Deutsche U21 startet ins EM-Jahr Neue "Goldene Generation" soll den ersten Schritt machen

Sechs U21-Europameister von 2009 wurden im vergangenen Sommer Weltmeister. Sami Khedira, Manuel Neuer und Co. krönten sich damit zur "Goldenen Generation". Ihre Nachfolger wollen zu Nachahmern werden.

Mesut Özil und Co. – Das wurde aus den U21-Europameistern von 2009
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Das wurde aus den deutschen U21-Europameistern von 2009

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Foto: dpa, frg jai

Wo soll's im Juni hingehen? Tschechien oder Faro? Das ist keine Frage aus dem Reisebüro, sondern eine der zentralen im sogenannten Übergangsjahr 2015 für den deutschen Fußball. Vom 17. bis 30 Juni steigt in Tschechien die U21-Europameisterschaft, am 13. Juni hat die A-Nationalmannschaft ein Qualifikationsspiel gegen Gibraltar zu absolvieren.

Das britische Überseeterritorium ist nur etwa 1000 Fußballfelder groß. Auf dieser Fläche findet sich kein geeignetes Stadion, so dass das jüngste Uefa-Mitglied seine Heimspiele an der portugiesischen Algarve-Küste austrägt. Bundestrainer Joachim Löw und U21-Coach Horst Hrubesch haben sich darauf geeinigt: Das Turnier in Tschechien ist für die spielberechtigten Jahrgänge 1992 und jünger wichtiger als ein Kick gegen ein Team, dessen Weltranglisten-Platzierung hier nicht einmal angeführt werden kann — weil Gibraltar gar kein Fifa-Mitglied ist.

Die Story von Rio begann in Malmö

2009 gewann die U21 unter Hrubesch in Schweden bereits einmal den Titel. Mit dabei waren Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Jerome Boateng, Mesut Özil und Sami Khedira, die beim WM-Triumph 2014 in Brasilien zum Stamm gehörten. "Das Erfolgserlebnis hat ihnen damals einen Schub gegeben", sagt Löw. Spätestens seit vergangenem Sommer finden Khedira und Co. als "Goldene Generation" Eingang in die DFB-Historie. Und manch einer vertritt die Theorie, dass das WM-Finale von Rio in gewisser Weise schon am 29. Juni 2009 in Malmö angepfiffen wurde. An diesem Tag gewann die U21 den EM-Titel durch ein 4:0 gegen England.

Horst Hrubesch – Kopfballungeheuer und Trainer-Phänomen
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Das ist Horst Hrubesch

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Am Freitagabend startet die aktuelle Hrubesch-Auswahl mit einem Härtetest gegen Italien (20 Uhr/Eurosport) ins Jahr. "Wir haben die Qualität, wir wollen Europameister werden", sagt der 63 Jahre alte Trainer. Mit dem Halbfinaleinzug gäbe es zudem das Olympia-Ticket. Selbstbewusstsein hat man beim DFB-Nachwuchs schon demonstriert, als Hrubesch noch 57 war und die Hoffnungsträger Khedira, Neuer und Özil hießen. Im nostalgischen und nach Parallelen suchenden Fußballgeschäft stellt sich automatisch die Frage: Wie gut ist die U21, die 2015 den Erfolg von 2009 wiederholen soll?

Ein Ansatz auf der Suche nach Antworten könnte Mario Götze sein — der bekannteste, talentierteste, wertvollste Vertreter der aktuellen Generation. Dass Götze im Juni in einen Flieger nach Tschechien steigt, darf jedoch ausgeschlossen werden. Der 22-Jährige hat sich durch sein Siegtor im WM-Finale lebenslangen Legendenstatus gesichert, jetzt bleiben ihm noch ein paar Jahre, um diesen Blankoscheck auszufüllen. Vier weitere Akteure mit U21-Spielrecht waren in Brasilien dabei. Bei der EM 2008, dem Äquivalent in dieser Angelegenheit, stand kein einziger U21-Mann in Löws Kader.

Jetzt vertröstet der Bundestrainer Leute wie Kevin Volland (Hoffenheim), Emre Can (Liverpool) oder Max Meyer (Schalke) auf die Zeit nach dem Sommer. Dann kommt die heiße Phase im Kampf um die EM-Tickets, dann sind 90 Minuten auf der Bank bei den Großen auch wieder so verlockend wie ein Turnier mit den noch nicht so Großen.

Auf dem Papier ist die "Class of 2015" sogar weiter und erfahrener als die "Class of 2009":

(Stand ist jeweils der 27. März 2009 bzw. 2015)

Die Profiklubs vertrauen der Jugend immer früher. Mehr als eine Handvoll U19-Europameister 2014 darf sich regelmäßig in den ersten beiden Ligen bewähren. Und Trainer Marcus Sorg musste bereits auf Toptalente wie Timo Werner vom VfB Stuttgart verzichten, weil die Vereine ihnen in der Saisonvorbereitung keine Freigabe erteilten.

Keine Garantie für Weltkarriere

Es gibt keine präzisen Vorgaben, welchen Jahrgängen das Prädikat "Goldene Generation" zu verleihen ist. Die Khediras und Boatengs krönten sich fünf Jahre nach ihrem großen Erfolg als Youngster. Den Vollands und Meyers stünde die große Sternstunde demnach im EM-Finale 2020 bevor. Trotz all der Vorschusslorbeeren wird nur ein Bruchteil der U21 eine Weltkarriere hinlegen. Ihre Vorbilder von 2009 kicken heute alle mindestens drittklassig, in Russland, in Belgien oder auf Zypern. Mal sehen, was Nico Schulz, Jean Zimmer oder Philipp Hofmann im Frühjahr 2020 so machen.

Von 1992 bis 1995 — in diesen Jahren wurden Hrubeschs Spieler geboren — erblickten in Deutschland 3,14 Millionen Kinder das Welt, plus zigtausende mit deutschem Pass, aber Geburtsort im Ausland. Wenn fünf davon später gemeinsam einen großen Titel gewinnen, wird wieder die Rede sein von der "Goldenen Generation". Der erste Schritt in die Richtung soll im Juni in Tschechien gemacht werden. Faro bliebe immer noch als Option für den Sommerurlaub.

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