Hackforth: Euro 2000 entscheidet TV-Perspektive des Fußballs Interview mit dem Kölner Medienwissenschaftler

sid: "Werden im Jahr 2000 und in weiterer Zukunft Informationen auf Abruf das Programmfernsehen ablösen?" Professor Dr. Josef Hackforth: "Die einzelnen Medientypen werden stärker als bisher zusammenwachsen, es wird eine große Vernetzung stattfinden. Der Endpunkt der Vernetzung, der sich momentan bereits abzeichnet, ist das sogenannte Web-TV. In diesem elektronischen Kiosk hat man neben den Programmen, zukünftig etwa 150, auch Möglichkeiten der Informationssuche, der Abfrage aus Datenbanken. Wir müssen uns von der Vorstellung des traditionellen Fernsehens verabschieden, wir bewegen uns hin zu einem multifunktionalen Terminal, auf dem alle Dienste zusätzlich zu Fernsehprogrammen abrufbar sind, jederzeit und ortsunabhängig."

sid: "Werden im Jahr 2000 und in weiterer Zukunft Informationen auf Abruf das Programmfernsehen ablösen?"

Professor Dr. Josef Hackforth: "Die einzelnen Medientypen werden stärker als bisher zusammenwachsen, es wird eine große Vernetzung stattfinden. Der Endpunkt der Vernetzung, der sich momentan bereits abzeichnet, ist das sogenannte Web-TV. In diesem elektronischen Kiosk hat man neben den Programmen, zukünftig etwa 150, auch Möglichkeiten der Informationssuche, der Abfrage aus Datenbanken. Wir müssen uns von der Vorstellung des traditionellen Fernsehens verabschieden, wir bewegen uns hin zu einem multifunktionalen Terminal, auf dem alle Dienste zusätzlich zu Fernsehprogrammen abrufbar sind, jederzeit und ortsunabhängig."

sid: "Was passiert mit dem Sport, in Sonderheit mit dem Fußball. Hat der Fußball eine Zukunft im Web-TV?"

Hackforth: "Im vergangenen Jahrzehnt hat sich gezeigt, dass auch die Marke Fußball anfällig ist, zumindest dann, wenn sie überproportional häufig im Free-TV angeboten wird. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man wie zu Anfang der 90-er Jahre im Tennis, nun dabei ist, mit dem Fußball eine Marke, einen Markenartikel, kaputtzumachen. Die Verantwortlichen müssen für Programmverknappung und für unterschiedliche Verwertungsformen in Free- und Pay-TV sorgen, um den Wert des Fußballs zu erhalten. Wir machen ja heute schon die Erfahrung, dass in der Formel 1 und im Boxen höhere Einschaltquoten erzielt werden als im Fußball. Der Sport insgesamt muss professionell auf diese Herausforderung reagieren, er muss sein Material verwertbar machen für die gesamte Medienpalette."

sid: "Also sollte man die Ware Fußball verknappen und teurer machen?"

Hackforth: "Verknappung auf wichtige Höhepunkte, kein Aufblähen mehr von zweit- oder drittrangigen Ereignissen, und auf der anderen Seite: Die Höhepunkte, die da sind, müssen publizistisch unterschiedlich verwertet und vermarktet werden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich ergebende Möglichkeiten noch gar nicht genutzt werden. Auch das Handy der Zukunft wird ein kleiner Monitor sein, auf dem alles Relevante abrufbar sein muss. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir auch bewegte Bilder im Handy haben werden, nicht mehr nur Bundesligaergebnisse, Tabellen und Börsenkurse."

sid: "Welchen Stellenwert hat für die zukünftige Entwicklung des Fernsehfußballs die EM 2000?"

Hackforth: "Einen sehr großen. Wenn die EM für die Nationalelf so unbefriedigend verläuft wie die WM 1998, dann sehe ich eine starke Desillusionierung für Marktanteile und Sehbeteiligung. Wir sehen im Moment, dass sich auch die Champions League nicht mehr trägt, Bundesliga auch nicht mehr."

sid: "Wie teuer werden die zukünftigen Bundesligarechte?"

Hackforth: "Teurer, ohne jeden Zweifel. Die Zahlen bewegen sich zwischen 300 und 700 Millionen Mark pro Saison, der eine Wert ist zu niedrig, der andere zu hoch. Es wird sich irgendwo dazwischen einpendeln."

sid: "Gehen die Rechte an Murdoch und Kirch?"

Hackforth: "Der Sinn dieser Partnerschaft besteht darin, für Fußball-Ligen oder andere Sportereignise gemeinsame Angebote zu machen. Wir müssen zwei Lager unterscheiden. Auf der einen Seite Murdoch und Kirch, auf der anderen Seite Bertelsmann, Ufa, möglicherweise in Kooperation mit den öffentlich-rechtlichen Anbietern. Hier entwickelt sich eine harte Konkurrenz. Fußball wird nicht mehr refinanzierbar sein, aber das Image des jeweiligen Senders zweifelsfrei anheben. Ich sehe größere Chancen für Murdoch und Kirch, weil dort die Verwertungsketten größer sind."

sid: "Wird das Skispringen eine ernsthafte Konkurrenz für den Fußball?"

Hackforth: "Im Fernsehen werden sich grundsätzlich immer nur ganz wenige Sportarten als publikums- oder massenattraktiv durchsetzen. Früher waren das Tennis und Fußball, gefolgt von wenigen anderen, dann kam Boxen mit Henry Maske und Formel 1 mit Michael Schumacher, nun kommt Martin Schmitt mit dem Skispringen, andererseits beobachten wir die TV-Krise im alpinen Ski. Immer dann, wenn Nationalhelden geboren werden, ist das öffentliche Interesse wie das der werbetreibenden Wirtschaft und des Fernsehens groß."

sid: "Und die Chancen der anderen Sportarten schwinden zusehends?"

Hackforth: "Ja. Das muss für diese Sportarten aber kein Nachteil sein. Es ist zu prüfen, inwieweit die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die dritten und subregionalen Fernsehprogramme die Entwicklung kompensieren können."

sid: "Behalten die Zeitungen zukünftig ihren Stellenwert im Sport?"

Hackforth: "Die Zeitungen behalten ihren Stellenwert, wenn sie sich noch eleganter auf den elektronischen Kiosk einstellen. Zeitungen sind nach wie ortsunabhängig, wann ich wo was wie in der Zeitung lese, bestimme ich ganz allein. Das Angebot der Printmedien muss sich unterscheiden vom elektronischen Angebot, das ist wichtig. Springers Welt hat durch einen veränderten Sportteil die Auflage erhöht, wie vor Jahren auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sollten die Zeitungen dagegen weiter auf Boulevardisierung setzen wie das Fernsehen, werden sie Probleme bekommen."

sid: "Haben kostenlose Tageszeitungen in Zukunft eine Chance, ist der sogenannte Kölner Zeitungskrieg ein Szenario der Zukunft?"

Hackforth: "Die Situation in Köln ist meiner Meinung nach genauso grotesk wie endlich, für die Zukunftsentwicklung von Zeitungen ganz gewiss nicht erheblich. Schwierig bleibt die Situation der Sportzeitschriften. Sports ist eingestellt worden, Sport-Bild und Kicker liefern sich einen harten Zweikampf um Leser und Auflagen. Beide suchen zwischen Tageszeitungen und elektronischen Medien noch nach dem Zukunftsangebot für Sportinteressierte. Meiner Meinung nach müssen beide weg von bunten Bildern und dem Boulevard hin zu mehr investigativem Sportjournalismus, zu mehr publizistischer Qualität und Leistung."

(RPO Archiv)
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