"hw4" genießt Ruhe und Frieden Westermann: "Hamburg und ich brauchten einen Tapetenwechsel"

Nach bewegten Jahren beim HSV fühlt sich Heiko Westermann in Spanien pudelwohl - obwohl "hw4" momentan verletzt ist.

Heiko Westermann im Porträt
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Das ist Heiko Westermann

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In Hamburg war er zugleich Kultfigur wie Reizfigur und Sündenbock. Umso mehr genießt Heiko Westermann nun in Sevilla seine Ruhe und seinen Frieden. "Jetzt habe ich wieder Spaß am Fußball", sagt der 32-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Zuletzt war ich ein bisschen eingefahren und eingeschränkt."

Schmutzige Wäsche waschen ist nicht die Sache des Heiko Westermann. Er betont, dass mit dem HSV "alles im Reinen" ist und er "zu den Verantwortlichen ein Super-Verhältnis" hat. Doch wie sehr die fünf emotionalen Jahre ihn beschäftigt haben, ist deutlich zu spüren. Im Sommer sei für ihn früh klar gewesen, "dass der Weg nicht weitergeht", sagt er: "Hamburg wie ich brauchten einen Tapetenwechsel."

In der Hansestadt sei er "erwachsen geworden", sagt der Franke diplomatisch: "In Hamburg haben sich die Geister an mir geschieden. 50 Prozent waren für mich, 50 Prozent gegen mich." Beschäftigt habe ihn das schon. "Ich weiß nicht, ob man sich als Fußballer davon freimachen kann", erklärt er: "Im Hinterkopf spielt das immer eine Rolle. Aber man ist Profi genug."

In Sevilla ist er nicht mehr "hw4", der Kultfußballer, an dem sich auch viele reiben. Er trägt nicht einmal die 4. "Das war mir nicht wichtig", erklärt er: "Hamburg war ein Abschnitt im Leben, nun bin ich in einem anderen." Den er ganz bewusst als Neuanfang (er)lebt. Der Hype um "hw4", vom Verein erfunden, war für ihn "eine schöne Sache und sehr emotionale Geschichte", die "Wellen geschlagen, mit denen keiner gerechnet hat".

Während andere versuchen, krampfhaft eine Marke zu werden, wollte Heiko Westermann diesen Stempel eher loswerden. "Ich bin nicht der Typ dafür", sagt er: "Ich habe nie darüber nachgedacht, wie ich mich am besten vermarkte." Was nicht an mangelnder Selbstironie liegt. 2014 machte er gar einen Rap-Song namens "Ich bin hw4". "Super" und "lustig" sei das gewesen, berichtet er: "Wer hat schon die Möglichkeit, sowas zu machen? Es ist doch lustig, eine Platte zu haben."

Ein Vorteil in Spanien: "Ich bekomme hier nicht so viel mit." Wegen mangelnder Spanischkenntnisse liest er kaum Zeitungen: "In Hamburg habe ich alles mitbekommen." Doch in Sevilla könnte er dies bedenkenlos tun. Eine Reizfigur ist er hier nicht. In der wärmsten Stadt Europas ist er im positivsten Sinne ein normaler Fußballer. Er ist beliebt. In der Stadt muss er für viele Selfies posieren, alle sind ihm wohlgesonnen. Und die Zahlen sprechen für ihn: In 14 Spielen mit ihm kassierte Betis 14 Tore, in sieben ohne ihn 15.

"Ich fühle mich sehr wohl", sagt er: "Außer, dass ich aktuell verletzt bin (eine Kapselverletzung und Knochenödem, d. Red.), ist alles top." Eine Rückkehr in die Bundesliga kann er sich "momentan nicht vorstellen", einem zweiten Comeback in der Nationalmannschaft würde sich der 27-malige Nationalspieler (zuletzt 2013) aber nicht widersetzen: "Wenn ich super Spiele mache und der Bundestrainer anruft, bin ich der Letzte, der nicht sofort da ist."

Erstmal will er mit Betis die Klasse halten, Spanisch lernen, dann "vielleicht länger" dort spielen und leben. "Ich würde aber auch gerne nochmal ein Jahr in die USA gehen." Nur den Hype um seine Person, den braucht er nicht mehr.

(sid)
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