Nationalmannschaft Zieler: Deutschlands Nummer drei hielt wie eine Eins

Vigo · Auch mit Ron-Robert Zieler im Tor wäre Deutschland Weltmeister geworden, behauptete Bundestorwarttrainer Andreas Köpke kürzlich. In Spanien bewies der Hannoveraner, dass dies gut möglich ist.

Ron-Robert Zieler: Deutschlands Nummer drei hielt wie eine Eins
Foto: afp, js/ql

Die deutsche Nummer drei hielt wie eine Eins: Als Thomas Müller in der Interviewzone an seinem Torhüter vorbeikam, vergaß er für kurze Zeit sogar das schmerzende Gesäß. "Klasse Ron", sagte der wegen eines Pferdekusses früh ausgeschiedene Offensivspieler und klopfte Ron-Robert Zieler herzhaft auf die Schulter. Direkt dahinter folgte Torwarttrainer Andreas Köpke und tat es Müller gleich.

Köpke war wohl doppelt froh, dass Zieler ihn bestätigt hatte. Vor wenigen Tagen hatte einige den Kopf geschüttelt ob der Aussage des BTT, dass Deutschland auch mit Roman Weidenfeller oder Zieler im Tor Weltmeister in Rio geworden wäre. Doch die erste Chance, diese These zu stützen, packte der 25-Jährige beim 1:0 (0:0)-Sieg in Spanien beim Schopfe. "Wir haben gewonnen, wir haben zu null gespielt, ich hatte meine Szenen - alles in allem war es ein toller Abend für die Mannschaft und für mich persönlich", sagte Zieler, der im vierten Länderspiel den ersten Sieg feierte.

Gleichzeitig sorgten Medienspekulationen um Zieler am Mittwoch für Aufregung. Nach Eurosport-Informationen soll Borussia Dortmund ab 2015 die Verpflichtung des 96-Keepers planen und von dessen Ausstiegsklausel Gebrauch machen. Allerdings: Nationalmannschaftskollege Roman Weidenfeller steht noch bis 2016 beim BVB unter Vertrag.

Wie dem auch sein, es war ein idealer Zeitpunkt für ein Zeichen von Zieler: Manuel Neuer ist als Stammtorhüter unantastbar, Köpke hat den Konkurrenzkampf im Tor wieder ausgerufen und Bewährungschancen in der Nationalmannschaft sind rar. Zieler bestand diese am Dienstag. Und zwar beim Europameister, hinter einer komplett neuformierten Abwehr und bei "vor allem für Torhüter wirklich schweren Bedingungen", wie Köpke betonte: "Das hat man ja auch beim gegnerischen Torhüter gesehen."

Spaniens Kiko Casilla hatte beim haltbaren Schuss von Toni Kroos (89.) keine gute Figur gemacht. Zieler hatte dagegen sich nicht nur schadlose gehalten, er hatte bei einem Schuss (12.) und einem Freistoß (59.) von Nilito sowie einem Lupfer von Pedro (82.) auch in glänzender Manier gerettet.

"Herausragend" habe er in diesen Szenen gehalten, attestierte ihm Bundestrainer Joachim Löw, "ich war sehr zufrieden mit ihm." Und auch Köpke lobte: "Ron hat sich diese Chance verdient, und er hat seine Sache super gemacht." Eigentlich hatten nach dem Ausfall von Neuer alle ein "Jobsharing" erwartet mit je einer Halbzeit von Weidenfeller und Zieler. "Aber Ron hatte sich einfach verdient, mal wieder ein Spiel zu machen", sagte Löw: "Roman hatte vor der WM die Möglichkeit."

Zieler bekam somit erstmals die Chance zu beweisen, dass er den Titel "Weltmeister" auch ohne Einsatz-Minute in Brasilien zu Recht trägt. In den vergangenen 27 Monaten hatte der Hannoveraner nur einmal eine Bewährungsprobe bekommen, beim 0:0 gegen Polen im Mai, als zwei Dutzend Stammkräfte fehlten. Er hat für Deutschland noch keine Minute in einem Pflichtspiel absolviert. Doch nach der Partie in Vigo hat er plötzlich sogar eine starke persönliche Bilanz, ist nun seit 209 Minuten im Nationaltrikot ohne Gegentor.

Was Löw besonders gut gefiel, war, "dass er die Bälle von hinten gut rausgespielt hat". Ein wichtiger Aspekt, da das deutsche Spiel wegen Neuer entsprechend geprägt ist und die nachrückende Horde junger Torhüter fußballerisch sehr stark ist. Um die Konkurrenz will sich Zieler keine Gedanken machen. "Wir sind in Deutschland auf der Position sehr gut besetzt", sagte er: "Aber ich schaue nur auf mich und weiter Gas geben." Seine Position hat er am Dienstag aber eindeutig gestärkt.

(sid)
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