Marcello Lippi wird 70 Taktik-Genie und Weltmeister

Taktik-Genie mit harten Methoden und Weltmeister 2006 in Berlin: Der Italiener Marcello Lippi feiert am Donnerstag seinen 70. Geburtstag. Beruflich hat es den Italiener inzwischen nach China verschlagen.

 Marcello Lippi.

Marcello Lippi.

Foto: afp, ZQ

Das große Vorbild von Marcello Lippi heißt Jean-Paul Belmondo. "Ich habe beschlossen, mein ganzes Leben lang 50 Jahre alt zu sein", lautet das Moto des französischen Schauspielers, und genau so hält es auch der italienische Weltmeister-Trainer, der am Donnerstag seinen 70. Geburtstag feiert. "Ich fühle mich wie mit 55. Das Alter ist nur eine Frage der Gesundheit", sagt der Coach mit der weißen Haarpracht, der derzeit als Nationaltrainer in China sein Geld verdient.

Hinter Lippi liegt ein Leben, das einer Verfilmung würdig wäre. Seine Kindheit verbrachte der kleine Marcello im toskanischen Viareggio. "Sechs Monate lang spielten wir Fußball am Strand, sechs Monate im Pinienwald. Leider bin ich zu wenig in die Schule gegangen", sagt Lippi. Nach seiner Karriere als Serie-A-Profifußballer bei Sampdoria Genua und Pistoiese debütierte er 1985 beim toskanischen Klub Pontedera als Coach. 1992 wechselte er zu Atalanta Bergamo, 1993 trainierte er den SSC Neapel, von 1994 bis 1999 Juventus Turin.

Keine andere Mannschaft prägte das Bild der Serie A Mitte der 1990er Jahre so sehr wie der von Lippi betreute Rekordmeister Juventus. Während seines ersten Engagements in Turin gewann Lippi nicht nur dreimal die Meisterschaft (1995, 1997, 1998), sondern 1996 auch die Champions League. Bis zu seinem Rücktritt im Februar 1999 führte er Juventus zwei weitere Male (1997 beim 1:3 gegen Borussia Dortmund sowie 1998) ins Endspiel der Königsklasse.

"Misserfolge waren meine besten Momente"

Nach nur 14 Monaten bei Inter Mailand kehrte Lippi 2001 zu Juve zurück, wo er zwei weitere Meisterschaften (2002, 2003) holte. Niederlagen fürchtet Lippi nie. "Misserfolge waren meine besten Momente. Ich bin mit Niederlagen groß geworden. Nach einer Niederlage habe ich stets den Mut zum Neubeginn gefunden", sagt Lippi.

Als er 2004 ein zweites Mal in Turin zurücktrat, war der Weg zum Nationaltrainer frei. Als Nachfolger des ehemaligen Bayern-Trainers Giovanni Trapattoni fand er eine Mannschaft mit Stars wie Gianluigi Buffon, Alessandro Del Piero, Francesco Totti und Gennaro Gattuso vor, die er bei der WM 2006 in Deutschland erst zum Halbfinalsieg gegen das DFB-Team (2:0 n.V.) und schließlich durch den Erfolg im Elfmeterschießen gegen Frankreich zum Titel führte.

Lippi steht damit als Trainer auf einer Stufe mit seinem Vorbild, dem legendären Enzo Bearzot, der Italien 1982 zum dritten WM-Titel geführt hatte. Lippi, dessen Sohn Davide eine Verwicklung in den italienischen Manipulationsskandal vorgeworfen wurde, trat nach dem WM-Triumph gegen den Willen seiner Spieler zurück, gab aber schon 2008 sein Comeback. Bei der WM 2010 in Südafrika schieden die Azzurri als Titelverteidiger jedoch schon nach der Vorrunde aus, Lippi wurde durch Cesare Prandelli ersetzt.

2012 wagte er den Schritt nach China, wo er mit Guangzhou Evergrande vier Titel in Folge gewann. 2016 rückte Lippi zu Chinas Nationalcoach auf, das Ticket für die WM in Russland verpasste er jedoch. Immerhin hat er so alle Zeit der Welt, seinen runden Geburtstag würdig zu feiern.

(sid)
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