In puncto Quantität spitze So viele Helfer hatte der KFC Uerdingen nie zuvor
Krefeld · Das Team ist zu groß, das Team hinter dem Team auch. Trainer Alexander Voigt ist bemüht, den Überblick zu behalten. Er sieht darin in der momentanen Situation aber auch eine Chance.
Wie sehr hat sich der Fußball in den zurückliegenden Jahrzehnten doch geändert! Vor einem halben Jahrhundert hatte eine Mannschaft einen Trainer. Bundestrainer Sepp Herberger leistete 1954 sich in Albert Sing einen Assistenten. Und es war geradezu eine Sensation, alsdie ersten Vereine vor rund 60 Jahren diesem Beispiel folgten.
Und heute? Da kümmert sich ein ganzes Heer von Mitarbeitern um die Fitness und Entwicklung der Spieler. Der FC Bayern München beschäftigt neben Trainer Julian Nagelsmann fünf Co- und vier Fitness-Trainer, sieben Physiotherapeuten, vier Analysten, vier Zeugwarte, zwei Busfahrer, zwei Teammanager und einen Psychologen. Wer nun denkt, der Rekordmeister und Champions-League-Dauergast sei eine Ausnahme, der irrt. Borussia Mönchengladbach hat neben Trainer Adi Hütter sechs Co- und Torwarttrainer, vier Mediziner, vier Athletiktrainer, vier Physiotherapeuten/Masseure, eine Ernärhungsberaterin, zwei Zeugwarte und einen Betreuer.
Der KFC Uerdingen steht zwar unmittelbar vor dem Abstieg in die fünfte Liga, doch was die Quantität des Kaders und der Mitarbeiter betrifft, braucht er sich vor höherklassigen Vereinen nicht zu verstecken. 28 Spieler stehen, sofern sie fit sind, derzeit auf dem Trainingsplatz, was die Arbeit von Trainer Alexander Voigt nicht unbedingt erleichtert. Und ihm zur Seite steht inzwischen auch ein ganzes Battallion von Helfern (siehe Info-Box).
Alexander Voigt hat 79 Bundesliga- und 209 Zweitligaspiele bestritten, und es ist noch nicht so lange her, dass der 43-Jährige aktiv am Ball war. Aber auch er gesteht: „So ein großes Team um das Team herum habe ich auch noch nicht erlebt.“ Doch er steht der Situation offen gegenüber und will zunächst einmal von dem geflügelten Wort, wonach viele Köche den Brei verderben, nichts wissen. „Da wir derzeit einen sehr großen Kader haben, finde ich das okay, zumal die Rollen klar verteilt sind“, sagt er. „Levan ist künftig Spieler, die Fitnesstrainer sind nur zugegen, wenn wir bei Factory arbeiten und als Hilfe gedacht. Es ist zudem nicht schlecht, wenn mehrere ein Auge drauf werfen. Das wird sich schon einpendeln.“
Dennoch sollte die Expansion des Uerdinger Umfelds nicht nur bejubelt werden. Die Kritik vergangener Jahre lautete, dass der Verein eine One-Man-Show sei. Tatsächlich war es eine Maxime des ehemaligen Präsidenten Mikhail Ponomarev, das gesamte Geld in Spieler zu stecken und die Zahl der Mitarbeiter möglichst klein zu halten. Nach dem Ende der Ära hat der KFC nun einen anderen Weg eingeschlagen, der derzeit, so scheint es, in die genau entgegengesetzte Richtung führt. Und zum Jahresbeginn deutet äußerst wenig darauf hin, dass sich die Vereinsführung mit dem Abstieg abgefunden hat und für die kommende Oberligasaison plant. Sicher scheint jedoch, dass der KFC nur dann den Abwärtstrend stoppen kann, wenn er zu einer Einheit, zu einer Mannschaft wird. Mit einem solch aufgeblähten Kader und einem so großen Stab dürfte es schwierig werden. Quantität ist nun einmal kein Zeichen von Qualität.