Beleidigung gegen Spieler Der Spielabbruch in Duisburg ist ein wichtiges Zeichen gegen Rassismus

Meinung | Duisburg · Rassistische Beleidigungen im Fußball – ein Thema, das leider alle paar Wochen wieder auf der Agenda steht. Nun ist das Drittligaspiel zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück wegen eines Rassismus-Vorfalls abgebrochen worden. Die Reaktion macht Hoffnung.

 Schiedsrichter Nicolas Winter (l) verlässt nach rassistischen Beleidigungen von den Zuschauerrängen gegen Osnabrücks Aaron Opoku (nicht im Bild) das Spielfeld.

Schiedsrichter Nicolas Winter (l) verlässt nach rassistischen Beleidigungen von den Zuschauerrängen gegen Osnabrücks Aaron Opoku (nicht im Bild) das Spielfeld.

Foto: dpa/Revierfoto

Immer wieder beklagen Fußballer, dass sie von Fans, gelegentlich auch von gegnerischen Spielern, rassistisch beleidigt werden. Nicht selten sind die rassistischen Rufe im Stadion deutlich zu vernehmen. Am Sonntag ist dies in der 3. Liga im Spiel zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück wieder geschehen. In der 33. Minute unterbrach Schiedsrichter Nicolas Winter die Partie und schickte beide Teams in die Kabine. Der Grund: Eine rassistische Beleidigung eines Fans gegen VfL-Angreifer Aaron Opoku. Das Spiel wurde später ganz abgebrochen, weil sich die Osnabrücker nicht mehr im Stande sahen, das Spiel fortzusetzen. Eine Entscheidung, die nicht hoch genug anzuerkennen ist. Und zwar bei Schiedsrichter und Team. Denn viel zu oft gibt es einfach keine oder nur symbolische Reaktionen auf solche Vorfälle. Und so ist es dann auch der ersten Spielabbruch wegen eines solchen Vorfalls in einer der drei höchsten Fußball-Ligen in Deutschland.

Immer wieder diskutiert die Fußballwelt über die Reaktion auf derartige Vorfälle. Allzu oft wollen die Schiedsrichter von den Beleidigungen nichts gehört haben, auch Vereinsverantwortlich sagen später gerne mal, so genau hätten sie das nicht mitbekommen. Mitspieler überreden die Betroffenen, nicht vom Platz zu gehen.

"Rassismus-Eklat": Reaktionen auf den Spielabbruch bei MSV Duisburg - VfL Osnabrück
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So reagieren Fans und Klubs auf den Spielabbruch in Duisburg

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Es gibt auch Beispiele, in denen die Akteure auf dem Platz deutlich auf den Rassismus aufmerksam machen oder tatsächlich das Spielfeld verlassen. Die Regel ist aber immer noch, dass nach ein paar Worten mit dem Schiedsrichter, nach vielleicht noch einer Ermahnungen an die Fans oder Gespräche zwischen Spielern und Kurve, einfach weitergespielt wird. So zum Beispiel im Februar 2020 im DFB-Pokalachtelfinale zwischen Hertha BSC und Schalke, als der Berliner Jordan Torunarigha von Schalker Fans rassistisch beleidigt wurde. Völlig aufgelöst spielte Torunarigha weiter und flog später mit Rot vom Platz. Dabei gibt es beim DFB einen drei Stufen Plan für diese Situationen, der als ein Mittel den Abbruch vorsieht.

Rassismus im Stadion ist immer noch Alltag, weil es kaum harte Konsequenzen oder Reaktionen wie heute gibt – Konsequenzen, die die sogenannten Fans direkt betreffen, die dem eigenen Verein dann auch schaden. Deswegen ist die Reaktion aller Beteiligten beim MSV-Spiel ein wichtiges Zeichen. Sie macht deutlich, dass Rassisten im Stadion keinen Freifahrtschein haben. Sie zeigt, dass es möglich ist, die dafür vorhandene Regel zum Spielabbruch auch anzuwenden.

Es braucht Vereine und Schiedsrichter, die als Beispiel vorangehen und zeigen, dass es nicht reicht, auf rassistische Beleidigungen aufmerksam zu machen. Den Opfern muss deutlich gemacht werden, dass die anderen Spieler, der Schiedsrichter, die Teams, die Fans hinter ihnen stehen. Dass man sie schützt.

Das haben die Verantwortlichen des VfL Osnabrück gemacht, indem sie ihren Spieler, ihre Mannschaft nicht überredet haben, weiterzuspielen - ungeachtet der möglichen Folgen für den Verein, denn der DFB muss nun entscheiden, wie das Spiel gewertet wird.

Das hat der MSV Duisburg gemacht, indem er sich direkt mit dem Gegner solidarisiert, den Vorfall verurteilt und den Abbruch begrüßt hat.

Das hat der Schiedsrichter getan, indem er das Spiel umgehend unterbrochen hat. Damit hat endlich ein Unparteiischer dieses ihm zur Verfügung stehende Instrument auch angewendet. Das haben auch die Fans des MSV Duisburg gemacht. Denn auf TV-Bildern ist zu sehen, wie sich einige direkt um den mutmaßlichen Täter versammelten, der dann aus dem Stadion gewiesen wurde. So konnte die Polizei direkt Ermittlungen aufnehmen. Es schallten „Nazis raus!“-Rufe durch das Stadion. Über die Lautsprecher wurde der Antifaschismus-Song „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten gespielt.

Der Spielabbruch ist daher in vielerlei Hinsicht ein positives und wichtiges Zeichen. Ein Zeichen, das Strahlkraft für den gesamten Fußball haben muss. Das dazu führen muss, dass in solchen Fällen nicht mehr diskutiert wird, ob der Schiedsrichter die Rufe nun gehört hat oder nicht. Dass es nicht mehr als Schwäche gilt, wenn ein Spieler oder eine Mannschaft das Spiel nicht fortsetzt. Nur so kommt man gegen die Rassisten im Stadion an: Wenn sie merken, dass ihr Hass, ihre Beleidigungen nicht hingenommen werden und sie isoliert und vor allem auch bestraft werden.

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