U21 holt EM-Titel Kuntz genießt Triumph wie Beckenbauer 1990

Krakau · Stefan Kuntz bestand bei der EM in Polen seine Meisterprüfung mit Bravour. Zu Belohnung darf der DFB-Trainer bis 2020 bleiben.

 DFB-Präsident Reinhard Grindel hat nach dem Titelgewinn eine Laudatio auf Stefan Kuntz gehalten.

DFB-Präsident Reinhard Grindel hat nach dem Titelgewinn eine Laudatio auf Stefan Kuntz gehalten.

Foto: dpa, woi

Stefan Kuntz machte es wie Franz Beckenbauer nach dem WM-Triumph 1990. Ganz alleine stand Kuntz nach dem Titelgewinn bei der U21-EM auf dem Rasen, genoss die Ruhe und beobachtete die wilde Party seiner Spieler aus sicherer Entfernung. Erst DFB-Präsident Reinhard Grindel riss den frisch gekürten Meistertrainer nach fast zwei Minuten aus dessen Gedanken.

Kuntz hatte dabei genug Stoff zum Verarbeiten. Hinter dem 54-Jährigen liegt eine Reise, die vor zehn Monaten begann und nun mit dem Coup von Krakau eine kaum erwartete Wendung nahm. "Meine Jungs singen zu sehen, tanzen zu sehen — das macht mich glücklich", sagte der Europameister von 1996 auf der Pressekonferenz gerührt.

Eine Stunde später lächelte Kuntz noch immer, als Grindel beim Empfang im Teamhotel Turowka eine kurze Rede vor den Spielern und ihren Familien hielt. "Lieber Stefan", sagte Grindel, "ich würde mich freuen, wenn wir versuchen, die nächste Olympiade anzugehen und bis 2020 zusammenzuarbeiten. Das ist auch verdient, denn dieser Erfolg heute ist auch dein Erfolg." Die Zuhörer stimmten spontan "Stefan, Stefan"-Sprechchöre an.

Meisterprüfung bestanden

Kuntz genoss die Rufe sichtlich. Wohl auch, weil viele Kritiker ihm beim Amtsantritt einen derartigen Siegeszug kaum zugetraut hätten. Sein Vertrag lief nur bis zu EM, von einer "Probezeit" war die Rede. Nun hat er die Meisterprüfung mit Bravour bestanden. Als Belohnung wird in Kürze der neue Vertrag aufgesetzt, die Unterschriften sind nur Formsache. "Wir unterschrieben Verträge nicht nachts, sondern bei voller geistiger Kraft in der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt", sagte Grindel.

Nach dem DFB-Chef ergriff auch Horst Hrubesch das Mikrofon. Auch er fand Worte der Anerkennung. "Dir, Stefan, muss ich das größte Kompliment machen. Die Art und Weise, wie du die Mannschaft übernommen hast, sie geführt hast — das war sensationell", sagte der DFB-Sportdirektor. Hrubesch hatte 2009 als U21-Trainer den bislang einzigen EM-Titel geholt, Kuntz trat nun auch in diesem Punkt seine Nachfolge an.

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Kein Wunder also, dass Kuntz ein wenig gerührt war. "Das hier macht mich sehr stolz. Ich habe ja schon gesagt, dass mir die Arbeit unglaublich Spaß macht", sagte Kuntz und machte kein Geheimnis daraus, dass auch er gerne bis 2020 bleiben würde. Auch wenn eigentlich in Krakau der perfekte Zeitpunkt für einen Blitz-Rücktritt gekommen war. "Jemand hat zu mir gesagt, man müsse normalerweise auf dem Höhepunkt aufhören. Da kann ich mich jetzt nicht so mit anfreunden", sagte Kuntz.

Auch die Mannschaft sprach nach dem Finale positiv von Kuntz. Maximilian Arnold, als Kapitän der verlängerte Arm des Trainers, meinte zunächst nur schlicht: "Meistertrainer. Dieses Wort sagt alles", ehe er anfügte: "Er war sehr lustig, aber auch bestimmt, hat einen guten Mix gefunden. Er hat uns ganz gut eingestellt, sonst wären wir nicht Europameister geworden."

Für Arnold endete mit der EM das Kapitel U21, so wie für einen Großteil der Mannschaft. Wenn am 1. September die Qualifikation für die EM 2017 beginnt, sind nur noch sieben Akteure aus dem EM-Aufgebot spielberechtigt. Stefan Kuntz muss dann eine neue Mannschaft aufbauen. Klingt nach einer reizvollen Aufgabe.

(sid)
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