Machtkampf beim DFB Matthias Sammer — der stille Gewinner

Düsseldorf (RPO). Matthias Sammer ist eigentlich nicht für seine Zurückhaltung bekannt. Doch in dem seit Tagen tobenden Machtkampf beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) hält sich der Sportdirektor auffallend zurück. Ein kluger Schachzug des Feuerkopfs.

Matthias Sammer: Heißsporn und Mahner
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Das ist Matthias Sammer

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Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Während sich Bundestrainer Joachim Löw an der Seite von Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff mit Präsident Dr. Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach um die Vertragsverlängerung stritt, um sich am Dienstag in einer Pressekonferenz zumindest für die Öffentlichkeit wieder zu versöhnen, schweigt Sammer beharrlich zu den Vorgängen beim DFB.

Dabei entspricht dies überhaupt nicht seiner Art. Sammer ist bekannt als Kämpfer für die Sache. Der Gerechtigkeitsfanatiker mit den roten Haaren polarisiert, ist eine Reizfigur. Der 42-Jährige hat oft eine Meinung und ist stets bereit, diese auch in der Öffentlichkeit zu vertreten. Zuletzt geriet er noch lautstark mit Löw um die Zuständigkeit bei der U21 aneinander. Seitdem in dieser Frage ein Kompromiss gefunden wurde, bleibt Sammer ruhig. Diese scheinbare Ruhe ist Strategie — und nicht die schlechteste.

"Siegermentalität"

Sammer ist beim DFB als Sportdirektor für die Koordinierung der Jugend-Nationalmannschaften zuständig. Seitdem der Europameister von 1996 dieses Amt bekleidet, hagelt es Titel: die U17, die U19 und die U21 wurden Europameister. Der 2006 gegen den Willen des damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann eingesetzte Sammer sieht das gerne und verwendet nur allzu gerne Vokabeln wie "Siegermentalität", die schon im Nachwuchsbereich verinnerlicht werden soll, um den Sprung in den Profi-Bereich zu vereinfachen.

Doch es wird gemunkelt, dass Sammer, der als Trainer mit Borussia Dortmund Meister wurde, nach Höherem strebt: Der frühere Weltklassespieler will offenbar Bundestrainer werden. Angeblich besteht sogar schon eine geheime Vereinbarung mit Zwanziger. Dieses Ziel könnte er nun — spätestens nach der WM in Südafrika erreichen — und zwar ohne in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, seine Macht vergrößern zu wollen.

Löws Arbeit endet im Sommer

Löws Zukunft beim DFB ist nur noch begrenzt. Es ist kaum vorstellbar, dass er nach der WM seinen Vertrag verlängert. Bleibt der sportliche Erfolg (Erreichen des Halbfinals) aus, hat sich eine Verlängerung sowieso erledigt. Im anderen Fall ist es gut vorstellbar, dass Löw — wie schon sein einstiger Chef Klinsmann — von sich aus das Handtuch wirft und sich eine neue Herausforderung sucht. Dann wäre Sammer am Zug.

Doch will Sammer wirklich Bundestrainer werden? Oder reicht es ihm, im Hintergrund die Fäden zu ziehen und für strukturelle Aufgaben verantwortlich zu sein? Sammer war in Dortmund und in Stuttgart nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn bereits als Trainer tätig, das Amt des Bundestrainers wäre zwar eine ehrenvolle und reizvolle Aufgabe, aber eine Ausweitung seiner Macht beim DFB wäre wohl noch verlockender.

Hitzfeld als Option

So könnte Sammer einige Aufgaben von Intimfeind Bierhoff übernehmen und einen nicht ganz so nach Macht strebenden Mann als dessen Nachfolger installieren. Auf Löw könnte dann Ottmar Hitzfeld folgen, mit dem Sammer schon viele Jahre in Dortmund in anderer Funktion erfolgreich zusammenarbeitete. Hitzfeld bezeichnete den damaligen Libero als seinen verlängerten Arm auf dem Spielfeld. Gemeinsam gewann das Duo 1997 die Champions League.

Aktuell trainiert Hitzfeld, der auch mit Bayern München die "Königsklasse" gewann, die Nationalmannschaft der Schweiz. Bei den Eidgenossen hat der "General" seinen Vertrag — im Gegensatz zu Löw — bereits bis 2012 verlängert. Doch Verträge sind im Fußball-Geschäft oft nicht mehr wert als das Papier, auf dem sie gedruckt sind. Das weiß auch Sammer. Sowohl in Dortmund als auch in Stuttgart löste er seine Trainerverträge vorzeitig in beidseitigem Einvernehmen auf.

(can)
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