3:0-Sieg gegen Russland Junge Spieler bringen Tempo in die Partie

Leipzig · Die jungen Nationalspieler haben mit hohem Tempo und guten Kombinationen gegen Russland überzeugt. Die ersten 45 Minuten sollten dem Team Selbstbewusstsein geben. Die Abwehrarbeit weist jedoch noch einige Lücken auf.

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Deutschland gegen Russland: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Christian Charisius

Am Ende durfte sogar ein Flitzer ran. Mit einer russischen Fahne und unter dem Gejohle der Fans lief ein Fan auf den Platz. Die Leipziger Ordner ließen ihn ein paar Minuten gewähren, bevor sie ihn zunächst durch ein sehenswertes Tackling zu Boden und anschließend aus dem Innenraum brachten. Vielleicht wollten sich die Sicherheitskräfte mit ihrer anfänglichen Zurückhaltung dafür bedanken, dass die russische Nationalmannschaft anständige Aufbauarbeit für den notleidenden deutschen Fußball betrieben hatte. Es lag auch an einer wenig tauglichen Leistung der Russen, dass die DFB-Auswahl das vorletzte Länderspiel des Jahres sicher mit 3:0 gewann.

Es lag allerdings nicht nur an der Zurückhaltung der Gäste. Die Deutschen boten 45 Minuten lang eine sehr ordentliche Vorstellung. Vor allen Dingen beherzigten sie den Vorsatz, nach müden Auftritten bei der WM den schnellen Weg nach vorn zu suchen. Die Hauptdarsteller der ersten Halbzeit, in der Deutschland das Spiel bereits entschied, waren fünf Männer aus der jungen Garde. Die Stürmer Serge Gnabry, Leroy Sané und Timo Werner suchten mit ihren Tempoläufen die vielgerühmte Tiefe des Raumes. Die zentralen Mittelfeldspieler Kai Havertz und Joshua Kimmich gaben dem Spiel durch gut dosierte Zuspiele die notwendige Geschwindigkeit. Damit stellten die Deutschen ihren gutwilligen Gegner vor unlösbare Probleme. "Obwohl wir darüber gesprochen haben, waren meine Spieler nicht vorbereitet auf das Tempo der Deutschen", sagte Russlands Trainer Stanislaw Tschertschessow. Die Angriffe hätten zu mehr als drei Treffern führen können.

Länderspiel 2018 - Deutschland gegen Russland - die Nationalmannschaft in der Einzelkritik
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Deutschland gegen Russland: das DFB-Team in der Einzelkritik

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Auf der anderen Seite paarte sich die Angriffslust aber auch mit Sorglosigkeit im Abwehrspiel. Sané verschlampte ein paar Bälle, die Absicherung war häufig nicht gegeben. Und es war wiederum auch ein Verdienst der Russen, dass es keine Gegentreffer und kaum einmal einen entschlossen zu Ende gebrachten Gegenangriff gab.

Als sich die Deutschen nach dem Wechsel kollektiv von Präzision im Zusammenspiel und konzentrierten Pässen hinter die russische Abwehr verabschiedeten, war es mit dem netten Fußballabend weitgehend vorbei. Richtig in Gefahr geriet der Erfolg nicht, große Möglichkeiten für ein noch besseres Ergebnis gab es allerdings auch nicht mehr.

So bezog die deutsche Delegation ihre Zufriedenheit aus der Tatsache, dass die Mannschaft offenbar auf dem richtigen Weg ist. Solange nämlich die Konzentration hoch war, das Tempo stimmte und die Lust am Tempolauf gab es sehenswerte Ansätze von Spielkultur. Darüber hinaus bietet das taktische System mit einer Dreier-Abwehrkette, vor der zwei Mittelfeldaußen und zwei zentrale Mittelfeldspieler agieren (Kimmich eher defensiv, Havertz offensiv), die bei der WM in Russland so schmerzlich vermisste Kompaktheit. Es erlaubt schnelles Spiel in die Spitze und hat von der Anzahl der Spieler "hinter dem Ball", wie es so schön heißt, die notwendige Absicherung bei Ballverlusten vorn. Zumindest theoretisch. Dass es in der Praxis dann doch Lücken gab gegen die Russen, liegt am Spannungsabfall nach starkem Start ebenso wie daran, dass die Abläufe noch lange nicht eingespielt sind.

Deshalb ist die DFB-Auswahl natürlich nicht auf dem Niveau, das sie erreichen muss, um in Europa und in der Welt wieder die Rolle zu spielen, auf der sie einen Anspruch zu haben glaubt.

Deutschland gegen Russland - die Stimmen zum Länderspiel 2018
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Deutschland gegen Russland: die Stimmen zum Spiel

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Foto: dpa/Christian Charisius

Tschertschessow findet jedenfalls, dass sich ihre Einstellung deutlich verbessert hat. "Sie waren aggressiver als wir, das liegt sicher auch an den letzten Ergebnissen. Unsere Ergebnisse waren besser, deswegen sind wir vielleicht etwas ruhiger ins Spiel gegangen", sagte der russische Coach.

Sein Kollege Joachim Löw nahm den Leistungsabfall voller Milde zur Kenntnis. "Man muss den jungen Spieler zugestehen, dass sie nicht über das ganze Spiel so eine Konsequenz zeigen", erklärte er. Es sei ihm wichtig gewesen, dass es Tiefe und Tempo im Spiel gibt. "Das war unser Thema in dieser Woche", sagte er, "wir haben es überwiegend gut gemacht." Überwiegend, hat er gesagt.

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