Blazer, Warner, Webb und Co. Die Spinnen im Fifa-Netz

Düsseldorf · So beginnen Mafia-Filme. Ein voluminöser Mann, weißer Rauschebart, ein viel zu enges Hemd, rollt im Elektro-Scooter ganz gemächlich durch Downtown, New York City. Der Dicke war einst mächtig, seine Partner und Gehilfen nannten ihn ehrfürchtig "Mister 10 Prozent", weil er konsequent unter dem Tisch die Hand aufhielt. Häufig sitzt auf seiner Schulter ein Ara.

Das ist Jack Warner
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Foto: dpa

Auf offener Straße wird der Mann von FBI-Agenten zur Seite gebeten. Es ist Chuck Blazer: der Kronzeuge, der den Schmutz im Fußball-Weltverband nach oben kehrte. Der "Auspacker", der am Sturz von Joseph S. Blatter erheblichen Anteil hatte, vor dem zwielichtige Funktionäre auf der ganzen Welt zittern. Der US-Amerikaner Blazer hat das alles nicht gemacht, um die (Fußball-)Welt besser zu machen. Er will nur seine eigene Haut retten.

Es gibt derart viele Geschichten über den 70-Jährigen, der als "Whistleblower" der US-Justiz mit in die Geschichte des unsäglichen Fifa-Skandals eingehen wird, dass sich selbst die Drehbuch-Schreiber aus Hollywood über Jahre bedienen könnten. Es geht um Korruption, Unsummen in Umschlägen, übergeben in karibischen Luxushotels, abgehörte Gespräche, verschobene WM-Turniere.

Chuck Blazer war mittendrin, gemeinsam mit seinem Komplizen, dem langjährigen Fifa-Vize Jack Warner aus Trinidad und Tobago, der auch im Dunstreis der deutsche WM-Affäre auftaucht. Beide waren Meister des Filzes, die Spinnen im Netz — bis das FBI Blazer vor etwa fünf Jahren am Haken hatte. Das Druckmittel gegen Charles Gordon Blazer, geboren zwölf Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs: eine Anklage wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Seitdem fallen die Korrupten im Weltverband wie die Fliegen.

Als an jenem 27. Mai 2015 in Zürich sieben Funktionäre verhaftet wurden, geschah das im Auftrag der US-Justiz, die Anklageschrift liest sich wie das Who-is-Who der Kontinentalverbände für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik Concacaf und Südamerika Conmebol. Unter ihnen auch Jeffrey Webb von den Kaimaninseln. Der Ex-Concacaf-Präsident war einer der ersten, der einer Auslieferung in die USA zustimmte, er plädierte dort auf nicht schuldig und ist gegen Kaution auf freiem Fuß. Es riecht nach einem Deal. Seitdem zittern die Verbrecher vor einem "Blazer 2.0".

Die Liste der Zwielichtigen könnte ständig erweitert werden. Natürlich steht da der Namen Mohamed Bin Hammam, der Skandal-Funktionär und Strippenzieher aus Asien, der die Fifa mit seinem schmutzigen Geschäften in den Abgrund zog und der wie kein Zweiter für den dunklen Schatten über der WM 2022 in Katar steht. Oder der Brasilianer Jose Maria Marin und Eugenio Figueredo aus Uruguay. Alle stehen auf den FBI-Listen — auch "dank" Blazer.

Weil das trotz der traurigen Realität natürlich der Stoff für das große Kino ist, sicherten sich im vergangenen Jahr Oscar-Preisträger Matt Damon und Ben Affleck mit ihrer Produktionsfirma Pearl Steet Films die Rechte am 2017 erscheinenden Buch "House of Deceit (Haus des Betrugs") des US-Journalisten Ken Bensinger. Hauptthema ist "Mr. Ten Percent".

(sid)
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