Laurent Blancs Baustellen Frankreich will keine kleinen Brötchen mehr

Bremen · Zwölf Jahre nach seinem bislang letzten Titelgewinn (EM 2000) sehnt sich Frankreich den nächsten Triumph seiner Fußball-Nationalmannschaft herbei. Allerdings belasten Querelen im Umfeld die anhaltende Suche von Nationaltrainer Laurent Blanc nach seiner Wunschformation für die bevorstehende EM-Endrunde in Polen und der Ukraine.

EM-Test 2012, Deutschland - Frankreich: die Fakten
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Foto: dapd, Oliver Lang

Die Grande Nation ist die kleinen Brötchen satt. Schon zwölf Jahre nach Frankreichs bislang letztem Triumph (EM 2000) setzte Verbandsboss Noel Le Graet die Equipe Tricolore und Nationaltrainer Laurent Blanc bereits vor dem Länderspiel am Mittwoch (20.45 Uhr im Live-Ticker)in Bremen gegen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft für die bevorstehende EM in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 30. Juli) unter Erfolgsdruck. "Es ist an der Zeit, Titel zu gewinnen", sagte Le Graet.

Die Vorgabe aus der Chefetage für Bayern Münchens Superstar Franck Ribery und Co. unterstreicht die Ambitionen im Land des Weltmeisters von 1998. Zuletzt 17 Länderspiele ohne Niederlage haben die Erwartungen an die Blauen, die in Bremen erstmals ganz in Weiß antreten, trotz einer gleichwohl nur mäßig beeindruckenden EM-Qualifikation und des vorherigen WM-Desasters 2010 in Südafrika wieder steigen lassen. Le Graet: "Südafrika muss endlich vergessen sein."

"Beste Team Europas"

Querelen überschatten jedoch auch Frankreichs Vorbereitung auf Bremen. Nach dem weiter schwelenden Streit zwischen Le Graet und Blanc über eine Verlängerung des nach der EM auslaufenden Vertrages brach am Wochenende unmittelbar vor der Abreise nach Deutschland eine öffentliche Kontroverse zwischen Blanc und Frankreichs Idol Michel Platini über die Qualität der Nationalelf aus.

Weil Platini, inzwischen Präsident des Europaverbandes Uefa, in einem Interview von der deutschen Mannschaft ("Das beste Team Europas") schwärmte und seine Landsleute hingegen mit Ausnahme von "zwei, drei Spielern" nur als "so lala" bezeichnete, warf Blanc dem Europameister-Kapitän von 1984 Leichtfertigkeit vor: "Platini macht es sich zu einfach und übertreibt völlig."

Dabei hat Blanc auch ohne die Debatten mit den mächtigen Funktionären schon Baustellen genug zu schließen. Zwar stabilisierte der Weltmeister-Kapitän die nach Südafrika völlig verunsicherte Mannschaft wieder, doch wie Blanc sieht auch Münchens französischer Ex-Weltklassespieler Bixente Lizarazu gegenüber Top-Nationen noch Defizite: "Zu Mannschaften wie Spanien, den Niederlanden und Deutschland fehlt uns noch etwas."

Diese Suche nach dem "Missing Link" verdeutlicht nur allzu gut den Zeitenwandel im französischen Fußball nach der Ära Zinedine Zidane - besonders im Vergleich mit Deutschland. "Früher", sagte Blanc bei der Nominierung seines Kaders für Bremen, "früher haben uns die Deutschen um unsere Ausbildung und damit auch unsere Klasse beneidet. Sie haben nach 2000 daraus ihre Lehren gezogen, und heute beneiden wir die Deutschen um ihre jungen, hervorragend ausgebildeten und perfekt im Kollektiv funktionierenden Spieler."

Kein Stammplatz für Nasri

Tatsächlich bedürfen die Auftritte von Blancs Mannschaft, die in der EM-Vorrunde auf Co-Gastgeber Ukraine sowie England und Schweden trifft, noch der Feinabstimmung. Individuelle Klasse indes ist auch hinter dem von Platini hervorgehobenen Duo mit Ribery und Real Madrids Star Karim Benzema, der in Bremen wegen einer Leistenverletzung fehlt, sowie Abwehrstratege Eric Abidal von Champions-League-Sieger FC Barcelona durchaus vorhanden.

So zahlreich sogar, dass Stars wie Manchester Citys 30-Millionen-Euro-Stürmer Samir Nasri oder Florent Malouda (FC Chelsea) keinen Stammplatz bei Blanc sicher haben.

Ohnehin hat Blanc seine EM-Formation noch nicht gefunden. Drei Monate vor EM-Anpfiff dürfen sich deswegen Shootingstar Olivier Giroud vom Spitzenreiter SC Montpellier (2 Länderspiele) und Neuling Morgan Amalfitano (Olympique Marseille) in Bremen voraussichtlich in Frankreichs Offensive noch einmal beweisen.

In der ebenfalls noch offenen Kapitänsfrage hingegen dürfte Bremen Klarheit bringen. Kandidaten für die Spielführer-Binde sind laut Blanc Abidal, sein Abwehrkollege Philippe Mexes (AC Mailand) und Torwart Hugo Lloris (Olympique Lyon).

(sid)
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