Ex-Fußballer Roberto Carlos' Name taucht in Dopingakte auf

Sao Paulo · Dem brasilianischen Spitzensport droht ein Dopingskandal, der möglicherweise auch ehemalige Fußball-Nationalspieler und Olympiamedaillengewinner des Landes erfasst.

 Roberto Carlos (Archiv).

Roberto Carlos (Archiv).

Foto: dpa

Fußballstar Roberto Carlos steht nach Recherchen der ARD-Dopingredaktion als Spieler des Weltmeisterteams von 2002 im Verdacht, Patient eines Arztes gewesen zu sein, der Doping bei Sportlern praktiziert.

Die Recherche ist Teil der neuen Folge der ARD-Reihe Geheimsache Doping mit dem Titel "Brasiliens schmutziges Spiel", die am Samstagabend ausgestrahlt wurde. Darin geht es auch um mutmaßliche Versäumnisse und Unregelmäßigkeiten in der Dopingbekämpfung im Gastgeberland der letzten Fußball-WM und Olympischen Spiele.

Der Name des Weltstars Roberto Carlos steht in einem Dossier, das die brasilianische Anti-Doping-Agentur ABCD 2015 an die Staatsanwaltschaft von Sao Paulo übergeben hatte. Der mehr als 200 Seiten starke Bericht liegt der ARD-Dopingredaktion vor. Er dokumentiert detailliert die zweifelhaften Praktiken des Arztes Júlio César Alves.

Der Bericht zitiert dabei auch eine Person, die selbst Patient bei Alves war, und die gegenüber der Anti-Doping-Agentur als Zeuge ausgesagt hatte, im Juli 2002 Roberto Carlos in der Praxis von Alves gesehen zu haben. In einem Video, das von dem ARD-Team verdeckt gedreht wurde, behauptet der Mediziner Alves zudem selbst, dass er Roberto Carlos bereits im Alter von 15 Jahren behandelt habe. Er habe "die Oberschenkel von Roberto Carlos zu dem gemacht, was sie heute sind". Das Management von Roberto Carlos teilte nach mehrmaliger ARD-Anfrage mit, Carlos wolle sich zu den Recherchen nicht äußern.

Alves behauptet unterdessen weiter, dass er bis heute mit vielen Topsportlern zusammenarbeite, darunter immer wieder Profifußballer aus Brasilien und dem Ausland. Lockvögeln der ARD-Dopingredaktion verkaufte der Mediziner für knapp 3000 Euro kiloweise hochwirksame und gesundheitsgefährdende Hormonpräparate, die auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stehen. Anfragen zu einer möglichen Zusammenarbeit von Spielern der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft mit dem verdächtigen Arzt ließ der nationale Fußballverband CBF unbeantwortet.

Dass Alves offenbar Sportler gezielt mit Dopingmitteln versorgt, ist in Brasilien eigentlich seit Jahren bekannt. Bereits 2002 und 2013 prahlte der Arzt öffentlich mit seinem vermeintlichen Kundenstamm aus Olympiateilnehmern und Fußball-Nationalspielern. So behauptete er im brasilianischen Fernsehen, Olympia-Athleten mit Dopingsubstanzen zu behandeln. Zudem seien zwei Fußballer aus der Selecao im Vorfeld der Heim-WM 2014 bei ihm in Behandlung gewesen.

Brasiliens Sport war kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Rio bereits unter Generalverdacht geraten. Die WADA hatte bestätigt, dass im größten Land Südamerikas im Vorfeld der Spiele bei "führenden Athleten" keine Dopingtests mehr vorgenommen worden seien - auch auf Druck staatlicher Stellen.

Brasiliens langjähriger Anti-Doping-Chef Marco Aurelio Klein erklärte dem ARD-Rechercheteam nun, dass es in Brasilien sogar viele Monate überhaupt keine Tests mehr gegeben habe. Demnach wurde Anfang Juli 2015 die letzte unangemeldete Trainingskontrolle der brasilianischen Anti-Doping-Agentur durchgeführt. "Danach wurde ihr im November sogar die Zulassung entzogen und sie konnte dann gar keine Tests mehr machen. (...) Das ist wirklich eine schreckliche Situation", erklärte Klein.

Luis Horta, der die Anti-Doping-Agentur zwei Jahre lang vor den Spielen beraten hatte, führte aus, dass auch das Nationale Olympische Komitee Brasiliens Druck ausgeübt habe. Horta: "Vor den Olympischen Spielen wurden wir unter Druck gesetzt, keine unangekündigten Dopingkontrollen durchzuführen. Ich habe erkannt, dass sie nicht dasselbe Ziel haben. Sie wollen Medaillen, Medaillen, Medaillen. Egal, ob sauber oder nicht."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort