MSV Duisburg Gänsehaut im Hexenkessel

Gefühle der Emotionen schwappten über nach dem 2:1-Halbfinalerfolg über Energie Cottbus. Die Mannschaft mit dem größeren Willen und den tollen Fans im Rücken setzt sich verdient durch.

DFB-Pokal 10/11: Veigneaus spektakuläre Rettung
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Der Vorstandsvorsitzende ragte im gleißenden Scheinwerferlicht in der Mixed-Zone nicht nur wegen seiner stattlichen Größe heraus. Dieter Steffen (63) war am Abend zuvor aus dem Urlaub von der Kanareninsel Teneriffa zurück gekehrt und hatte, wie man leicht bemerken konnte im heillosen Durcheinander der Kameras, Mikrofone und Notizblöcken, eine triefe Bräune mitgebracht.

Die hatte auch nicht gelitten hin zur schmucklosen Blässe nach der dramatischen Schlussminute mit drei Energie-Chancen in Folge, als MSV-Torwart David Yelldell und der Pfosten Schlimmeres verhindert hatten.

"Da bin ich ein bisschen älter geworden", meinte Steffen erleichtert darüber, dass der Schlusspfiff von Schiedsrichter Michael Weiner nach knapp vier Minuten Extra-Time untergegangen war im grenzenlosen Jubel.

Wildfremde Menschen, natürlich alle MSV-Fans an diesem denkwürdigen Abend für die Vereins-Annalen, fielen sich in die Arme, und gefeiert wurde in der VIP-Lounge bis weit nach Mitternacht. Wie hatte es doch der Kapitän einer leidenschaftlich kämpfenden Mannschaft genannt? Ein Traum könne wahr werden, hatte Srdjan Baljak gehofft.

Und dass ausgerechnet er, der für seine Verhältnisse ziemlich lange auf ein solches Glücksmoment verzichten musste mit einer Flaute während der Meisterschaft, hob den Serben in den siebten Fußball-Himmel. Selten sieht man ihn so herzlich lachen, dafür war der Anlass am Dienstagabend aber geradezu prädestiniert. Er und Stefan Maierhofer schossen und köpften den MSV zum Endspiel in die Hauptstadt.

Apropos Maierhofer: Der lange Österreicher stand als Synonym für die Wucht der Duisburger Kampfattacken, für unbändigen Willen zum Sieg, zum Auspowern bis zum Geht-nicht-mehr. "Ich bin total im Arsch", meinte er ohne rot zu werden. Dass sein Akku bis zum letzten Tropfen leer war, konnte man nachvollziehen nach einer bis zur letzten Sekunde ausgereizten Gewaltanstrengung sondergleichen. Die stand letztlich für den personifizierten Verdienst, ein Spiel gewonnen zu haben, das zu einem erfüllten Traum für alle (Duisburger) Beteiligten wurde.

Milan Sasic (52), hatte auch Stunden nach der Pressekonferenz noch Schweißperlen auf der Stirn. Die zeugten von der Aufregung, aber auch davon, dass sich der Kroate zum ausgiebigen Duschen genötigt sah, nachdem er von Olcay Sahan mit einem halben Liter König-Pils überschüttet worden war. Und das vor den Kameras der ARD und Millionen Zuschauern. Den Trainer hatte nur eins nicht gefallen.

Die Szene zum Cottbuser Gegentor war Anlass genug für ihn, ein bisschen Wasser in den Weinkelch der Freude zu gießen. Der Elfmeter war klar berechtigt, den Bruno Soares verursacht hatte, aber dass der junge Brasilianer am 21. Mai beim Finale im Olympiastadion zusehen muss nach seiner roten Karte, war dem Gerechtigkeitsfanatiker ein stechender Dorn im Auge.

Ob Sasic, "Pele" Wollitz oder Friedhelm Funkel — die Experten waren sich einig, dass die doppelte Bestrafung einem Schwachsinn gleichkommt. "Der Strafstoß war die richtige Entscheidung, der Platzverweis obendrauf musste nicht noch zusätzlich sein", meinte Funkel. Der Fußball-Lehrer konnte sich übrigens freuen. Schließlich war er der Trainer jener Mannschaft, die 1998 ins Finale gegen Bayern München eingezogen war.

13 Jahre wird das hersein im Mai. Von dem damaligen Team hockte auch Bachirou Salou auf der Tribüne. Da wurden Erinnerungen wach an seinen Treffer gegen Lothar Matthäus. Dieser Mordsschuss war seinerzeit zehn Millionen Mark wert, die Dortmund für ihn als Ablöse zahlte. Aktuell sind die 6,5 Millionen Euro aber mehr wert, die der MSV in diesem lukrativen Wettbewerb verdienen wird mit den Einnahmen aus dem Endspiel.

(RP)
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