Selbstbewusstes Pöbel-Interview Schwedens Rooney ist auch ein Ibrahimovic

Prag · Schweden hat im Halbfinale der U21-EM "zlataniert" und anschließend Deutschland-Bezwinger Portugal besiegt. Das Selbstbewusstsein der Skandinavier verkörpert Torjäger John Guidetti – ein echtes Original.

 John Guidetti mangelt es keineswegs an Selbstbewusstsein.

John Guidetti mangelt es keineswegs an Selbstbewusstsein.

Foto: Screenshot YouTube

Schweden hat im Halbfinale der U21-EM "zlataniert" und anschließend Deutschland-Bezwinger Portugal besiegt. Das Selbstbewusstsein der Skandinavier verkörpert Torjäger John Guidetti — ein echtes Original.

Sein Name ist Guidetti, John Alberto Fernando Andres Luigi Olof Guidetti. Als seine Eltern im Jahr 1992 ihren Sohn taufen mussten, konnten sie ja nicht ahnen, dass 23 Jahre später Zlatan und Wayne auch gut passen würden. Guidetti wird aufgrund seiner bulligen Erscheinung als "schwedischer Rooney" bezeichnet. So wie er nach dem 4:1 im Halbfinale die Dänen verbal demontierte, fühlten sich zudem viele an Guidettis Landsmann Ibrahimovic erinnert.

Das Spiel hatte Guidetti so elektrisiert, dass er den Reporter mit einem Bodycheck begrüßte und anschließend kumpelhaft den Arm um seine Schultern legte. "Es scheint kein Ende zu nehmen. Und es fühlt sich sehr gut an", gab Patrick Ekwall direkt einmal den Tenor der folgenden Interview-Minute vor. Dagegen ist ARD-Duzmaschine Waldemar Hartmann ein kritischer Investigativjournalist.

"Ja, es ist Zeit für sie, nach Hause zu fahren", schickte Guidetti ein paar Grüße an Gegner Dänemark. "Man kann wohl nicht sagen, dass wir leicht zu spielen sind, wenn man 4:1 gegen uns verliert. Das ist ein bisschen peinlich." Ekwall kam gar nicht mehr zu Wort. "Wir lassen sie reden, wir lassen sie reden, wir lassen sie sagen, was sie nötig haben. Aber am Ende kommt es darauf an, Ergebnisse zu zeigen. Sie haben nur geredet und nichts gezeigt." Tatsächlich hatten die Dänen in ihrer Vorrundengruppe sogar das — man erinnert sich — damals hochgelobte deutsche Team hinter sich gelassen. Schweden dagegen war erst durch ein Tor in der 89. Minute weitergekommen.

"Warum haben wir gewonnen? Wir waren überlegen, total überlegen", kam der Reporter doch noch einmal zu Wort. "Das war das schlechteste Team, auf das wir bei der EM getroffen sind", brachte Guidetti als einfachste aller möglichen Erklärungen. Alles in einem Ton, gegen den Pierre-Michel Lasogga noch diplomatisch rüberkommt, wenn er in Rage ist.

"Du solltest nicht sauer sein, sondern glücklich", stellte der Interviewer klar. "Ich bin super glücklich!", versicherte Guidetti. "Wir sind die besten im Norden!" Der Rest ging in einem Jubelgesang über Teamkollege Alexander Milosevic unter, der die schwedische Feiergruppe erweiterte.

Das Interview in voller Länge (möglicherweise müssen Sie die englischen Untertitel erst aktivieren über das Zahnrad rechts unter dem Video):

Nach dem Finalerfolg gegen Portugal im Elfmeterschießen waren Guidettis Gesten eher still, aber mindestens so wirkungsvoll. Wer die Vorgeschichte nicht kannte, konnte es ein wenig befremdlich finden, wie die siegreichen Schweden mit militärischen Gruß für ein Foto posierten. Bei einer U21 liegt eine infantile Erklärung nahe: Sie hatten nicht damit angefangen.

In den Play-offs im vergangenen Herbst kassierten die Schweden gegen Frankreich nach dem 0:2 im Hinspiel kurz vor Schluss das 3:1 — aufgrund der Auswärtstorregel wären die Franzosen zur EM nach Tschechien gefahren. Torschütze Layvin Kurzawa salutierte vor Guidetti, der ihn mit erhobenem Zeigefinger ermahnte. Nur eine Minute später gelang Oscar Lewicki das entscheidende 4:1. Dank zweier Turniertore von Guidetti, der im Elfmeterschießen gegen Portugal zudem sicher traf, haben sich die Schwedens überraschend zur besten U21 des Kontinents salutiert. Ohne bahnbrechendes System, ohne Supertalente.

Ach übrigens, lieber HSV und Co.: Guidetti ist ablösefrei zu haben. Einen griffigen Werbespruch pinselten schwedische Fans auf ein Transparent: "No Guidetti — No Confetti."

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