MSV Duisburg Die Anfangseuphorie ist umgeschlagen

Duisburg · Analyse-Serie Die Situation des MSV Duisburg in der Dritten Fußball-Liga: Teil 3 – die Fans

 Die Euphorie zum Saisonstart in der Dritten Liga gegen den 1. FC Heidenheim kannte am 20. Juli 2013 keine Grenzen: Satte 18 111 Zuschauer kamen, die Choreografie der MSV-Fans zeigte hier: "One Love" – eine Liebe.

Die Euphorie zum Saisonstart in der Dritten Liga gegen den 1. FC Heidenheim kannte am 20. Juli 2013 keine Grenzen: Satte 18 111 Zuschauer kamen, die Choreografie der MSV-Fans zeigte hier: "One Love" – eine Liebe.

Foto: Christoph Reichwein

Analyse-Serie Die Situation des MSV Duisburg in der Dritten Fußball-Liga: Teil 3 — die Fans

 Kritik am 15. März wegen der scheinbar missglückten Kündigung gegen Roland Kentsch: "Fehlende Unterschrift? Ernsthaft? Schon wieder?"

Kritik am 15. März wegen der scheinbar missglückten Kündigung gegen Roland Kentsch: "Fehlende Unterschrift? Ernsthaft? Schon wieder?"

Foto: Reichwein

Voraussetzungen Trotz der Frustration über de Verweigerung der Zweitliga-Lizenz sorgten im Sommer 2013 die Fans des MSV mit ihren Aktionen dafür, dass der Verein überhaupt eine Chance in der Dritten Liga bekam. Die Sympathie- und Solidaritätswelle machten es dem Vorstand und Aufsichtsrat leichter, Vertrauen für den neuen Weg zu finden. Die Aktionen der Zebrafreunde von Flashmob bis Menschenkette bescherten dem Verein bundesweite Aufmerksamkeit. Die Freunde des Klubs wurden zu Werbeträgern für einen MSV mit Zukunft.

Der Zuschauerschnitt In der Zuschauertabelle der 3. Liga ist der MSV mit 12 758 Besuchern pro Heimspiel auf den zweiten Platz hinter RB Leipzig (12 889) gerutscht. Der Trend ist fallend: Den Bestwert erreichte man mit 21 243 Zuschauern gegen Dortmund II am 3. September 2013. Gegen Wacker Burghausen kamen Ende Dezember zum ersten und bislang einzigen Mal weniger als 10 000 Zuschauer. In den vier Heimpartien nach der Winterpause hat man sich bei etwa 10 500 Zuschauern eingependelt.

Der Saisonstart Die Zebras nahmen die Gunst des Publikums mit in die neue Saison: Der Verein verkaufte 5800 Dauerkarten. Zum ersten Heimspiel kamen über 18 000 Zuschauer. Der MSV führte lange zumindest die Zuschauertabelle an. Den Saisonschnitt (8500 Zuschauer geplant) hatte man bereits nach dem sechsten Spieltag mehr als nur komplett erreicht. Die Sympathiewelle schlug sich auch bei den Mitgliederzahlen nieder: Der MSV gewann über 1500 Beitragszahler mitten in der Krise und hat weit über 6000 Mitglieder.

Der Saisonverlauf Es blieb nicht bei den guten Nachrichten aus dem Lager der Fans. Im Oktober sorgten Schlagzeiten, die von Übergriffen rechter Fans auf die sogenannten Ultras, die Kohorte, für Schlagzeilen. Die MSV-Fans waren wieder bundesweit in den Medien. Dieses Mal aber keineswegs positiv. Spiegel-online schrieb von "Nazi-Angriff auf MSV-Fans". Das Thema wurde in den Internetforen des Klubs sehr kontrovers diskutiert. Dabei spielte eine Rolle, dass die Kohorte eher links orientiert sei. Andere Gruppen sollten dem rechten Lager zugehörig sein. Wie auch immer: Der Friede auf den Rängen war dauerhaft dahin. Aussprachen zwischen den verfeindeten Lagern verliefen ohne Ergebnis. Allerdings beschrieben Insider den Streit häufig als eine Auseinandersetzung zwischen kleinen Gruppen. Deren Wirkung auf das Bild der MSV-Fans in der Öffentlichkeit wirkte sich allerdings groß aus. Als eine wirksame Unterstützung der Mannschaft und des Vereins gehen diese Querelen nicht durch.

Die aktuelle Situation Ausschreitungen gab es vor der Winterpause im Block beim Gastspiel in Heidenheim. Der Schalker Fanbus soll ebenfalls am 22. Dezember beim Auswärtsspiel in Heidenheim auf einer Raststätte beworfen worden sein. Beim 0:2 des MSV in Dortmund gerieten einige Zuschauer mit der Polizei aneinander. Der MSV reagierte und erteilte 28 sogenannten Fans Hausverbot bis zum 4. April. Eine weitere Aussperrung erfolgte nach dem Kiel-Spiel. In einer Stellungnahme distanzierte sich der Verein von jeder Form der Gewalt. Im Griff ist das Problem, das sich mit einer simplen Rechts-Links-Zuordnung nicht erklären lässt, keineswegs. Am vergangenen Samstag kam es während der Halbzeit-Pause der Partie gegen Kiel zu Rangeleien zwischen Mitgliedern der Kohorte und der "Proud Generation Duisburg (PGDU). So ordneten Augenzeugen die Feindlinien zu. Bierbecher flogen von den Sitzplätzen auf die Stehränge. Auch das kann man nicht als Werbemaßnahme sehen. Zudem gibt es wohl auch eine Kluft zwischen Fangruppen und Vorstand: Gegen Kiel hielten Zuschauer ein Transparent hoch, dass die fehlende Unterschrift bei der Kündigung des Vertrags von Ex-Geschäftsführer Roland Kentsch kritisierte. Die "Raus"-Rufe gegen den Trainer treffen auch die Verantwortlichen, die ihn holten.

Die Perspektive Das Publikumsinteresse hat nachgelassen, ist aber weiterhin stabil auf beachtlichem Niveau. Zum Spitzenreiter aus Heidenheim kommen pro Heimspiel 4000 Zuschauer weniger. Die Sommereuphorie ist freilich verflogen. Die MSV-Fans machen nicht mehr den Eindruck eines einheitlichen Stimmungsblocks. Welche Signalwirkung (im Positiven) von Freunden ausgehen kann, hat man während der Krise nach der Lizenzverweigerung gesehen. Wie sich Zwist negativ auswirkt, erlebt man nun. Politische Ansichten gehören — sehr sanftmütig formuliert — nicht ins Stadion. Denn es sollte auch für Hardcore-Anhänger gelten: alle für einen Verein. Und der heißt MSV.

(kew)
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