Ex-Trainer wird 75 Sepp Piontek: Ein Deutscher machte Dänemark vom Witz zum Gegner

Kopenhagen · Deutscher Haudegen "mit einem lustigen Akzent": In seiner Wahlheimat Dänemark ist der Ex-Fußballtrainer Sepp Piontek ein Volksheld. Als Coach des Nationalteams zündete er "Danish Dynamite".

Ex-Trainer wird 75: Sepp Piontek: Ein Deutscher machte Dänemark vom Witz zum Gegner
Foto: dpa, hrad sm jai

"Lass es nur keinen Deutschen werden", denkt der dänische Fußball-Profi Preben Elkjær Larsen, als für das Nationalteam 1979 ein neuer Trainer gesucht wird. Pech für den Stürmer, denn genau das tritt ein: Werder Bremens früheres Abwehr-Ass Sepp Piontek wird Chefcoach der Elf. Mit beinharter Disziplin formt er aus der Truppe um Elkjaer, Morten Olsen und Michael Laudrup ein Spitzenteam - und erobert nebenbei die Sympathie einer Nation: Als Piontek viele Jahre später in einer Fernsehshow in Dänemarks "Hall of Fame" des Fußballs aufgenommen wird, kündigt ihn der Moderator als "meistgeliebten Deutschen auf dänischem Boden" an. Am Donnerstag wird Piontek 75.

"Du hast den dänischen Fußball von einem Witz zu einem Gegner gemacht, den alle ernst genommen haben", sagte Ex-Stürmer Elkjaer bei der Ehrung über den Deutschen, der Dänemarks Fußball zu einem Markenzeichen machte. 1983 überrumpelte das kleine Land den Fußball-Riesen England mit 1:0, qualifizierte sich überraschend für die Europameisterschaft in Frankreich und schied erst im Halbfinale nach Elfmeterschießen gegen Spanien aus. Der Begriff "Danish Dynamite" war geboren.

1986 in Mexiko nahmen die Dänen unter Piontek erstmals an einer Weltmeisterschaft teil, schlugen in der Vorrunde Deutschland mit 2:0 und schafften es bis ins Achtelfinale. Dort war allerdings Spanien beim 1:5 Endstation. Als Piontek 1990 als Coach ausschied, hatte der gebürtige Breslauer bei den Nordlichtern Kultstatus erreicht. Und zugleich die Basis gelegt für den größten Triumph im dänischen Fußball: Den EM-Titel 1992 unter Piontek-Nachfolger Richard Möller-Nielsen.

"Es ist schwer, auf den dänischen Nationalmannschaftsfußball zu gucken, ohne an einen kleinen, etwas rundlichen Deutschen mit einem lustigen Akzent zu denken", schrieb die Zeitung "Kristeligt Dagblad" zu seinem letzten runden Geburtstag. Das ist wohl auch der Grund, weshalb man Piontek immer mit "Danish Dynamite" in Verbindung bringt, obwohl er sich zuerst woanders einen Namen gemacht hatte.

Ganze zwölf Jahre lang stand Piontek als Spieler in den Anfangszeiten der Bundesliga in Bremens Defensive. Mit ihm in der "Beton-Abwehr" gewann das Team von der Weser 1965 seine erste Meisterschaft. Als eine Verletzung seine aktive Karriere stoppte, machte Piontek den Trainerschein. Mit mäßigem Erfolg coachte er erst Bremen, dann Fortuna Düsseldorf, das Nationalteam Haitis und den FC St. Pauli, bevor es ihn in den Norden zog - und er sich in Dänemark verliebte.

Statt Josef Emanuel Hubertus Piontek war er hier von Anfang an schlicht "Sepp". Und vom ersten Tag an habe er auch "eine Art Dänisch" gesprochen, sagt sein Ex-Schützling Elkjaer scherzhaft. Piontek scherte sich nicht darum, wie holprig die Sprachkenntnisse zunächst waren. Er vereinte beides in sich: Deutsche Disziplin und dänische Gelassenheit. Und wird auch viele Jahre später nicht müde, von der Mentalität in seiner Wahlheimat zu schwärmen: "Ich liebe Dänemark mit all seinen Menschen", sagte er bei der Aufnahme in die "Hall of Fame" des Fußballs. Mit seiner dänischen Frau lebt "Sepp" heute auf der Insel Fünen.

(dpa)
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