MSV Duisburg Lenz ist die ärmste Sau der Zebras

Duisburg · Der Torwart kassiert im Heimspiel vier Gegentore und erlebt mit dem MSV die höchste Saisonpleite in der Dritten Liga.

Dem Tag zum Vergessen folgte eine Nacht der unschönen Erinnerungen: MSV-Torwart Marcel Lenz geht immer und immer wieder die Szenen durch, die das Heimspiel gegen Darmstadt 98 entschieden haben: Der lange Einwurf von Aaron Berzel, die Kopfballverlängerung von Dominik Stroh-Engel, das erste Gegentor durch Marco Sailer per Kopf; der Angriff über die rechte Abwehrseite, wo Markus Bollmann den Schuss von Jerome Gondorf blockt, von wo der Ball genau auf Stroh-Engels Kopf fällt, der ohne Probleme zum 0:2 ins Tor nickt; der von Tanju Öztürk verursachte Freistoß, den Gondorf genau auf Aytac Sulu tritt, der zum dritten darmstädter Tor einköpft; und der Konter über die rechte Abwehrseite, den Marcel Heller mit der Fußspitze zum 0:4 aus Duisburger Sicht abschließt.

Marcel Lenz bekommt diese Szenen nicht aus dem Kopf. "Bevor ich den Ball das erste Mal halten kann, musste ich ihn schon drei Mal aus dem Netz holen. Ich habe nur gedacht: Bitte weck' mich einer auf. Aber es war kein Traum. Leider." Und dann fügt der 22-Jährige mit bitterem Lächeln hinzu: "So schnell habe ich auch noch nie drei Gegentore bekommen — aber irgendwann ist ja immer das erste Mal."

Wenn Lenz spielt, verliert der MSV

Der gebürtige Duisburger ist die ärmste Sau der Zebras. Drei Mal stand er in der Startelf alle drei Spiele gingen verloren, obwohl Lenz in jedem Spiel noch gute Paraden zeigte. So auch gegen Darmstadt, als er erst gegen Hanno Behrens und dann gegen Heller hielt. Doch von seinen Vorderleuten wurde er im Stich gelassen, drei Kopfballgegentore zwischen der zehnten und 33. Minute — darunter das 0:1 vom nur 1,71 Meter kleinen Sailer — sprechen nicht für die Abwehrrecken Bollmann (1,90 m) und Branimir Bajic (1,86). Lenz macht beiden keinen Vorwurf: "Beim zweiten Tor blockt Bolle den Schuss — und wo landet der Ball? Auf dem Kopf vom Stroh-Engel. Wir haben einfach gerade Scheiße am Schuh."

Der verletzte Stammtorwart Michael Ratajczak fühlt mit seinem jungen Kollegen, weiß aber auch: "Marcel muss das selber verarbeiten. Klar ist es schwierig, wenn man vier Stück kassiert hat, aber es bringt nichts, da auf einen einzureden. Man sollte aus dem kollektiv schwachen Auftritt keinen rauspicken."

Lenz denkt an die Fans, die zwar wieder zahlreich da waren — es sind bei 12 744 Besuchern aber auch exakt 8499 weniger als beim letzten Heimspiel gegen Dortmund II. "Es tut mir in der Seele weh, dass wir unsere Fans mit 0:4 nach Hause geschickt haben", sagt Lenz. "Diesmal können wir uns alle einen Vorwurf machen."

Und das tun die Spieler auch, Ausreden sucht keiner. "Das war von der ersten bis zur letzten Sekunde ein Tag zum Vergessen", sagt Sascha Dum. "Die erste Halbzeit war kollektiv indiskutabel. Wir haben uns alles kaputt gemacht. Das war schlecht für uns, die Mannschaft, den Verein und die Fans." Und letztere hatten diesmal nach dem 0:3 ein regelrechtes Pfeifkonzert angestimmt, auch, als sich die Mannschaft nach der Partie von ihnen verabschieden wollte, gab es Pfiffe. "Ich kann jeden verstehen, der pfeift", sagt Kevin Wolze. "Wir versuchen wirklich alles, aber diesmal hat gar nichts geklappt. Wir kriegen die erste Ecke nach 18 Minuten. Das spricht doch Bände. Jeder von uns muss sich erst mal selber an die Nase packen. Es bringt jetzt nichts, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wir haben es zusammen verbockt und müssen da zusammen wieder raus."

Baumann entschuldigt sich bei den Fans

Auch MSV-Trainer Karsten Baumann entschuldigt sich bei den Anhängern: "Es tut mir leid für die Fans, die uns wieder großartig unterstützt haben. Ein 0:4 zu Hause ist eigentlich eine Katastrophe — dafür haben sie noch gut reagiert." Bis auf die Chaoten, die in der zweiten Halbzeit Feuerzeuge in Richtung Darmstadts Torwart Jan Zimmermann warfen, versteht sich.

MSV-Sportdirektor Ivica Grlic sieht sich nach der dritten Niederlage in Folge genötigt, mal etwas klarzustellen: "Es ist schade, dass wir so untergehen, aber es war auch das erste richtig schlechte Spiel von uns. Als es bei uns gut lief, habe ich immer davor gewarnt, dass irgendwann der Einbruch kommen wird. Das ist völlig normal, wenn eine Mannschaft keine Vorbereitung hatte. Da wurde ich immer belächelt, aber ich habe leider Recht gehabt."

Auch Baumann sieht die mangelhafte Vorbereitung auf diese Spielzeit als Grund für die Pleite: "Wir sind in einer Phase, von der wir gehofft haben, dass sie nicht eintritt. Die Mannschaft war im Kollektiv nicht spritzig genug, auch im Kopf nicht schnell genug. Ohne Vorbereitung können wir körperlich nicht in Höchstform sein, und das schlägt sich auch auf die Konzentration nieder. Der Einbruch kommt immer erst später, wenn die Euphorie einen nicht mehr trägt."

Von Euphorie waren am Samstag aber auch alle weit entfernt.

(RP)
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