Kommentar zur Fußball-Nationalmannschaft Löw steht unter Druck

Amsterdam · Deutschland hat gegen die Niederlande verloren. Nun beginnt die Diskussion um Bundestrainer Joachim Löw erneut. Die Partie lieferte kaum positive Argumente. Ein Kommentar.

 Joachim Löw in Amsterdam.

Joachim Löw in Amsterdam.

Foto: dpa/Peter Dejong

Auf der Tribüne zuckte es in den Mundwinkeln von DFB-Präsident Reinhard Grindel. Er hatte sich alles so schön ausgedacht. Beinahe unmittelbar nach der historischen WM-Pleite von Russland verpflichtete er in einer eiligen Telefonkonferenz das Präsidium zum Treuebekenntnis für Bundestrainer Joachim Löw, dessen Vertrag er bereits vor dem Turnier bis 2022 verlängert hatte. Es wunderte niemanden, dass Löws erst zwei Monate darauf vorgelegte WM-Analyse und sein Wort zum Neuaufbau von den DFB-Oberen mit großem Beifall aufgenommen wurden.

Nur sechs Wochen nach dem Auftakt zum Neuaufbau ist das alles Makulatur. Nach dem im Ergebnis und in der fußballerischen Vorstellung geradezu niederschmetternden 0:3 im Nations-League-Spiel in den Niederlanden wird und muss über Löw diskutiert werden. Das weiß er selbst. Und es ist ehrenwert, dass er die Augen vor dieser Debatte nicht verschließt. „Es ist normal, dafür habe ich Verständnis“, sagte er.

Niederlande - Deutschland: Pressestimmen zum Spiel
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„Tiefer als die Niederlande!“

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Trainer werden am Erfolg ihrer personellen Entscheidungen und am Eindruck gemessen, den ihre Mannschaft auf dem Platz macht. Die Begegnung mit den Holländern, einer talentierten Mannschaft, die allerdings erkennbar noch im Aufbau steckt, lieferte wenige positive Argumente für Löw. Er setzte auf den Weltmeister-Block mit vier Bayern-Spielern (Neuer, Boateng, Hummels, Müller) und dem ehemaligen Münchner Toni Kroos. Seine Begründung: „Wir brauchen Erfahrung.“ Die Routiniers aber wirkten in ihrem Spiel unkonzentriert, formschwach (Neuer), gedanklich langsam (Boateng), und sie gaben dem Team in einer verheerenden Schlussphase überhaupt keinen Halt. Löw musste eingestehen: „Da sind wir auseinander gefallen.“ Eine Bankrotterklärung.

Von Mut, von einem grundsätzlichen Stilwandel im Vergleich zu ermüdenden WM war kaum etwas zu erkennen. Dass Löw nach der Pause Leroy Sané brachte, der zumindest für gelegentliche Tempoverschärfung sorgte, war viel zu wenig. Der Zusammenhalt zwischen den Mannschaftsteilen stimmte schon da nicht. Und der Bundestrainer wirkte nur noch ratlos.

Seit 168 Spielen ist Löw nun Bundestrainer, damit hat er die Legende Sepp Herberger übertroffen. Auch der strapazierte zu lang den Ruhm des WM-Titels von 1954, und er ging zu spät. Vielleicht wiederholt sich dieser Fall gerade.

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