Transfercoup in der Dritten Liga Weltmeister Großkreutz spielt jetzt für den KFC Uerdingen

Krefeld · Kevin Großkreutz spielt ab sofort für den Drittliga-Aufsteiger KFC Uerdingen. Der 29-Jährige wurde 2014 mit Deutschland Fußball-Weltmeister und dürfte für den KFC eine riesige Verstärkung werden.

Kevin Grosskreutz (l.) mit dem WM-Pokal. 2014 wurde der Neuzugang des KFC Uerdingen Weltmeister in Brasilien.

Kevin Grosskreutz (l.) mit dem WM-Pokal. 2014 wurde der Neuzugang des KFC Uerdingen Weltmeister in Brasilien.

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Der Fußball-Drittliga-Aufsteiger KFC Uerdingen rüstet weiter mächtig für die neue Saison auf. Am Donnerstag gaben die Uerdingen die nächste höchst prominente, ja spektakuläre Verpflichtung nach Angreifer Stefan Aigner bekannt: Vom Zweitligisten Darmstadt 98 wechselt Weltmeister Kevin Großkreutz nach Krefeld. Der 29-Jährige, der mit Borussia Dortmund zweimal Deutscher Meister und einmal DFB-Pokalsieger wurde, unterzeichnete einen Vertrag über drei Jahre. Allerdings stand der Offensivspieler bei seinem bisherigen Arbeitgeber auf dem sportlichen Abstellgleis. In der Sommerpause hatte der KFC mit Robert Müller (Sandhausen), Dennis Daube (Union Berlin) und Manuel Konrad (Dynamo Dresden) bereits drei weitere Spieler aus der Zweiten Liga verpflichtet.

Großkreutz wird beim KFC-Team, das zurzeit im Trainingslager in Österreich ist, schnellstmöglich erwartet. „Er soll am Freitag ins Trainingslager nachkommen“, sagte KFC-Trainer Stefan Krämer am Donnerstag im Gespräch mit unserem Medium. Die neue Saison jedenfalls beginnen die Uerdinger mit einem Heimspiel gegen die Spielvereinigung Unterhaching, ehe es nach Würzburg geht und dann der SV Meppen kommt - am Donnerstag hat der DFB die neuen Spielpläne für die kommende Saison veröffentlicht. Wie berichtet, werden alle KFC-Heimpartien in Duisburg gespielt, weil die Grotenburg nicht den Anforderungen entspricht, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) für die Dritte Liga erwartet.

Es ist noch gar nicht lange her, dass der Weltmeister von 2014 in den Schlagzeilen auftauchte - wenngleich er sich selbst vermutlich angenehmere gewünscht hätte. Exakt in der Woche, in der Joachim Löw das deutsche WM-Aufgebot verkündete, da titelte die Bild-Zeitung: „Weltmeister soll gehen. Großkreutz in Darmstadt vor dem Aus!“ Der Verein hatte ihm nahegelegt, sich einen neuen Verein zu suchen. Trotz eines gültigen Kontraktes bis 2019 hatte Darmstadts Trainer Dirk Schuster offenbar keine Verwendung mehr für ihn, zuletzt fand sich Großkreutz nur noch auf der Ersatzbank wieder. Nun sucht er beim KFC einen Neuanfang in der Dritten Liga. Rein sportlich betrachtet ist seitdem kein anderer Weltmeister von 2014 so tief gefallen.

Kevin Großkreutz – Dortmunder, Weltmeister, Skandalnudel
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Nichtsdestotrotz: Für den KFC Uerdingen dürfte seine Verpflichtung eine riesige Verstärkung werden. „Wir freuen uns sehr, dass uns dieser Transfer gelungen ist. Für uns zählt weniger der Name als die spielerische Qualität, die Kevin Großkreutz mitbringt. Er wird die Mannschaft sicher noch einmal enorm verstärken können und bringt viel Erfahrung mit, von der wir profitieren werden“, sagte KFC-Geschäftsführer Nikolas Weinhart über den prominenten Zugang, der mehr als 200 Einsätze in der Bundesliga aufweist, mit Dortmund auch in der Champions League spielte und der 2014 im WM-Endspiel gegen Argentinien schon an der Seitenlinie bereitstand, um für den angeschlagenen Kapitän Bastian Schweinsteiger eingewechselt zu werden.

Danach aber ging es mit seiner Karriere bergab. Schon unmittelbar vor der WM 2014 war er beschuldigt worden, einen Mann mit einem Döner beworfen zu haben; das Gerichtsverfahren wurde eingestellt. Und nach dem verlorenen DFB-Pokalfinale gegen die Bayern soll er am frühen Morgen in der Lobby des Mannschaftshotels volltrunken gegen eine Säule gepinkelt haben - dafür entschuldigte der seinerzeit 24-Jährige sich in aller Form und zahlte 50.000 Euro Geldstrafe an die Dortmunder, die bis dahin höchste in der Vereinsgeschichte. In der Nach-WM-Saison fiel er häufig verletzt aus. Trainer Thomas Tuchel sortierte ihn letztendlich aus. Ein Wechsel zu Galatasaray Istanbul wurde am letzten Tag der Transferfrist vereinbart, aber nicht mehr fristgerecht vollzogen. In der Türkei durfte  Großkreutz vier Monate lang nur trainieren, aber nicht spielen. Im Winter kehrte er nach Deutschland zurück und heuerte beim VfB Stuttgart an, mit dem er aus der Bundesliga abstieg. Kurz danach trennten sich die Schwaben von ihm, weil er mit mehreren Jugendspielern des Vereins durch das Rotlichtviertel gezogen und in eine Schlägerei geraten war. Es folgte der Wechsel nach Darmstadt, doch mit der Entlassung des damaligen Cheftrainers Torsten Frings sanken auch dort seine Aktien.

Seither ist es auch deutlich ruhiger um Großkreutz geworden. Er selbst teilt sich der Öffentlichkeit fast nur noch durch die Sozialen Netzwerke mit. „Geschafft“, schrieb er nach dem Sieg gegen Aue. „Jetzt ist erstmal Urlaub, und ich werde die Zeit mit der Familie genießen.“ Interviews oder selbst kleine Statements nach einem Spiel gibt der 29-Jährige dagegen schon lange nicht mehr. Vom Weltmeister-Titel ist ihm trotzdem mehr als nur die Erinnerung geblieben. Er hat sich den WM-Pokal auf die Schulter tätowieren lassen und ist seit den erfolgreichen Wochen in Brasilien eng mit Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger befreundet. Ende April postete Großkreutz ein Foto von sich und den beiden im Internet. Jemand schrieb dazu: „Ihr seid einfach noch der Typ Fußballer, den wir Fans lieben. Gibt es nicht mehr oft.“

In Uerdingen jedenfalls empfangen sie ihn mit Kusshand - zurecht.

(mit dpa)
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