Ärger um Duisburger "Phantom-Tor" Tiffert und die Fair-Play-Frage

Duisburg (RPO). Christian Tiffert gehört nicht zu den Typen, die krasse Schiedsrichter-Entscheidungen hinterfragen. "Die Unparteiischen machen ja auch nur ihren Job und müssen in Sekundenbruchteilen entscheiden", meinte der Offensivspieler des MSV Duisburg.

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Foto: Janning

Ein bisschen schmunzeln musste er ja auch, als sein Lattentreffer am Sonntag zum 5:0-Endstand über den FSV Frankfurt vom Schiedsrichtergspann als lupenreines Tor gewertet wurde. Unverständnis haben aber alle Duisburger angesichts der aufkommenden Vorwürfe, mangelndes Fair-Play gezeigt zu haben.

"Soviel vorweg, ich kenne den Schiedsrichter privat gar nicht", sagte Tiffert, der sich nach dem Spiel am Fernsehen davon überzeugte, dass sein Distanzschuss von der Latte über einen Meter ins Feld zurück sprang. Schon auf dem Rasen wunderte sich der Fußballer, als Schiedsrichter Marco Fritz (Korb) auf Tor entschieden hatte. Schiedsrichter-Assistent Thomas Münch (Rielasingen) hatte zuvor die Fahne gehoben und "Tor" angezeigt.

Großer Spaß im Duisburger Lager bis hin zum schallenden Gelächter waren die Folge. In die Freude mischte sich aber Verdruss, als die Fair-Play-Frage aufgewurfen wurde. Warum ging Tiffert nicht zum Referee und gab an, dass es kein Tor war? Schließlich führte der MSV auch noch mit 4:0, hatte den Sieg sicher - und auf ein Tor mehr kommt es ja nun wirklich nicht an - oder?

Etwas peinlich berührt ließ sich Tiffert indes von seinen Mitspielern feiern und zuckte mit den Schultern. Ganz nach dem Motto: Wirklich gesehen habe ich es auch nicht. Es ist Tiffert abzunehmen, dass auch er irritiert war von der Schiedsrichter-Entscheidung. Manchmal irrt der subjektive Eindruck, den das menschliche Auge vorgibt. Zudem war der Schütze mitten in der Bewegung und dadurch auch ein wenig abgelenkt.

Zwar wollte jeder im Stadion direkt gesehen haben, dass der Ball nicht drin war, doch nachdem Fritz das Tor gab, raunte es zeitweilig durchs Rund: "War der etwa doch drin?". Erst die TV-Bilder gaben genauen Aufschluss - ganz ohne Zeitlupen.

Für Tiffert gab es demnach keinen plausiblen Grund, beim Schiedsrichter den Treffer annullieren zu lassen. Davon abgesehen, wäre es Aufgabe des Unparteiischen-Gespanns gewesen, im Zweifel beim Torschützen nachzufragen. Fritz und seine Mitstreiter waren sich aber scheinbar sicher - auch wenn sie den Fehler jetzt bereuen.

Die kurzzeitig gestellte und recht absurde Frage, ob das Match wiederholt werden müsse, wurde indes direkt verneint. "Es handelt sich um eine Tatsachenentscheidung, eine Wiederholung kommt deshalb nicht in Betracht", sagte Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel, der den "Schwarzen Peter" sogleich an die Unparteiischen weitergab.

"So einen gravierenden Fehler habe ich eigentlich noch nie gesehen. Der Ball war ja über einen Meter von der Linie weg. Ich hoffe, dass in den nächsten 20 Jahren nicht mehr so ein Fehler passiert", kommentierte Strigel die Szene in der 81. Minute.

Strigel bemühte sich zwar um Ursachenforschung, eine Erklärung für den Lapsus hatte aber auch der frühere Bundesliga-Referee nicht parat. "Der Schuss kam aus großer Entfernung, der Assistent stand nicht auf der Torlinie, sondern - wie er es in diesem Fall auch soll - auf Höhe des Strafraums. Trotzdem ist das nicht nachvollziehbar. Mir fehlt jede Begründung dafür, ein Tor zu geben. Da muss die Konzentration gefehlt haben", sagte der Funktionär.

Die Entscheidung Münchs ist angesichts der Vorgaben für die Assistenten noch unverständlicher. "Der Assistent hat die klare Anweisung, nur dann auf Tor zu entscheiden, wenn er klar gesehen hat, dass der Ball im Tor ist", erklärte Strigel, der allerdings nicht nur dem Mann an der Linie als Buhmann sah: "Auch der Schiedsrichter kann sich nicht frei von Schuld sprechen und sagen, dass er sich auf den Assistenten verlassen hat."

Zu möglichen Konsequenzen für das Schiedsrichter-Team wollte Strigel nichts sagen, dennoch ist sich der Lehrwart sicher, dass "das Team bestimmt nicht zur Tagesordnung übergehen wird". Innerhalb der Schiedsrichterzunft wird die Fehlentscheidung auf jeden Fall thematisiert werden. "Wir teilen den Schiedsrichtern mit, dass so ein Fehler nicht passieren darf", meinte Strigel.

Ein ähnlicher Assistenten-Fehler hatte vor knapp 16 Jahren zum "Phantom-Tor" von Thomas Helmer im Spiel zwischen Bayern München und dem 1. FC Nürnberg geführt. Im Gegensatz zum momentanen Fall wurde diese Partie wiederholt. Der Grund dafür war, dass damals im Unterschied zu heute die Anzeige eines Tores durch den Assistenten nicht im Regelbuch stand. Aufgrund dieses Regelverstoßes kam es damals zu einer Neuansatzung.

(RPO)
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