KFC-Macher Ponomarev “Was hätten Fortuna und Borussia, was der KFC Uerdingen nicht zu bieten hat?”

Krefeld · KFC Uerdingens Präsident Mikhail Ponomarev ist nicht unumstritten im deutschen Fußball. Der russische Unternehmer spricht im Interview über die Gründe für sein Engagement bei KFC und erklärt, warum die Fans dankbarer sein sollten.

 KFC-Uerdingen-Investor Mikhail Ponomarev

KFC-Uerdingen-Investor Mikhail Ponomarev

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Mikhail Ponomarev gehört zu den umstrittensten Persönlichkeiten im deutschen Fußball. Er meidet möglichst die Öffentlichkeit. Der 44 Jahre alte russische Unternehmer kommt ein paar Minuten verspätet zum vereinbarten Treffen in einem Krefelder Hotel. Der Gründer und Sprecher des größten russischen Beratungsunternehmens in Management Consulting und Informationstechnologien mit rund 900 Mitarbeitern kümmert sich seit Juni 2016 nach eigenem Bekunden ausschließlich um den Drittligisten KFC Uerdingen – als Präsident und Manager. Fragen zu seinen Einkommensverhältnissen und der genauen Herkunft seines Vermögens will er nicht beantworten.

Herr Ponomarev, sind Sie eine Gefahr für den deutschen Fußball?

Ponomarev Ich denke nicht. Ich bin vielleicht eine Chance. Ich kenne diese Vorwürfe. In den ersten Jahren hat mich das gewundert, heute wundert mich nichts mehr.

Weil Sie es nicht ändern können?

Ponomarev Weil ich es überzogen finde. Es wird meiner Arbeit einfach nicht gerecht.

Sie haben in der Winterpause in Uerdingen kräftig durchgewischt und den Trainer sowie zwei Spieler vor die Tür gesetzt. Nun zufrieden?

Ponomarev Das ist jetzt noch zu früh zu sagen. Am Ende geht es um den Erfolg auf dem Platz.

Wie treffen Sie solche Entscheidungen? Im Alleingang oder beraten Sie sich mit Fachleuten?

Ponomarev Das ist meine Entscheidung.

Entscheiden Sie mit dem Kopf, mit dem Bauch, mit dem Herzen?

Aufsteigsfeier 2018 - KFC Uerdingen feiert mit seinen Fans in Krefeld am Rathaus
14 Bilder

Fans feiern Aufsteiger KFC Uerdingen

14 Bilder
Foto: Lammertz (3), dpa (2), Forstreuter, Schaulandt

Ponomarev (lacht) Alles zusammen. In allererster Linie versuche ich mich an den Fakten zu orientieren. Wir haben in der Hinrunde keine überzeugenden Spiele abgeliefert. Okay, wir haben viele Partien gewonnen, aber das war vor allem ein einziger Kampf und wenig Klasse. Wir haben kein einziges Mal über 90 Minuten dominiert. Ich möchte im Stadion sitzen und auch mal relaxen, bisher saß ich jedes Mal da und habe fast einen Herzinfarkt bekommen, weil es bis zur letzten Minute gefährlich für uns war.

Wovon träumen Sie?

Ponomarev Von spielerischer Dominanz. Nicht nur Krampf. Diesen Fußball-Stil können wir nicht akzeptieren. Dazu kamen beim alten Trainer viele, viele Personalfehler in meinen Augen – mindestens fünf große Fehler. Und das Wichtigste: Ich habe keine Entwicklung gesehen. Wir haben viel miteinander gesprochen, es hat sich aber einfach nichts bewegt.

Kopf? Herz? Bauch?

Ponomarev Mit dem Kopf – jedenfalls zu 50 Prozent. Wenn ich eine Entscheidung treffe, dann mache ich das immer ohne Emotionen.

Viele Fans sehen in Alleinentscheidern wie Ihnen eine große Gefahr für den Fußball.

Ponomarev Ich sehe die Proteste in den Stadien und kann oft nur mit dem Kopf schütteln.

Warum?

Ponomarev Weil ich es in gewisser Weise als undankbar empfinde.

Sollten die Fans dankbarer sein?

Ponomarev Ja. Mindestens ein wenig. Woher kommt dieser Hass? Warum diese Wut? Auf wen? Was wäre die Alternative für viele Vereine gewesen – Insolvenz? Und was passiert denn in einigen „Traditionsvereinen“? Woher bekommen die ihr Geld? Sehen Sie, diese ganze Diskussion ist doch in großen Teilen einfach nur scheinheilig. Da wird versucht in „gutes“ und „böses“ Geld zu unterteilen. Aber so funktioniert das Geschäft nicht. Wo ist der große Unterschied?

Und Ihr Geschäftsmodell?

Ponomarev Ich kann viele Modelle akzeptieren. Aber wir sind hier beim KFC Uerdingen und haben unser Geschäftsmodell. Ich bin nun mal alleiniger Aktionär, vielleicht haben wir in ein paar Jahren noch weitere Partner, dann werden wir zusammen entscheiden. Für mich ist das ein absolut normaler Prozess.

Was halten Sie vom Deutschen Fußball-Bund (DFB)?

Ponomarev Ich kann nichts Schlechtes über den DFB sagen. Sie helfen uns, wenn wir eine Frage haben.

Es gibt in Deutschland die sogenannte 50+1 Regel, die es Investoren wie Ihnen verbietet, einen Verein komplett zu übernehmen. Wann wird diese Beschränkung fallen?

Ponomarev Das ist kompliziert. Ich weiß den Zeitpunkt nicht, aber das muss fallen. Das ist wichtig für den deutschen Fußball in Europa. Es gibt doch jetzt schon kaum wirtschaftliche halbwegs gleiche Rahmenbedingungen. Die englische Premier League und die spanische La Liga sind enteilt. Der deutsche Fußball braucht richtige Investoren. Die Bundesliga ist nur noch eine Entwicklungsliga.

Warum engagieren Sie sich denn dann überhaupt bei einem Klub wie dem KFC Uerdingen?

Ponomarev Für mich ist das eine sehr komfortable Situation. Die Fans spüren, dass ich mich hier ehrlich einbringe. Ich bin jeden Tag vor Ort. Mich interessiert nicht, was in der Presse steht, für mich ist wichtig, was die Mitglieder über mich denken. Und da weiß ich, dass die Unterstützung für meinen Weg überwältigend ist. Ich habe die größte Unterstützung von allen Klubs in NRW.

Weil es zu Ihnen keine Alternative mehr gab.

Ponomarev Jeder Verein hat seine Geschichte. Ich habe den KFC Uerdingen da nicht hingetrieben.

Was Sie für viele so spannend macht ist, dass man fast gar nichts über Sie weiß. Woher haben Sie Ihr Vermögen? Sind Sie so reich wie der Oligarch Roman Abramowitsch und haben mehrere Yachten?

Ponomarev Das ist meine private Sache.

Sie hatten in Deutschland eine Beratungsagentur.

Ponomarev Nein, das war ein repräsentatives Büro für die russische Energiewirtschaft. Das Unternehmen gibt es nicht mehr, ich unterhalte in Deutschland keine wirtschaftlichen Unternehmungen.

Kennen Sie Abramowitsch, den Besitzer von Chelsea?

Trainingslager des KFC Uerdingen in der Türkei: So residiert der KFC in Belek
18 Bilder

So residiert der KFC im Trainingslager

18 Bilder
Foto: Thomas Schulze

Ponomarev Nicht persönlich.

Wie viele Yachten haben Sie?

Ponomarev Null. Ich habe in Deutschland zwei Autos und ein normales Haus. Das ist nicht wichtig für mich. Ich bin ein sehr einfacher Mann.

Sie könnten Ihren Reichtum genießen. Stattdessen arbeiten Sie in Uerdingen bei einem Drittligisten. Warum?

Ponomarev Krefeld bietet sehr viele Möglichkeiten, ich sehe hier gigantisches Potenzial.

Wären Sie zum Beispiel auch gerne bei Fortuna Düsseldorf oder Borussia Mönchengladbach eingestiegen?

Ponomarev Die Realität ist doch, dass es mir aktuell überhaupt nicht möglich ist, große Anteile solcher Klubs zu erwerben und mich zu engagieren. Uerdingen war das Beste, was ich gefunden habe.

Und wenn es möglich wäre?

 RP-Sportchef Gianni Costa (v.l.) mit dem Krefelder Sport Redakteur Thomas Schulze und KFC Uerdingens Präsident Mikhail Ponomarev.

RP-Sportchef Gianni Costa (v.l.) mit dem Krefelder Sport Redakteur Thomas Schulze und KFC Uerdingens Präsident Mikhail Ponomarev.

Foto: Gianni Costa

Ponomarev Warum sollte ich? Was hätten diese Vereine, was der KFC Uerdingen nicht zu bieten hat? Ich bin mir sicher, dass wir einiges aufbauen können. Und hier gibt es nicht so Anfeindungen wie an anderen Standorten.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ponomarev Ich verbringe die Zeit mit meiner Familie. Ich habe eine Frau, zwei Kinder.

Was finden Sie toll an Deutschland?

Ponomarev Deutschland gibt mir alle Möglichkeiten, es ist ein sehr sicheres Land. Die Lebensqualität in Moskau war auch nicht schlecht, du kannst da alles machen.

In Moskau würden Sie vermutlich nicht ohne Personenschutz auskommen.

KFC Uerdingen: Die Trainer von 1970 bis heute
52 Bilder

Die Uerdinger Trainer von 1970 bis heute

52 Bilder
Foto: BRAUER-Fotoagentur/Stefan Brauer

Ponomarev Im neuen Russland ist alles gut. Es ist meine persönliche Entscheidung gewesen, hierher zu kommen. Aus meiner Sicht hatte ich in meiner Heimat alles erreicht.

Was halten Sie von Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten?

Ponomarev Ich bin zufrieden mit der Entwicklung. Wir brauchen etwas mehr ökonomische Verbesserungen, aber die Leute sind stolz, in Russland zu leben. Früher wollten sie einfach nur weg.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort