Deshalb steigt der KFC ab Kaderplanung bedarf diverser Kompetenzen

Krefeld · Was früher nach ein paar Telefonaten erledigt war, ist heutzutage eine überaus komplexe Angelegenheit: die Gewinnung von Spielern und Zusammenstellung eines Teams. Beim KFC Uerdingen hapert es diesbezüglich.

 Beobachten und telefonieren – zwei wichtige Tätigkeiten im Leben des Kaderplaners Uwe Klein.

Beobachten und telefonieren – zwei wichtige Tätigkeiten im Leben des Kaderplaners Uwe Klein.

Foto: Frederic Scheidemann

Bei den Kindern ist es noch recht einfach. „Bring doch deinen Freund mal mit zum Training. Vielleicht macht es ihm auch Spaß, hier zu spielen“, sagt der Jugendtrainer, der froh ist, auf diese Weise seinen Kader zusammen zu bekommen. Wer dann auf welcher Position spielt, entscheidet sich nach den ersten Trainingsstunden.

In der Kreisliga geht auch noch vieles über persönlich Kontakte. Allerdings wird da manchmal schon die Position mit berücksichtigt. „Wir brauchen für die nächste Saison noch ein, zwei Spieler“, heißt es da. Und es ist auch noch recht unproblematisch, wenn dann ein Mittelfeldspieler in der Abwehr aushilft oder in die Spitze vorrückt.

In den höheren Spielklassen ist es nicht mehr damit getan, die Köpfe zusammenzustecken und zu überlegen: welchen Spieler können wir holen. in paar Namen oder Telefonnummern reichen da nicht mehr aus. Kaderplanung heißt das Zauberwort. Der Aufbau einer Mannschaft will durchdacht sein, wobei zunächst einmal Kontakte und Beziehungen vonnöten sind, später das Geld. So haben Top-Klubs inzwischen ein kunstvolles Netzwerk aufgebaut mit einem Kaderplaner und Scouts.

Die leidvolle Erfahrung, was im professionellen Fußball passiert, wenn es an einer Kaderplanung mangelt oder sie – aus welchen Gründen auch immer – schlecht ausgeführt wurde, macht derzeit der KFC Uerdingen. Dem Verein waren aufgrund des inzwischen abgeschlossenen Insolvenzverfahrens lange die Hände gebunden, was Vertragsabschlüsse betrifft. Allerdings konnte er mit Spielern sprechen und auch planen. Er übertrug die Verantwortung jedoch im Senioren- und Profibereich unerfahrenen Mitarbeitern. Die Bilanz: weit abgeschlagen Tabellenletzter.

Uwe Klein ist seit fast drei Jahrzehnten im professionellen Fußball tätig. Er weiß, wie sich dieser Bereich entwickelt hat, wie groß und differenziert das Tätigkeitsfeld inzwischen ist – ein Fulltime-Job. „Die Kaderplanung beginnt immer mit dem eigenen Kader, bevor man über Neue nachdenkt“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Dabei sind zum Beispiel Vertragslaufzeiten, die Altersstruktur oder der Einbau eigener Nachwuchsspieler zu berücksichtigen, die später einen monetären Gewinn darstellen können.“

Jede Mannschaft braucht ein Gerüst oder eine Achse – die bekannteste bildeten wohl in den Siebziger Jahren Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Gerd Müller bei Bayern München. „Natürlich benötigt man für bestimmte, entscheidende Positionen Führungsspieler“, sagt Uwe Klein. „Sie müssen junge Spieler führen und der Mannschaft Stabilität geben.“

Dass neue Spieler eine Mannschaft verstärken sollen, ist immer das Ziel. Solche Verpflichtungen werden nur noch selten kurzfristig vorgenommen. „Fast immer werden relevante Märkte frühzeitig gescoutet“, berichtet Klein. „Die Sichtung bginnt oft ein, zwei Jahre vor der Verpflichtung. Dabei geht es aber nicht nur ums Budget, sondern auch darum, mit Spielern über längere Zeit ins Gespräch zu kommen, um sie für den Verein zu emotionalisieren.“ Auch der ständige Austausch mit Beratern sei notwendig, um frühzeitig Entwicklungen mitzubekommen. Hinzu kommt: „Datenscouting wird immer wichtiger.“ Uwe Klein erklärt all das mit Beispielen aus der Praxis: Wie er über drei Jahre lang Kontakt zu Khaled Narey beim Hamburger SV gehalten hat, bis er ihn für Fortuna Düsseldorf gewinnen konnte oder wie er die Entwicklung von Emmanuel Iyoha begleitet und unterstützt hat, der Schritt für Schritt an das Niveau herangeführt wurde und auf dessen Qualitäten immer vertraut wurde.

Zu einer guten Kaderplanung gehören somit verschiedene Komponenten: Zeit und Geld, ein gutes Auge, Geduld, Empathie, Kontakte und ein Plan. „Es gibt immer eine kurz-, mittel- und langfristige Kaderplanung“, sagt Klein. Die Crux: So viel Zeit und Geduld haben nur wenige – völlig unabhängig von der Liga. Treffende Beispiele sind der SC Freiburg und Hertha BSC Berlin.

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