MSV Duisburg Kirmse räumt Fehler beim Stadionvertrag ein

Duisburg · Der MSV-Präsident ist in Erklärungsnot, weil er die Nutzungsrechte an 2M abtreten wollte. Die Arena-Eigentümer wussten von nichts.

 Der MSV Duisburg wollte die Nutzungsrechte der Arena der Firma 2M überlassen, machte aber noch einen Rückzieher.

Der MSV Duisburg wollte die Nutzungsrechte der Arena der Firma 2M überlassen, machte aber noch einen Rückzieher.

Foto: C. Reichwein

Udo Kirmse sah die Zeit gekommen. Nach dem letzten Heimspiel des Jahres gegen Wacker Burghausen setzte sich der Präsident des MSV Duisburg auf das Podium des Presseraumes, wurde warme Worte im "turbulentesten Jahr" der Vereinsgeschichte los, betonte aber in Sachen Schuldenschnitt und Gläubigermoratorium auch, dass Gespräche darüber nicht in der Öffentlichkeit geführt werden sollten, da das mehr Schaden als Nutzen haben könne.

Keine Woche später sieht sich Kirmse nun in Zugzwang, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen. Nach dem Exklusivbericht unserer Zeitung, dass der MSV mit der Firma 2M einen Vertrag über die Vermarktung der Arena in Meiderich geschlossen hatte, wandte sich der Präsident an ein nahes Medienhaus, um seine Sicht der Dinge darzulegen. "Es gab keinen Vertrag, sondern nur eine Absichtserklärung", hat Kirmse da betont.

Die Vereinbarung liegt unserer Zeitung exklusiv vor. Darin stehen unter anderem Formulierungen wie "Vertragsgegenstand", "Vertragsdauer" oder "ordentliche Kündigungsrechte". Klingt nicht nach einer Absichtserklärung. Das sieht inzwischen auch Udo Kirmse so und bekennt, dass MSV-Juristen ebenfalls in dem Schriftstück mehr sehen als eine Absichtserklärung. Unter dem Punkt "ordentliche Kündigungsrechte" ist in der Vereinbarung mit 2M zu lesen: "Die erstmalige Kündigung ist mit einer Frist von zwölf Monaten mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 möglich."

Inzwischen aber hat man sich ohnehin von diesem Papier verabschiedet. Es gibt eine Auflösungsvereinbarung, die am Montag unterschrieben wurde, wie 2M und Kirmse gestern bestätigten. Der unterzeichnende Bevollmächtigte der Firma, Jürgen Mengende, weilt derzeit im USA-Urlaub und war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Dass das Schriftstück nun auf "Drängen der Stadion-Eigentümer", wie es in dem Zeitungsartikel heißt, in den Papierkorb wanderte, rief gestern Professor Jochen Vogel auf den Plan. Der Geschäftsführer der Stadionprojektgesellschaft — die immerhin Eigentümer des Stadions ist und wie Mit-Eigentümer Walter Hellmich nicht über die Vereinbarung mit 2M informiert worden war — betonte: "Selbstverständlich ist eine wirtschaftlich sinnvolle Vermarktung des Stadions im Interesse aller Beteiligten, und zwar nicht, damit sich die Eigentümer die Taschen vollmachen. Vielmehr wird derzeit jeder Euro gebraucht, um einen erfolgreichen Spielbetrieb und einen notwendigen Unterhalt des Stadions sicherzustellen."

Jedoch dürfe nicht vergessen werden, dass dem MSV mehr als 6,3 Millionen Euro für die laufende Spielzeit lediglich gestundet seien. Vogel: "Auch wenn ich selbst als Fan des MSV dem Spielbetrieb jeden zusätzlichen Euro gönne, sollte es gerade in dieser Situation nachvollziehbar sein, dass derartige Vereinbarungen nur in Abstimmung (...) und im Rahmen bestehender Verträge erfolgen können." Die Projektgesellschaft selbst habe aber erst am Abend des 4. November, also drei Monate nach Unterzeichnung, von der Vereinbarung mit 2M erfahren.

Jürgen Marbach der Vorsitzende des MSV-Aufsichtsrats sagte gestern, dass er vorab mündlich von der Vereinbarung informiert worden sei. Den Vertrag habe er selbst aber nie gesehen. Marbach hält die Auseinandersetzung allerdings für einen Nebenkriegsschauplatz. Im Vordergrund stünden Schuldenschnitt und Stadionfrage. Genau in diesem Punkt aber hat der Vertrag mit 2M für Irritationen gesorgt. Eben weil der Informationsfluss offenbar gestaut war. Und weil sich der MSV bei der Vereinbarung nicht gerade geschickt angestellt hat. Kirmse räumt inzwischen "den einen oder anderen Fehler" beim Abschluss ein, sagt aber auch: Der Partner sei "weiterhin interessant".

Ob der MSV "sehr viel Geld verdienen könne", wenn er "die Arena für Konzerte vermieten" würde, wie Kirmse es in dem Zeitungsartikel sagte, bleibt offen. Der Blick in die Vereinbarung mit 2M zeigt unter dem Stichwort "Nutzungsendgeld" (Es müsste "Nutzungsentgelt" heißen, d. Red.): "Für die Nutzung der Schauinsland Reisen Arena hat 2M folgendes Nutzungsendgeld zu entrichten: 5 % des Umsatzes einer Veranstaltung oder 20 % des Gewinns." Bei einem Konzert mit 20 000 Besuchern — so viele wollte 2M laut Vereinbarung ins Stadion holen — könnte ein Umsatz von rund einer Million Euro erzielt werden. Das wären 50 000 Euro für den MSV — zur Erinnerung: Die Arena kostet rund fünf Millionen Euro Miete im Jahr, allein dafür wären 100 Konzerte nötig. Und: Wenn es so einfach wäre, Konzerte zu akquirieren, hätten dort schon längst welche stattgefunden. Denn die Idee ist nicht neu.

Hinzu kommt folgendes vereinbartes Konstrukt: 2M und der MSV gründen "eine gemeinsame Gesellschaft mit je 50/50 Anteilen", wie es in dem Schriftstück heißt. In diese Gesellschaft würden die Umsatzeinnahmen zuerst fließen, dem MSV blieben von den oben genannten 50 000 also nur 25 000 Euro. Dass das für die Abtretung der Nutzungsrechte bis zum Jahr 2018 wirklich "sehr viel Geld" ist, hat Kirmse wohl exklusiv. Mal abgesehen davon, dass eine solche Vereinbarung die Pläne, das Stadion zu verkaufen, behindert, denn welcher Investor möchte schon eine Immobilie, in der ein Untermieter (2M) bestimmt, wann sie zu nutzen ist und wann nicht?

Zwar ist der Vertrag aus der Welt, doch es gilt, das zerdepperte Porzellan aufzufegen. Wie viele Scherben rumliegen, zeigt die Stellungnahme der Stadionprojektgesellschaft.

(kew)
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