Zehn Spiele in 24 Tagen Uerdinger Hetzjagd

Krefeld · Die Uerdinger schrieben mit ihrer Hetzjagd in der Saison 1985/86 Geschichte. Im Europapokal verloren sie, doch in der Bundesliga blieben sie in acht Begegnungen unbesiegt. Heute vor 34 Jahren feierten sie einen 2:1-Sieg in Mönchengladbach – mit der B-Elf.

 Der Uerdinger Frank Kirchhoff (links) versucht, dem Gladbacher Hans-Jörg Criens den Ball ab zu luchsen.

Der Uerdinger Frank Kirchhoff (links) versucht, dem Gladbacher Hans-Jörg Criens den Ball ab zu luchsen.

Foto: HUKO

Auch wenn die Besiegung der vom Coronavirus ausgehenden gesundheitlichen Gefahren derzeit im Vordergrund steht, wird – auch – schon wieder über die Wiederaufnahme des Fußballbetriebes gesprochen. Bei den Modalitäten steht dabei die Gesundheit an vorderster Front – aber auch die Überlegung, möglichst bis zum 30. Juni 2020 sämtliche Spiele absolviert zu haben.

Ähnlich war die Situation im April 1986 für die Spieler des FC Bayer 05 Uerdingen. Wegen der Vorbereitung auf die in Mexiko stattfindende Weltmeisterschaft mussten die Spiele der Bundesligasaison bis Ende April absolviert sein. Da der harte Winter 85/86 einige Partien hatte ausfallen lassen – beim Thema Rasenheizung war gerade einmal das Wort erfunden –, die Uerdinger zudem bis ins Halbfinale des Europapokals vorgedrungen waren, mussten sie in den 24 Tagen zwischen dem 2. und 26. April 1986 nicht weniger als zehn Pflichtspiele bestreiten – im Schnitt also alle 2,4 Tage eine Partie. „Nach heutigen Maßstäben absolut unmöglich“, befand Trainer Karl-Heinz Feldkamp unlängst erst, als der Fernsehsender Sky eine Historie über die glorreichen Uerdinger Zeiten drehte.

Ziemlich tief in die Trickkiste griff der gewiefte Trainerfuchs heute vor 34 Jahren, als an einem Dienstagabend die Partie bei der von Jupp Heynckes trainierten Borussia in Mönchengladbach anstand. Um die Belastung der Spieler zu steuern, stellte er Reservetorwart Manfred Kubik auf, dazu Frank Thomessen, den im Jahr 2017 verstorbenen Branko Rodosek, Dietmar Janssen, Klaus Basten und Reiner Stephany, die sämtlich bei den in den in der Verbandsliga spielenden Amateure zu Hause waren. Also das, was man eine B-Mannschaft nennt.

„Geht mal rein, haltet hinten möglichst lange die Null und vorne wird uns schon jemand helfen“, erinnert sich der heute 54-jährige Frank Kirchhoff an die Kabinenansprache. In der 50. Minute ließ er Gladbachs Libero Wilfried Hannes mit einem Übersteiger aussteigen und traf anschließend mit einem Schuss in den Winkel zum 1:0. „Schon vor der Partie haben sich die Gladbacher über unsere Amateurmannschaft mokiert, aber als Larus Gudmundsson sogar auf 2:0 erhöhte, waren die echt stinkig“, erinnert sich Kirchhoff weiter. Gladbach, das durch Uwe Rahn sechs Minuten vor dem Ende nur noch auf 1:2 verkürzen konnte, blieb auch am Ende des Spieljahres als Tabellenvierter einen Platz hinter Uerdingen.

Lebhafte Erinnerungen an diesen 22. April 1986 hat auch Christian Emmerich, der seit mehr als 50 Jahren die Spiele der Blau-Roten besucht. „An dem Tag habe ich meinen 24. Geburtstag gefeiert und bei mir wurde nur die parallele, vom Fernsehen live übertragene Partie Werder Bremen gegen Bayern München geschaut – Stichwort verschossener Elfmeter von Michael Kutzop“, sagt Emmerich in der Rückschau. Umso größer die Freude in der überwiegend von Uerdinger Anhängern geprägten Geburtstagsgesellschaft, als sie später vom sensationellen Sieg ihrer Mannschaft erfuhr.

Die Bilanz dieser zehn Spiele ist überaus beeindruckend. Verloren gingen nur die beiden Partien im Europapokal, in den acht Ligaspielen blieben die Uerdinger ungeschlagen, holten sechs Siege und zwei Remis. „Wir waren halt bärenstark“, blickt Kirchhoff leicht schmunzelnd zurück.

Dass man in der Nachbarstadt – wenn auch mit einem gewissen zeitlichen Abstand – die Dinge richtig einzuordnen wusste, zeigte sich im Sommer 1987. „Zusammen mit Wolfgang Funkel und unseren Frauen waren wir im Urlaub auf Kreta. Und als wir die Gladbacher Hans-Jörg Criens, der ja leider vergangenes Jahr bereits verstorben ist, und Uwe Kamps getroffen haben, haben wir uns direkt zu einem Tennismatch verabredet“, erinnert sich Kirchhoff weiter.

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