Sensationelles Eckentor des Deutschen Schlitzohr Kroos verzückt „den ganzen Planeten“

Düsseldorf · Toni Kroos glänzt beim spanischen Supercup mit einer Zauber-Ecke - und keiner sieht's. Spanische TV-Sender verzichten wegen des Austragungsortes Saudi-Arabien auf eine Übertragung

 Toni Kroos.

Toni Kroos.

Foto: dpa/Amr Nabil

Für seine Zauber-Ecke Marke "Tor des Jahres" genügte Schlitzohr Toni Kroos ein einziger Schritt Anlauf. Torhüter Jaume Domenech vom FC Valencia war am Fünfmeterraum gerade dabei, seine Abwehr zu dirigieren, als der Maestro von Real Madrid kurzentschlossen kunstvoll schoss - und traf! Ein "Geniestreich", schwärmte nicht nur Real-Trainer Zinedine Zidane.

"Bravo, Toni, was für ein Tor!", twitterte Kroos' Weltmeisterkollege Thomas Müller, NBA-Jungstar Luka Doncic schickte zwei Zauberer-Zylinder, und die Madrider Sportzeitung AS schwärmte: "Ein Tor so schön wie schlau. Von dieser Ungeheuerlichkeit spricht der ganze Planet!"

Dass es so geklappt habe, "ist sicher sehr ungewöhnlich", sagte Kroos bei Sport1, "aber der Schuss ist nicht der Allerschwerste". Wobei: Ein "Gol Olimpico", wie direkt verwandelte Ecken in Spanien genannt werden, war im Real-Trikot zuletzt Davor Suker im Dezember 1997 gelungen.

Doch das Wunderwerk des Nationalspielers zur 1:0-Führung (16.) beim 3:1 Reals im Halbfinale des spanischen Supercups hatte einen kleinen Schönheitsfehler: Live war es im spanischen TV nicht zu sehen. Staatssender RTVE hatte unter ausdrücklichem Verweis auf die Menschenrechtslage im Austragungsland Saudi-Arabien auf einen Rechteerwerb verzichtet, Privatsender schlossen sich an. Und obwohl die Königlichen um Kroos laut Hausblatt Marca schön "wie aus 1001 Nacht" spielten, wurden die Kritiker bestätigt.

Der spanische Verband habe sich mit der angeblich 120 Millionen Euro schweren Vergabe des reformierten Turniers an Saudi-Arabien bis 2022 einer "Schande" schuldig gemacht, kommentierte das Blatt Super Deporte aus Valencia: "Alles war sogar noch viel schlimmer als befürchtet." Das Blatt kritisierte, dass sich Luis Rubiales, Chef des spanischen Verbandes RFEF, auf der Tribüne des King Abdullah Sports City Stadiums in Dschidda mit lokalen Würdenträgern gezeigt hatte. "Glückwunsch, Rubiales", lautete eine Schlagzeile.

Der Verbandsboss versäumte nicht, sich der Kritik auch aus dem Netz via Twitter entgegenzustellen. Die Nörgler dächten nur daran, der Sache "mit destruktiven Zuschreibungen zu schaden", schrieb er: "Dieser Supercup ist besser als der vorherige, der wenig Bedeutung hatte." Mit den um ein Vielfaches gesteigerten Einnahmen könne der Verband außerdem niederklassigen Klubs oder dem Frauenfußball helfen. Im Finale kommt es zum Stadtderby: Atletico Madrid setzte sich am Donnerstagabend gegen den FC Barcelona 3:2 (0:0) durch.

Schon im Vorfeld hatte der umtriebige Funktionär vom "Cup der Gleichheit" gesprochen, weil Frauen zu den Spielen kostenlos Eintritt in die Stadien erhalten. Man wolle helfen, "das Land zu transformieren". Regina Spöttl von Amnesty International sagte dagegen der Zeit, in Saudi-Arabien passiere "in Bezug auf die Menschenrechte gar nichts". Die spanische Politik erklärte sich auf Nachfrage für nicht zuständig. "Ich habe keine Meinung, ich bin Basketballer", sagte Ministerpräsident Pedro Sanchez.

In Valencia riefen Fans auf Bannern zum Boykott des Supercups auf, keine 30 Anhänger des Pokalsiegers sollen in Dschidda vor Ort gewesen sein. Die offiziell 40.877 Zuschauer wirkten im Stadion, das über 62.000 Plätze bietet, verloren.

Kritik gibt es auch am neuen Modus, weil neben Cupsieger Valencia und Meister FC Barcelona auch die Madrider Klubs Real und Atletico teilnehmen dürfen, obwohl sie in der vergangenen Saison keinen Titel holten. Das, entgegnete Rubiales, sei doch in der Champions League nicht anders.

"Letztlich ist es doch so: Fußball ist ein Geschäft geworden und trachtet nach Einnahmen", sagte Barca-Coach Ernesto Valverde vor dem zweiten Halbfinale am Donnerstagabend gegen Atletico, "deshalb sind wir alle hier".

(pabie/sid)
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