EM-Qualifikation Finale gegen den Riesenzwerg

Dublin · Mit dem 0:1 in Dublin gegen Irland hat sich Weltmeister Deutschland unter Druck gesetzt. Heute Abend ist in Leipzig gegen Georgien Effektivität gefordert – allerdings ohne den verletzten Götze, für den die Bundesliga-Hinrunde beendet ist.

Deutschland - Georgien: die Fakten
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Foto: dpa, ade jai

In der Nacht hat das irische Fernsehen die Szene jede Stunde zehnmal gezeigt. Und wahrscheinlich bleibt das auch bis zum Jahresrückblick so. Ballverlust Marco Reus, Rückpass auf Torwart Darren Randolph, kilometerlanger Schlag nach vorn, Shane Long sprintet davon, Jonas Hector und Mats Hummels geben freundlichen Begleitschutz, Jerome Boateng kommt zu spät, und Long wuchtet den Ball ohne großes Theater ins Tor.

Das ist der Treffer zum 1:0-Sieg der Iren über Weltmeister Deutschland, und er wird in den Pubs von Dublin so ausgiebig gefeiert wie Mario Götzes Schuss zum 1:0-Erfolg im WM-Finale gegen Argentinien in Deutschland. Denn er gibt den Iren die Chance, sogar noch auf direktem Weg die Qualifikation für das EM-Turnier 2016 in Frankreich zu schaffen. Die DFB-Auswahl, der ein Punkt für Frankreich gereicht hätte, braucht morgen in Leipzig gegen Georgien (20.45 Uhr/Live-Ticker) noch ein Unentschieden.

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Natürlich ist der Erfolg glücklich. Über weite Strecken hat das Team von Trainer Martin O'Neill nicht mehr getan, als leidenschaftlich zu verteidigen, "mit zehn Mann", wie Bundestrainer Joachim Löw mit leisem Abscheu in der Stimme urteilt. Aber es steigert sich in diese Begegnung, weil es alles investiert.

Das wird vom prominenten Gegner niemand behaupten. Löws Ballästheten machen im Zweifel immer einen Kringel zu viel, in den Zweikämpfen ziehen sie häufig vornehm zurück, ehe es mal wehtun kann. Sie schauen beleidigt, wenn ihnen jemand auf die Füße steigt (Toni Kroos und Mesut Özil besonders). Und ihre vielen Chancen verschleudern sie überheblich und in der Überzeugung, die fußballerische Überlegenheit werde sich schon auszahlen. "Es fehlte die letzte Konsequenz", sagt Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan mit Recht.

Nicht alle finden Anlass zu ausgiebiger Selbstkritik. Lieber sprechen sie von den Chancen oder stellen flapsig wie Torwart Manuel Neuer fest: "Die Tore haben wir uns für Georgien aufgehoben." Dazu wird nicht einmal herzlich gelacht. Löw erklärt immerhin, "dass wir aus unserer Überlegenheit nichts gemacht haben, weil wir manchmal zu pomadig gespielt haben und weil der letzte Pass im Strafraum nicht ankam". So richtig sauer wirkt er nicht. Wie viele seiner Spieler beklagt er eher das traurige Schicksal der Hochbegabten in dieser Begegnung mit einem Außenseiter. "Sie haben eine einzige Chance und machen das Tor, es war die unnötigste Niederlage seit Jahren", stellt er fest.

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Foto: dpa, sdt ss

Die zweite Torgelegenheit der Iren, die von den allgegenwärtigen Statistikern gezählt wird, ist ihm da noch nicht übermittelt worden. Seine Meinung hätte das auch nicht erschüttert. Sein Lehrauftrag aus der zweiten Niederlage in der EM-Qualifikation: "Wir müssen lernen, gegen so einen Gegner ein Tor zu schießen und keines zuzulassen."

Das ist zwar an Banalität kaum zu übertreffen. Aber darin liegt die ganze Wahrheit. Es gibt allerdings mehrere Wege, den Auftrag zu erfüllen. Die Deutschen wählen den verspielten. Andere Teams würden den Hacke-Spitze-eins-zwei-drei-Fußball spielen, wenn sie in Führung liegen. In der DNA des Weltmeisterteams ist das anders herum. Es will seinen Stil durchsetzen – häufig sogar auf Kosten der Effektivität.

Das hat in dieser Qualifikation zu Holprigkeiten geführt oder dem, was moderne Trainer unter "Ergebniskrise" abhaken. Es kostet auf jeden Fall Punkte. Ein Drama ist es noch nicht, denn die Gruppe ist nicht stark genug, die DFB-Auswahl nachhaltig abzustrafen. "Wir haben es in der Hand", sagt Löw ungerührt nach dem 0:1 in Irland. Und das stimmt natürlich. Niemand hat ernsthafte Zweifel daran, dass die Deutschen morgen gegen Georgien den letzten Schritt nach Frankreich tun. Es muss ja nur ein Unentschieden sein. Und das sollte dem Weltmeister gegen den fußballerischen Riesenzwerg sicher gelingen.

Geplant ist ein deutlicher Erfolg, der den Gruppensieg bedeuten würde. Vielleicht hat die Erfahrung von Dublin dazu beigetragen, dass die Deutschen ohne Anflüge von Überheblichkeit ins Spiel gehen. "Wir hoffen", sagt Mats Hummels, "dass wir von Anfang an dominant sein können." Das allein bringt es aber noch nicht, wie der Ausflug nach Irland beweist. Auf Götze muss Löw verzichten. Bayern Münchens Offensivkraft fällt mit einem Muskelsehnenriss in der Leiste sogar für den Rest der Hinrunde aus. Das betrübt sicher nicht nur ihn, denn er war ziemlich gut in Form. Jetzt müssen es die Kollegen richten.

So will das DFB-Team in Leipzig beginnen: Neuer - Ginter , Boateng, Hummels, Hector - Gündogan, Kroos - Bellarabi, Özil, Reus - Müller.

(pet)
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