Veröffentlichte E-Mails des DFB Diskussion um Spielverlegung zeigt eindrücklich den Machtkampf beim DFB

Sinsheim · Der DFB soll das Spiel Deutschland gegen Peru von Frankfurt nach Sinsheim verlegt haben. DFB-Präsident Reinhard Grindel befürchtete offenbar in Frankfurt Krawalle der Ultras. Öffentlich wurde das ganze erst durch eine bewusste Indiskretion.

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) will man endlich mal wieder richtig Grund zum Feiern haben. In ein paar Wochen soll es soweit sein. Am 27. September verkündet der europäische Dachverband Uefa, wer die EM 2024 austragen darf - Deutschland oder die Türkei. Ziemlich lange war ziemlich klar, dass die DFB-Bewerbung schon irgendwie das Rennen machen würde. Doch mittlerweile hat sich der deutsche Verband in einigen anderen Ländern derart ins Abseits manövriert, dass so mancher in der Zentrale an der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt das Schlimmste befürchtet.

Wie blank die Nerven liegen, zeigt nun eine an die Öffentlichkeit lancierte Korrespondenz zwischen Reinhard Grindel, dem DFB-Präsidenten, und Rainer Koch, seinem Vize, die der „Spiegel“ veröffentlicht hat. Es geht um das Testspiel (20.45 Uhr live bei RTL) in Sinsheim gegen Peru. Aus den Mails geht hervor, dass ursprünglich wohl Frankfurt am Main als Austragungsort geplant war. Doch weil Grindel dort offenbar massive Proteste von Ultras der Eintracht befürchtete, drängte er vehement auf einen Umzug in die Kurpfalz. Und das, obwohl zwei Präsidiumsmitglieder, Generalsekretär Friedrich Curtius und eben Koch vor diesem Schritt eindringlich warnten.

Grindel dagegen befindet in dem Schreiben am 28. Februar: „Ich halte das Risiko, dass wir bei dem Länderspiel ein Desaster erleben und dies kurz vor der Euro-Vergabe negative Auswirkungen hat, einfach für zu hoch, weil für mich die Frankfurter Ultra-Szene viel zu unberechenbar ist. Ich möchte mich deshalb auf klassische Argumente, ‘die Ultras besuchen keine Länderspiele‘ nicht so gerne verlassen. Man kann (...) die Befürchtung haben, dass die keineswegs dummen Ulras uns das Projekt Euro 2024 gerade kaputtmachen wollen, indem sie dort ein Inferno veranstalten.“ Es ist ein Offenbarungseid der besonderen Art, dass der DFB vor Ultras kuscht - aus Angst vor negativen Auswirkungen.

Noch desaströser ist gleichwohl für Grindel und den DFB, dass durch eine bewusste Indiskretion der Vorfall öffentlich wurde. Er demonstriert eindrucksvoll, dass der größte Sportfachverband der Welt so gar nichts aus der Vergangenheit rund um das sogenannte Sommermärchen gelernt hat, sondern das Hauen und Stechen hinter den Kulissen munter weiter geht.

Denn bereits seit der Inthronisierung von Grindel tobt ein erbitterter Kampf um die Macht beim DFB. Grindel war von allen Beteiligten keine Wunschlösung, er war schlicht der einzig vermittelbare Kandidat. Mit diversen Alleingängen und Inszenierungen seiner Person hat es der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete indes geschafft, auch unter seinen wenigen Fürsprechern für reichlich Irritationen zu sorgen. Koch gilt als einer, der sich durchaus in einem zweiten Anlauf Chancen ausrechnet, diesmal das höchste Amt im deutschen Fußball angetragen zu bekommen. Damit dies aber passiert, müsste Deutschland bei der EM-Vergabe einen Bruchlandung hinlegen. Andernfalls wäre Grindel erst einmal fester im Sattel.

Grindel ließ sich auch in der Causa Länderspielort nicht reinreden und setzte sich am Ende mit der Verlegung durch. Auch wenn der Verband davon so nichts wissen will. Und auch Koch versucht so etwas wie Schadensbegrenzung und befindet, man habe sich für Sinsheim entschieden - in der Hoffnung auf ein volles Stadion.

Für Sonntag Abend sind 25.494 Karten für die Wirsol Rhein-Neckar-Arena verkauft worden. In Frankfurt seien freie Plätze im Freundschaftsspiel gegen Peru durchaus realistisch gewesen. Frankfurt, so Koch, sei zudem von keiner Liste gestrichen worden, sondern bekomme vermutlich bereits 2019 den Zuschlag für ein EM-Qualifikationsspiel. „Vielleicht sogar gegen einen etwas größeren Gegner, damit wir auch in Frankfurt die Arena voll machen“, sagte der 59-jährige Koch. Die Aufregung sei also „völlig umsonst“ gewesen.

Das dürften nicht alle so sehen.

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