Blatter-Nachfolge Zwanziger: Platini als Präsident ist Unsinn

Düsseldorf/Paris · Nach dem Rücktritt von Joseph Blatter machen vor allem zwei Franzosen bei der Fifa Schlagzeilen.

Sepp Blatter: 17 Jahre an der Spitze der Fifa
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Das ist Sepp Blatter

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Foto: dapd, Alessandro Della Bella

Der eine ist ehemaliger Nationalspieler und Vollblutfußballer, dem anderen wird keine große Begeisterung für den Fußball nachgesagt: Michel Platini und Jérôme Valcke könnten kaum unterschiedlicher sein. Die beiden Franzosen stehen nach dem Rücktritt von Fifa-Chef Joseph Blatter im Mittelpunkt. Valcke, weil er als Blatters rechte Hand zehn Millionen Dollar Schmiergeld für die Vergabe der WM 2010 nach Südafrika gezahlt haben soll. Und Platini, weil er als Blatters zuletzt lautester Kritiker nun dessen Nachfolger werden könnte.

Für den 1960 geborenen Valcke dürfte die Karriere dagegen zu Ende sein. Denn der hochgewachsene Sportmanager galt als "Blatters Schatten". "Was auch immer Blatter von mir wollte, habe ich gemacht. Wir haben also eine enge Beziehung", sagte er 2007 der britischen Zeitung "The Independent". Der Schweizer hatte den ehemaligen Journalisten des französischen Fernsehsenders Canal+ 2003 als Marketingdirektor zur Fifa geholt. Drei Jahre später musste Valcke allerdings seinen Hut nehmen, denn er hatte Geheimverhandlungen mit der Kreditkartenfirma Visa geführt, die Sponsor für die WM werden sollte. Das brachte dem Weltfußballverband Probleme mit dem traditionellen Partner MasterCard ein, an den die Fifa 90 Millionen Euro Schadensersatz zahlen musste.

Wie eng Blatter und Valcke miteinander verbunden waren, zeigt nun Blatters Rücktritt. Denn der Schritt erfolgte ausgerechnet nachdem die "New York Times" Valcke als jenen hochrangigen Fifa-Funktionär ausgemacht hatte, der das Zehn-Millionen-Dollar-Geschäft organisierte. Nachdem Valcke wegen dieser Bestechungsvorwürfe aus dem Rennen um das Amt des Fifa-Chefs ausscheidet, werden die Stimmen für Platini lauter.

Der Sohn eines italienischen Einwanderers sitzt als Uefa-Präsident seit 2007 fest im Sattel. Nachdem der 59-Jährige 1998 die Wahl Blatters an die Fifa-Spitze unterstützt hatte, organisierte er vergangene Woche den europäischen Widerstand gegen den Schweizer, dessen Rücktritt er forderte - "mit Tränen in den Augen". Damit ist "Platoche" automatisch auch für die Blatter-Nachfolge in aller Munde. Allerdings hat der einstige Kapitän der französischen Nationalmannschaft nicht nur Freunde.

Theo Zwanziger, bis vergangene Woche Mitglied des Exekutivkomitees der Fifa, zeigte sich erleichtert über den Rücktritt von Joseph Blatter als Präsident des Weltverbands: "Ich bin froh, dass es so gekommen ist", sagte Zwanziger im Gespräch mit unserer Zeitung. Gleichwohl machte der 69-Jährige deutlich, was er über eine mögliche Kandidatur von Michel Platini für das höchste Amt im Weltfußball denkt: "Das halte ich für Unsinn. Jemand, der für die Austragung des WM-Turniers in Katar gestimmt hat, kann nicht Fifa-Präsident werden. Diese Vergabe hat schließlich erst für den Sündenfall gesorgt, der mit zu den aktuellen Entwicklungen geführt hat", sagte Zwanziger. Platini stimmte damals für Katar, kurz bevor sein Sohn einen Job bei der Firma Qatar Sports Investment bekam.

Neben Platini und Valcke geistern seit Blatters Rücktritt aber auch einige Fantasienamen durch die Sportwelt. So wünscht sich etwa Venezuelas Staatschef, Nicolás Maduro, seinen Kumpel Diego Maradona als kommenden Fifa-Herrscher. Brasiliens Legende Zico sagte zu einer eigenen möglichen Kandidatur nur lakonisch: "Warum nicht?". Sogar Prince William wird als amtierender Präsident des englischen Fußballverbandes FA ins Spiel gebracht. Und so mancher wünscht sich die erste Frau auf dem Fifa-Thron. Eine mögliche Kandidatin ist Karen Espelund, derzeit Mitglied im Uefa-Exekutivkomitee.

Theo Zwanziger hält indes nichts von den zahlreichen Spekulationen um eine mögliche Blatter-Nachfolge: "Die Frage ist jetzt nicht, wer neuer Präsident wird, sondern wie die Strukturen in der Fifa geändert werden können, damit sich der Verband öffnet." Ein besonderes Gewicht erhofft sich Zwanziger von den europäischen Vertretern in der Fifa. "Die Uefa muss klare ethische Grundlagen schaffen. Ich hoffe, dass die Öffentlichkeit endlich beginnt, Druck auf die Uefa zu machen, damit sie zum Handeln gezwungen wird."

(RP)
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