodran Mustafi? Allein mit diesen wären es 32 Spieler für 23 WM-Plätze. Für Mustafi und Höwedes könnte Bierhoffs Satz bereits das Aus bedeutet haben.

Wenn überhaupt, so scheint es, hält Bundestrainer Joachim Löw nur noch verdienten, derzeit aber verletzten oder formschwachen Kräften einen Kaderplatz frei. Götze beispielsweise sei keineswegs abgeschrieben. Eine Überraschung scheint hingegen kaum denkbar, eine Sensationsberufung wie David Odonkor 2006 ist nahezu ausgeschlossen. Linksverteidiger Philipp Max vom FC Augsburg ist daher für Löw nicht mal ein Gedankenspiel.

"Wenn alle so fit sind wie derzeit, gab es selten einen geringeren Bruch im Kader", sagt Bierhoff. Die Nationalmannschaft sei "besser aufgestellt" als 2014 und 2016, eine "Geheimwaffe" sehe er nicht: "Der Kreis ist mehr oder weniger bekannt." Löw, der letztlich selbstverständlich die Auswahl trifft, verfüge über einen "unglaublich breiten Kader von qualitativ starken Spielern. Das kann für den Trainer auch mal schwierig werden, das zu jonglieren."

Daher, betont der Bundestrainer, "beobachten wir jetzt ganz genau". Wer überzeugt mit Leistung, wer kann nach einer kräftezehrenden Saison nochmals vier Wochen auf höchstem Niveau spielen? "Wir erwarten, dass die Spieler auf diese WM, das größte Turnier, das es überhaupt gibt im sportlichen Leben, komplett den Fokus lenken und sich präparieren." Dies gelte mental wie körperlich.

Ohnehin, gesteht Löw, laufe der sportlichen Führung "etwas die Zeit davon". In den Wochen bis zur vorläufigen Nominierung am 15. Mai im Dortmunder Fußballmuseum kann er sich noch sieben Bundesliga-Spieltage und ein bisschen Europapokal ansehen - es sind Tage der Entscheidung. Sein Eindruck sollte bestenfalls aber bereits nach dem Länderspieldoppelpack Spanien/Brasilien stehen.

"Ich brauche 23 Spieler, die Leistung abrufen, teamfähig sind", die zudem den "Spirit" leben, der die Mannschaft 2014 zum WM-Titel getragen hat, sagt Löw. Dazu gehöre auch, "zu akzeptieren, mal auf der Bank zu sitzen". Im Idealfall werde jede Position doppelt besetzt. Marvin Plattenhardt mag nicht zu den besten 23 deutschen Fußballern zählen, doch er ist hinten links erster Ersatz für Jonas Hector und hat damit gute Karten.

Zwei von drei Plätzen im Tor (Neuer, Marc-Andre ter Stegen) und 14 von 20 im Feld scheinen fest vergeben. Die Kategorie "unangreifbar" umfasst alleine: Jerome Boateng und Mats Hummels in der Innenverteidigung, ferner Hector als einzigen Linksverteidiger gehobener Klasse, dazu Joshua Kimmich, Julian Draxler, Sami Khedira, Toni Kroos und Thomas Müller, außerdem Mesut Özil, Leroy Sane und Timo Werner.

"Der Konkurrenzdruck", sagt Müller, "ist konstant vorhanden. Er ist aber auch ein Hilfsmittel, um die Leistung hochzuhalten." Getreu dem neuen WM-Motto: Best never rest.

(sid)
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