Sperre gegen Blatter und Platini Fifa-Skandal erlebt nächsten Höhepunkt

Zürich · Der Weltfußballverband schließt seinen Präsidenten Sepp Blatter und dessen Stellvertreter, den Uefa-Chef Michel Platini, für 90 Tage von allen nationalen und internationalen Aktivitäten aus.

Reaktionen zu Sperren von Blatter und Platini
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Foto: afp

Der Korruptionsskandal im Weltverband (Fifa) erlebt seinen nächsten Höhepunkt. Am Donnerstag sperrte die Ethikkommission des Weltverbands Fifa-Präsident Sepp Blatter und den Präsidenten der europäischen Fußball-Union (Uefa), Michel Platini. 90 Tage lang sind beide Funktionäre "von der Teilnahme an allen nationalen und internationalen Aktivitäten ausgeschlossen". Die Sperre steht auf jeden Fall in Zusammenhang mit den Ermittlungen der Schweizer Staatsanwaltschaft. Im Strafverfahren gegen Blatter geht es um den Vorwurf "ungetreuer Geschäftsbesorgung" und "treuwidriger Zahlung".

Die beiden Top-Funktionäre sind wegen eines seltsamen Geschäftsvorgangs zwischen der Fifa und Platini offenbar in Erklärungsnot geraten. 2011 überwies der Verband rund 1,8 Millionen Euro an den Uefa-Präsidenten. Das sollen Honorare für "Dienste in den Jahren 1999 bis 2002" gewesen sein. Zum einen taucht diese Summe nach Informationen der "Schweizer Sonntagszeitung" in den Fifa-Bilanzen gar nicht auf, zum anderen sind die Erklärungsversuche von Blatter und Platini nach Meinung von Beobachtern dürftig: Zunächst einigten sich die beiden auf die Formulierung, sie hätten die Zahlung schlicht vergessen. Dann fiel Platini ein, er habe 2002 auf die Überweisung wegen der schlechten Finanzlage der Fifa verzichtet. Das stimmt offenbar nicht — Blatter verkündete 2002 einen Gewinn von gut 100 Millionen Euro. Hinzu kommt die für die Ermittler bemerkenswerte Tatsache, dass Platini 2011 bei den Uefa-Mitgliedsverbänden für die Wiederwahl Blatters an der Fifa-Spitze warb.

Blatter und Platini wehren sich gegen Vorwürfe

Beide wehren sich gegen die Anschuldigungen. Platini wetterte gegen "den Versuch, meinen guten Ruf zu beschädigen". Die Vorwürfe seien "bloßer Anschein und erstaunlich vage", fügte er hinzu. Blatter ließ erklären, er freue sich auf drei Monate Urlaub, um dann die Geschäfte wiederaufzunehmen.

Es sieht nicht so aus, als wenn es dazu kommen könnte. Aus Politik und Fußball werden die Rufe nach einem sofortigen Rücktritt Blatters immer lauter. Am Donnerstag schloss sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach an. Und er rückte von Platini ab, dessen Kandidatur als Fifa-Präsident der DFB im Februar 2016 eigentlich stützen wollte. "Auch Platini muss bedenken, ob er seine Kandidatur aufrechterhalten will", sagte Niersbach im Quartier der deutschen Nationalmannschaft, die am Donnerstag in Dublin gegen Irland spielte und 0:1 verlor.

Viele halten Niersbach nun für den geeigneten Mann, der den korrupten Weltverband sanieren könnte. Einen Reformkatalog hat er bereits im Juni vorgelegt, als Blatter unter dem Druck der Ermittlungen von Schweizer und US-Behörden seinen Rücktritt für das Frühjahr 2016 ankündigte. Als vorgezogene Regierungserklärung wollte Niersbach sein "Zehn-Punkte-Programm", das er in einem offenen Brief an die DFB-Mitglieder unterbreitete, nicht verstanden wissen. Auch am Donnerstag wies er Ambitionen auf die Fifa-Präsidentschaft zurück. "Hier geht es darum, dass ein neuer Geist einzieht und die Dinge, die uns über Jahre belasten, nicht mehr vorkommen", sagte Niersbach.

Dazu ist eine grundsätzliche Reform notwendig. Die Ermittlungen der Schweizer Staatsanwälte und der US-Behörden, die Ende Mai während des Fifa-Kongresses in Zürich neun hohe Fußball-Funktionäre festnehmen ließen, geben die Handhabe dazu: Die Behörden haben den Reformprozess in Gang gesetzt. Blatters Fifa hatte ihn nach Meinung von Experten nie richtig angestoßen.

(pet)
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