Von PSV Eindhoven zum KFC Uerdingen Ein Schritt zurück dient Hidde Jurjus als Fortschritt

Krefeld · Hidde Jurjus kommt von der international ambitionierten PSV Eindhoven zum Fußball-Drittligisten KFC Uerdingen. Der Niederländer will die Nummer eins werden und mit dem Klub in den kommenden zwei Jahren aufsteigen.

 Hidde Jurjus trägt beim Training, wenn nötig, eine Sonnenbrille.

Hidde Jurjus trägt beim Training, wenn nötig, eine Sonnenbrille.

Foto: Stefan Brauer

Im Eishockey hat die Torhüterposition eine überragende Bedeutung. Die Nummer eins ist die Schlüsselposition, entscheidet oft nicht nur in einem Spiel, sondern über die gesamte Saison. Aber auch im Fußball kommt dem Torwart große Bedeutung zu. Das wurde kürzlich beim Endspiel der Champions League demonstriert, wo Manuel Neuer vom FC Bayern München mit einer exzellenten Leistung der Garant für den 1:0-Sieg gegen Paris St. Germain war.

Torhüter werden selten gewechselt. Der Stammtorhüter eines Vereins ist oft jahrelang die Nummer eins, steht nahezu bei jedem Spiel zwischen den Pfosten. Sicherheit und Selbstvertrauen benötigt jeder Torhüter, um seine Leistung abrufen zu können, weshalb eine Rotation auf dieser Position eher die absolute Ausnahme ist.

Beim KFC Uerdingen wurden in diesem Sommer gleich zwei gravierende Veränderungen vorgenommen. Für René Vollath, der drei Jahre lang bei den Blau-Roten unter Vertrag stand und nun in Drittliga-Aufsteiger Türkgücü München einen neuen Brötchengeber fand, wurde Hidde Jurjus vom niederländischen Ehrendivisionisten PSV Eindhoven verpflichtet. Und Torwarttrainer ist jetzt Wolfgang Wimmer, der vom österreichischen Erstligisten Linzer ASK kommt.

Für Hidde Jurjus ist der Wechsel von einem internationalen Topverein mit Champions League-Ambitionen zu einem Drittligisten nur scheinbar ein Rückschritt, in seiner persönlichen Entwicklung soll er ein Fortschritt werden. „Die Dritte Liga ist gut für mich“, sagt Jurjus. „Denn hier ist der Plan, dass ich spiele.“ Das war in Eindhoven nur selten der Fall – in der zweiten Mannschaft. Von PSV, zu der er 2016 gewechselt war, wurde er meist ausgeliehen. „Da konnte ich Spielpraxis sammeln“, gewinnt er der Odyssee einen positiven Aspekt ab.

Als sich die Wechselmöglichkeit zum KFC Uerdingen ergab, ergriff er die Chance, wohlwissend, dass er auch hier nicht automatisch die Nummer eins ist. „Aber der Plan von Uerdingen ist sehr klar: Wir wollen in zwei Jahren in der zweiten Liga sein“, sagt er. „Und ich bin gut und will meinen Teil dazu beitragen. Ich werde mir mit Lukas einen guten Zweikampf liefern.“ Lukas Königshofer kam vor einem Jahr aus Unterhaching mit den gleichen Zielen: Nummer eins werden und mit dem KFC aufsteigen.

Nun sind die Beziehungen zwischen rivalisierenden Torhütern manchmal eine heikle Sache. Nicht immer verstehen sie sich als Team und harmonieren. Es gibt auch Fälle, in denen sie ihr Verhältnis rein arbeitstechnisch leben, das heißt, miteinander trainieren, aber nicht miteinander sprechen. „So ist das aber bei uns nicht“, berichtet Jurjus. „Luki und ich lernen uns gerade kennen und schauen, wie es geht. Aber mein Gefühl ist sehr gut. Ich weiß, dass jede Mannschaft zwei Torhüter braucht und akzeptiere das.“

Auch die Zusammenarbeit mit Wolfgang Wimmer gestalte sich positiv. „Torwarttrainer ist ein sehr schwieriger Beruf“, erklärt Jurjus. Dabei denkt er weniger an die Torhüter, denen der Ruf vorauseilt, dass sie oft recht eigensinnig und uneinsichtig sind und – so die Einschätzung der Intimi – alle eine Macke haben. Dem Niederländer geht es bei seiner Einschätzung um die Arbeit: „Sie ist ungemein vielfältig. Jeder findet etwas anderes wichtig. Aber die ersten Tage waren sehr gut. Wolfgang fordert viel, aber nicht zu viel, so dass man am anderen Tag nicht mehr laufen kann. Ich profitiere von der Arbeit mit ihm, er kann mir noch was beibringen.“

Jurjus hat auch sogleich die Unterschiede in der Arbeit ausgemacht: „Wolfgang verbringt viel Zeit mit uns. In Holland wird oft nur 20 Minuten mit den Torhütern speziell trainiert.“ Die Spielweise hingegen unterscheide sich nicht von der in Deutschland oder Österreich. „Früher war das der Fall, inzwischen ist es sehr ähnlich. Aber das Wichtigste ist und bleibt, dass der Torwart den Ball halten muss. Dass er im modernen Fußball dann als elfter Feldspieler fungiert, kommt natürlich hinzu.“

Auch Trainer Stefan Krämer ist froh, in Jurjus einen guten zweiten Torhüter zu Haben. „Er ist sehr gut am Fuß, was heutzutage ja nicht ganz unwichtig ist, ein typischer Holländer. Und er hat dort eine gute Runde gespielt“, berichtet der Fußballlehrer. „Wäre die Saison dort zu Ende gespielt worden, wäre er höchstwahrscheinlich mit De Graafschap in die Ehrendivision aufgestiegen, und dann hätten sie ihn sicher auch behalten.“

Wer wird denn nun die Nummer eins? Wer steht beim Saisonauftakt am kommenden Sonntag in Ingolstadt zwischen den Pfosten? „Ich weiß es wirklich noch nicht“, sagt Krämer und erklärt die Entscheidungsfindung: „Ich werde mich am Freitag mit unserem Torwarttrainer zusammensetzen. Dann werden wir entscheiden und es den beiden Torhütern sagen, damit sie sich darauf einstellen können.“

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