Nations-League-Auftakt gegen Frankreich Löw setzt auf altes Personal und neue Spielidee

München · Bundestrainer Löw hat den Neuanfang ausgerufen – und natürlich haben sich im DFB-Team wieder alle ganz doll lieb.

Das DFB-Team beim Training in München
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Foto: dpa/Angelika Warmuth

Joachim, genannt Jogi, Löw sitzt oben auf dem Podium und lächelt. Es ist dieses Jogi-Lächeln. Dieser Gesichtsausdruck war ihm in den vergangenen vier Jahren vorübergehend abhanden gekommen. Löw stand nicht über den Dingen. Er schwebte. Seit dem Debakel bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland mit dem peinlichen Aus in der Vorrunde, ist er wieder deutlich geerdeter als Bundestrainer am Tagewerk. Und so hat der 58-Jährige bei diversen Gelegenheit Buße abgelegt. Zumindest, was er darunter versteht. Ja, er hatte auch Schuld. Ja, man habe den Ernst der Lage verstanden. Ja, alles wird besser. Piep, Piep, Piep – wir haben uns alle lieb.

Nun hat Löw durchaus große Erfolge vorzuweisen. Und daran würde er natürlich schrecklich gerne auch wieder anknüpfen. „Man spürt so etwas wie eine Aufbruchstimmung“, findet er. Und: „Wir stehen vor so etwas wie einem Neustart.“ Wirklich? Der Trainer ist derselbe geblieben. Der Nationalmannschaftsmanager heißt auch noch Oliver Bierhoff. Der Präsident ist nach wie vor Reinhard Grindel und Kapitän von „Die Mannschaft“ (der Name steht einstweilen auf dem Prüfstand) ist Torwart Manuel Neuer. So schrecklich viel ist also bisher nicht passiert. Natürlich: Mesut Özil hat sich mit viel Lärm aus dem Team verabschiedet. Einzig Sami Khedira wurde von Löw aussortiert. Und Thomas Schneider ist nun nicht mehr Co-Trainer, sondern Chefscout. Revolution hört sich anders an.

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Foto: AFP/CHRISTOF STACHE

Löw lächelt und lächelt. Alles cool auf der Brücke. Vor dem durchaus wegweisenden Nations-League-Auftakt (Donnerstag, 20.45 Uhr/ZDF) in München gegen Weltmeister Frankreich lautet seine Diagnose: alles entspannt. „Druck? Das höre ich schon viele, viele Jahre“, sagt er, als hätte es die historische WM-Pleite nie gegeben und ergänzt lässig: „Ich habe über 160 Länderspiele gemacht als Trainer, deswegen werde ich vom Druck nicht aus der Bahn geworfen.“

Löw ist die herausragende Bedeutung der Begegnung in der ausverkauften Allianz Arena allerdings sehr wohl bewusst. „Ich weiß, dass wir wieder mehr liefern müssen, alle in der Pflicht stehen“, sagt er. „Es liegt an uns, das Feuer zu entfachen“, betont Löw mit Blick auf die Beziehung zu den Fans. „Wir sind jetzt auch nicht so naiv zu glauben, dass nach zwei, drei guten Spielen alles wieder in Ordnung ist.“

In der Startelf werden zehn Spieler erwartet, die bei der WM bereits auf dem Platz standen. Von den drei Neulingen hat einzig Hoffenheims Nico Schulz als Ersatz für den geschonten Jonas Hector eine realistische Start-Chance. Personell eine größere Zäsur zu machen, sei keine Option gewesen, betonte Löw. Auf seinen Stamm sei trotz der historisch schwachen WM „absolut Verlass“, sagt er, und: „Jede Mannschaft braucht eine gute Achse, eine gute Mischung. Wenn jemand denkt, nur mit jungen, talentierten Spielern geht der Weg nach oben, täuscht er sich.“ Aber: Er erwarte von der Führungsspielern um Kapitän Manuel Neuer, „dass sie den Karren anschieben“. Er spüre bei ihnen „eine absolut positive Ungeduld, die Dinge besser zu machen, so was wie eine Aufbruchstimmung“.

Gravierendere Änderungen soll es in der Spielweise geben. „Wir müssen wieder das Bewusstsein schaffen, das eigene Tor auf Teufel komm raus zu verteidigen. Daran müssen sich alle Spieler beteiligen“, sagt Löw. Dazu gehört etwa, dass die defensiven Außen nicht mehr wie bei der WM ständig im Vorwärtsgang sind. Die „Vision“ Ballbesitzfußball will Löw allerdings „nicht völlig eingraben, das wäre kompletter Blödsinn. Das ist die Grundbasis unseres Spiels.“ Es gehe jedoch um eine „viel bessere Balance“ zwischen Defensive und Offensive.

Das Abschlusstraining der DFB-Elf
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Foto: dpa/Angelika Warmuth

Im Training wurde daran gefeilt – mit den Franzosen als Vorbild. „Sie haben diese Ausgewogenheit und im Umschalten nach vorne Spieler, die schnell sind und in die Tiefe kommen“, sagt Löw über die „beste Mannschaft der Welt in den letzten beiden Jahren“. Es werde schwer gegen Les Bleus, „aber wir freuen uns auf das Spiel“.

Frankreich begegnet der DFB-Elf mit Respekt. „Deutschland bleibt Deutschland, egal was bei der WM passiert ist. Sie haben eine großartige Mannschaft“, sagt Franzose Benjamin Pavard, der für Stuttgart in der Bundesliga spielt. Für den Weltmeister sei das Duell in Gruppe eins der Division A, in der außerdem die Niederlande warten, „schwierig. Jetzt sind wir die Gejagten.“

Was das bedeuten kann, musste die DFB-Auswahl selbst auf schmerzliche Weise erfahren.

(gic, mit SID)
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