Verlosung der WM-Tickets hat begonnen Groß angelegter Manipulationsversuch bei Ticketvergabe

Frankfurt/Main (rpo). Zwei von drei Deutschen empfinden die Ticketvergabe für die Fußball-WM 2006 laut einer Umfrage als unfair. Am Freitag bestätigten sich ihre düsteren Ahnungen: Nur mit Mühe konnte das Organisationskomitee kurz vor Beginn der Verlosung für die ersten 812.000 Tickets einen Manipulationsversuch gigantischen Ausmaßes vereiteln.

Unbekannte Kriminelle, vermutlich Schwarzhändler, hatten von den USA aus via Internet 2,3 Millionen gefälschte Ticketwünsche nach Frankfurt übermittelt.

Den gefälschten Bestellungen lagen irreguläre Adressen zu Grunde, "um die Identität des Absenders zu verschleiern", berichtete OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt. Zudem habe ein "auffälliges Bestellmuster" die Aufmerksamkeit des Organisationskomitees erregt. Weitere Details des Betrugsmanövers nannte er bewusst nicht, "um keine Nachahmungstäter zu animieren", wie er sagte.

"Wir haben selbstverständlich zum Schutz aller aufrichtigen Besteller umgehend mehrere Prüfverfahren eingeleitet", betonte Schmidt. So wurden angebliche Besteller telefonisch kontaktiert. Doch hatte von den wenigen erreichten Personen keiner Karten bestellt.

Auch per E-Mail forderte das OK Betroffene auf, ihre Bestelldaten zu bestätigen. Über einen längeren Zeitraum kam keine Antwort, "so dass wir auch ausschließen können, dass sich die betroffenen Besteller eventuell im Urlaub befanden", berichtete Schmidt und versicherte, alle eindeutig als missbräuchlich identifizierten Anträge würden von der Auslosung ausgeschlossen. Jedoch wolle er "nicht seine Hand dafür ins Feuer legen", dass es keine weiteren Manipulationsversuche gab, die womöglich auch erfolgreich waren. Schmidt gestand ein, dass das Organisationskomitee mit einem derart professionellen Betrugsversuch "überhaupt nicht gerechnet" habe.

Wer genau dahinter steckt, war am Freitag noch unklar - obwohl das OK bereits im März erste Hinweise auf mögliche Manipulationen erhalten hat. Immerhin: In den USA wurden inzwischen Anwälte zur Aufklärung der Angelegenheit eingeschaltet.

Trotz der Beinahe-Panne lobte das in Frankfurt ansässige WM-Organisationskomitee (OK) unverdrossen den "reibungslosen" Ablauf des Losverfahrens für die erste Bestellrunde. "Die Bestellungen wurden perfekt abgewickelt", erklärte Schmidt. Und auch FIFA-Vizepräsident David Will erklärte, die High-Tech-Ticketvergabe via Internet habe sich grundsätzlich bewährt und daran werde auch festgehalten.

Zu den 2,3 Millionen irregulären Ticket-Bestellungen aus den USA kamen weitere 1,3 Millionen Kartenwünsche, die aus ähnlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnten. So versuchten viele, Karten für mehr als ein Spiel am Tag zu bestellen oder veränderten geringfügig die Schreibweise ihres Namens bei gleicher Bestelladresse. Insgesamt reduzierte sich deshalb die Anzahl der Bestellungen von zunächst 12,3 auf nun 8,7 Millionen - sieben Millionen Einzeltickets und 1,7 Millionen Teamserien.

Am Freitag Grund zum Jubeln

Abseits dieser Ärgernisse werden nächste Woche aber viele Fußballfans Grund zum Jubeln haben. Denn dann benachrichtigt das OK die glücklichen "Gewinner", die im ersten Losverfahren ein oder mehrere Tickets ergattert haben. Die Karten selbst erhalten sie aber erst sechs bis acht Wochen vor Turnierbeginn am 9. Juni 2006.

An der ersten Bestellrunde haben sich weltweit 900.000 Menschen aus 195 Ländern beteiligt, darunter auch "Exoten": So gingen aus dem Vatikan 16 Bestellungen ein, aus Kirgisien eine einzige, sechs aus dem Irak und 19 aus Grönland. Die mit Abstand meisten Ticketwünsche mit 6,25 Millionen kamen aus Deutschland.

Auch wer diesmal leer ausgeht, bekommt dies demnächst mitgeteilt. Voraussetzung ist aber, dass er im Internet bestellt und seine E-Mail-Adresse hinterlassen hat. Ein kleiner Trost für alle "Verlierer": Es wird noch vier weitere Bestellrunden geben; die nächste startet am 1. Mai und endet spätestens im November.

(ap)
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