EM-Qualifikation Löw als Psychologe in die "wirklich schweren Spiele"

München · Nur die Bayern sind gut drauf: Bundestrainer Joachim Löw ist vor den Spielen gegen Polen und Irland als Psychologe gefordert.

Joachim Löw bei der EM 2021 – Freiburger, DFB-Pokalsieger, Weltmeister
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Das ist Joachim Löw

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Foto: dpa, ss

Als Joachim Löw nach dem Londoner Derby in der britischen Hauptstadt in den Flieger stieg, dürfte er ein mulmiges Gefühl gehabt haben. "Die wirklich schweren Spiele kommen jetzt, im Oktober", hatte der Bundestrainer mit Blick auf die beiden EM-Qualifikationsspiele am Samstag in Warschau gegen Polen und drei Tage darauf in Gelsenkirchen gegen Irland (beide 20.45 Uhr/Live-Ticker) gewarnt. Doch ausgerechnet jetzt muss er sich um zahlreiche Stars sorgen. Der halbe Kader reist am Dienstag mit frischen Negativerlebnissen im Kopf an, vor allem im Umgang mit den Dortmunder Weltmeistern ist Löw als Psychologe gefordert.

"Wir werden als Weltmeister noch mehr gejagt"

Sicher: Polen und Irland sind trotz eines Weltklassestürmers wie Robert Lewandowski hier und nimmermüder Einsatzbereitschaft da keine unüberwindbaren Hindernisse für die deutsche Nationalmannschaft. Doch der DFB sieht gerade den WM-Triumph als Hypothek. "Wir werden als Weltmeister noch mehr gejagt", sagte Torwarttrainer Andreas Köpke im kicker, "jeder Gegner kann sich gegen uns profilieren." Doch Löw betonte am Montag auf dfb.de: "Wir sind Weltmeister - von alleine gewinnen wir Spiele deswegen aber noch lange nicht." Seine Mannschaft müsse "von Beginn an überzeugend und voll konzentriert auftreten".

Doch das taten zuletzt nur die Münchner. Die aufgrund der anhaltenden Verletzung des neuen Kapitäns Bastian Schweinsteiger auf vier Mann geschrumpfte Bayern-Fraktion kommt als ungefährdeter Tabellenführer mit breiter Brust. Torhüter Manuel Neuer, der Schweinsteiger erneut als Spielführer ersetzen wird, hält nach wie vor in WM-Form. Seit dem 2:1 zum Quali-Auftakt gegen Schottland hat er in sieben Pflichtspielen (630 Minuten) keinen Gegentreffer kassiert. Auch das Duell mit Teamkamerad Lewandowski, den Löw "zu den besten drei Stürmern der Welt" zählt, schreckt Neuer deshalb nicht. "Uns wird schon etwas einfallen", sagte er lässig über Polens Kapitän.

Wie Neuer bringen auch dessen Bayern-Kollegen - der rechtzeitig genesene Jerome Boateng, Mario Götze und Thomas Müller - einiges an Festtagsstimmung von der Münchner Wiesn mit zum Treffpunkt am Dienstag in Frankfurt/Main. Zumal sich das Feldspieler-Trio zur Freude Löws beim 4:0 gegen Hannover 96 90 Minuten auf der Bank ausruhen durfte. Doch Boateng weiß um den Ernst der Lage. "Es sind zwei wichtige Spiele. Besonders in Polen wird es schwer", sagte er: "Aber wir wollen sechs Punkte!"

Stimmungstief in Dortmund

Der rosaroten Bayern-Welt steht das Stimmungstief in Dortmund gegenüber. Das Borussen-Quartett um Rückkehrer Mats Hummels ist nach dem Fehlstart in der Liga am Boden. "Man sieht, es ist nicht einfach, in so eine Saison reinzukommen nach einer WM", sagte Hummels im kicker, und beschrieb damit ein Problem, mit dem viele Weltmeister zu kämpfen haben. Dass Löw bis Samstag nur vier Trainingseinheiten zur Verfügung stehen, dürfte kaum zur Stabilisierung beitragen. "Generell aber finde ich, dass sich der Großteil unserer Nationalspieler inzwischen wieder in einer guten Verfassung befindet", sagte Löw zwar. Doch es gibt einige Gegenbeispiele.

Bei seinem Besuch in London beim Duell zwischen dem FC Chelsea mit Andre Schürrle und dem FC Arsenal hat sich der Bundestrainer am Sonntag selbst zwei Problemfälle angesehen. Mesut Özil kommt einfach nicht konstant in Form, und Lukas Podolski, der wieder erst kurz vor Schluss kam, fehlt die Praxis. "Mesut ist auf einem guten Weg, er hatte zuletzt richtig starke Auftritte", behauptete Löw dennoch. Podolskis Situation sei zwar "nicht ganz einfach, aber er wird sie meistern".

Doch es gibt auch Lichtblicke. Löw lobte Schürrle und den Neu-Madrilenen Toni Kroos. Shkodran Mustafi hat beim FC Valencia Fuß gefasst. Der einzige Neuling Karim Bellarabi ("Für mich erfüllt sich ein Traum") brennt auf einen Einsatz und ist "eine hervorragende Alternative" (Löw) für die Offensive. Und Max Kruse sprüht vor seiner Rückkehr vor Tatendrang. "Auf diese Chance habe ich lange hingearbeitet", sagte er nach seinem Tor am Sonntag bei Gladbachs 1:1 gegen Mainz. Es war neben dem Treffer von Bellarabi gegen Paderborn der einzige eines Nationalspielers am Wochenende ...

(sid)
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