Niederlande - Deutschland 2:3 Schulz schießt Deutschland zum späten Sieg in Amsterdam

Amsterdam · Das DFB-Team war drauf und dran, den Lohn einer guten ersten Halbzeit zu verspielen. Am Ende feiert das Team von Joachim Löw zum Start in die EM-Qualifikation aber einen knappen Sieg gegen die Niederlande.

EM-Qualifikation: Deutschland gegen Niederlande - die Bilder des Spiels
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Deutschland - Niederlande: die Bilder des Spiels

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Foto: AFP/PATRIK STOLLARZ

Es ist ein besonderes Datum für die niederländische Fußball-Seele. Es ist der dritte Todestag von Johann Cruyff, dem Übervater, Genie weit über die Landesgrenzen hinaus. In Amsterdam haben sie die Arena nach ihm benannt. Es ist ein Vermächtnis, eine enorme Bürde. Die Elftal hat schwere Zeiten hinter sich und selten das Versprechen einlösen können, mehr aus dem vorhandenen Talent zu machen. Man hat Erfahrung in Neustarts gemacht. Die deutsche Mannschaft ist gerade erst dabei. Es gab nicht wenige, die es für eine klare Nummer für die Hausherren hielten. Am Ende hieß es 3:2 für Deutschland, weil Nico Schulz in letzter Minute den Siegtreffer markierte.

Es wird schnell klar an diesem Abend in der Johan-Cruyff-Arena zu Amsterdam, dass Fußball-Deutschland zumindest ein paar Probleme weniger hat, als gedacht. In den vergangenen Monaten ist viel geredet worden, über eine Nationalmannschaft, die viele Rätsel aufgeworfen hat. Die mehr mit sich selbst, als dem Gegner beschäftigt war. Und dann kommt die EM-Qualifikation. Dann kommt die niederländische Mannschaft. Die Ehrfurcht war dementsprechend gewaltig und irgendwann musste man den Eindruck gewinnen, die DFB-Auswahl könne froh sein, halbwegs unbeschadet diese Dienstreise zu beenden. Die ersten 45 Minuten haben gezeigt, was alles möglich ist, die zweite Hälfte hat eindrucksvoll vorgeführt, wie weit der Weg zurück in die absolute Weltspitze noch ist.

EM-Qualifikation: Niederlande gegen Deutschland - die DFB-Elf in der Einzelkritik
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Niederlande - Deutschland: die DFB-Elf in der Einzelkritik

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Foto: REUTERS/PIROSCHKA VAN DE WOUW

Es wird wohl ein Geheimnis von Joachim Löw bleiben, warum er erst mit deutlicher Verspätung bereit war, der Welt zu zeigen, dass er zum Wandel bereit ist. Erst kurz vor dem Start der Qualifikation zur Europameisterschaft hat er sich positioniert und die drei altgedienten Weltmeister Thomas Müller, Jerome Boateng und Mats Hummels von ihren Aufgaben entbunden. Nicht nur der Zeitpunkt war überraschend.

Es war durchaus ein Wagnis, gleich die komplette Innenverteidigung auszutauschen. Und ob es wirklich die cleverste Idee war, wird die Zeit zeigen. Löw hat eine Schar von Hochbegabten in der Offensive zur Verfügung, die es mindestens für einen Augenblick verständlich machen, nicht nach hinten zu blicken. Leroy Sané, dieser eigenwillige, aber so unfassbar talentierte Angreifer. Oder Serge Gnabry. Typen, aufgrund ihrer Schnelligkeit kaum zu verteidigen. Dahinter stehen Akteure mit dem besonderen Blick. Toni Kroos, der sich vehement gegen Kritik an seinem Spielstil verwehrte, bediente jedenfalls nach einer Viertelstunde mit einem öffnenden Pass Nico Schulz, der mit einer butterweichen Flanke von links Sané bediente. Der Stürmer von Manchester City schloss sehenswert zur Führung ab.

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Foto: AFP/ANNE-CHRISTINE POUJOULAT

Es ist für die deutsche Mannschaft wohl die größte Herausforderung, die Balance zu lernen aus Spaß haben am Spiel und den unbedingten Willen haben zu gewinnen. Die Niederländer waren zunächst überrumpelt von der druckvollen Gangart der Deutschen. Und wenn es dann doch mal brenzlig wurde, stand endlich wieder der echte Manuel Neuer, der, der auch sogenannte Hundertprozentige halten kann, im Tor. Zwei Mal bewies er alleine in der ersten Hälfte seinen Status als immer noch sehr, sehr guter Schlussmann. Die Kollegen vor ihm versuchten es ihm indes auch so angenehm wie möglich zu machen. Besonders engagiert zeigte sich Serge Gnabry, Mannschaftskollege beim FC Bayern, der mal eben so Virgil van Dijk, den aktuell besten Verteidiger, stehen ließ und zum 2:0 traf.

Die Niederländer haben in der Halbzeitpause mit Sicherheit eine gewaschene Ansprache von Bondscoach Roland Koeman bekommen. Auf den Platz kam eine von der Einstellung komplett veränderte Mannschaft. Viel aggressiver, viel gewillter, den Abschluss zu suchen. Es dauerte gerade einmal zwei Minuten, bis Abwehrspieler Matthijs de Ligt zum Anschlusstreffer köpfte. Deutschland war nicht komplett von der Rolle, konnte aber schlichtweg nicht mehr die nötige Gegenwehr leisten. Sicherlich auch aufgrund von mangelnder Erfahrung. Anders ist es nicht zu erklären, wie leichtfertig Süle und Co. den Ball vor dem Ausgleichstreffer von Memphis Dempay vertändelten. Das war unnötig. Aber Ende blieb auch die Erkenntnis, dass noch einiges möglich ist, nicht zuletzt weil das DFB-Team nicht aufgab und sich schließlich den späten Siegtreffer erarbeitete.

Statistik

Niederlande: Cillessen/FC Barcelona (29 Jahre/47 Länderspiele) - Dumfries/PSV Eindhoven (22/6), de Ligt/Ajax Amsterdam (19/14), van Dijk/FC Liverpool (27/25), Blind/Ajax Amsterdam (29/61) - Wijnaldum/FC Liverpool (28/54), 15 de Roon/Atalanta Bergamo (27/9) ab 90.+1 Luuk de Jong/PSV Eindhoven (28/18), 21 Frenkie de Jong/Ajax Amsterdam (21/6) - Promes/FC Sevilla (27/35), Depay/Olympique Lyon (25/45), Babel/FC Fulham (32/55) ab 46. Bergwijn/PSV Eindhoven (21/4). - Trainer: Ronald Koeman

Deutschland: Neuer/Bayern München (32 Jahre/86 Länderspiele) - Ginter/Borussia Mönchengladbach (25/24), Süle/Bayern München (23/18), Rüdiger/FC Chelsea (26/30) - Kehrer/Paris St. Germain (22/6), Kimmich (24/40), Schulz/TSG Hoffenheim (25/6) - Goretzka/Bayern München (24/21) ab 70. Gündogan/Manchester City (28/31), Kroos/Real Madrid (29/92) - Sane/Manchester City (23/19), Gnabry/Bayern München (23/6) ab 88. Reus/Borussia Dortmund (29/39). - Trainer: Löw

Schiedsrichter: Jesus Gil Manzano (Spanien)

Tore: 0:1 Sane (15.), 0:2 Gnabry (34.), 1:2 de Ligt (48.), 2:2 Depay (63.), 2:3 Schulz (90.)

Zuschauer: 52.000

Beste Spieler: Depay, Frenkie de Jong - Sane, Gnabry

Gelbe Karte: Blind -

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