Halbfinale der Copa America Bei Brasilien gegen Argentinien werden Helden geboren

Rio de Janeiro · Im Halbfinale der Copa America steigt ein Klassiker des Weltfußballs. Die Brasilianer wollen beim Heimturnier ins Finale. Argentiniens Lionel Messi will nicht als der „Unvollendete“ enden.

 Brasiliens Torwart Alisson Becker (M.) jubelt nach dem Elfmeterschießen gegen Paraguay mit seinen Mannschaftskollegen.

Brasiliens Torwart Alisson Becker (M.) jubelt nach dem Elfmeterschießen gegen Paraguay mit seinen Mannschaftskollegen.

Foto: dpa/Andre Penner

In Brasilien staunen die TV-Kommentatoren über die aktuelle Selecao. Unter den Top 20 Teams der Fifa-Weltrangliste hat die Mannschaft von Trainer Tite den besten Wert. In der Defensive zum Beispiel: 0,25 Gegentore hat Brasilien im Schnitt seit 2016 kassiert. In den 40 Spielen der Ära Tite gerade einmal zehn. Torhüter Alisson Becker ist deshalb der Star des Teams. Gerade frisch dekoriert mit dem Champions-League-Titel ist der Schlussmann des FC Liverpool seit dem 7. Mai wettbewerbsübergreifend in Premier League, Champions League und Copa America ohne Gegentor.

Es sagt viel aus über den Zustand des brasilianischen Fußballs, der eigentlich das „Jogo bonito“ (auf Deutsch: das schöne Spiel) in seiner DNA hat, wenn fast nur über die Defensive geredet wird. Immerhin: Gegen Bolivien (3:0), Venezuela (0:0), Peru (5:0) und Paraguay (0:0, 4:3 im Elfmeterschießen) blieben Alisson Becker und seine in die Jahre gekommene Abwehr ohne Gegentor. Doch in der Offensive blieb die Selecao gegen die bislang eher zweitklassige Konkurrenz einiges schuldig. Fast noch aufregender ist da der Blick auf die VIP-Tribüne und die Frage in welchem extravaganten Outfit der verletzte Superstar Neymar dort diesmal Platz nimmt.

In der Nacht zum Mittwoch (2.30 Uhr MESZ) steigt in Belo Horizonte im Halbfinale der Copa America der Klassiker gegen Argentinien. Für die Hausherren steht viel auf dem Spiel. Noch ein frühzeitiges Aus wie bei der WM 2018 in Russland im Viertelfinale gegen Belgien würden die Fans Tite wohl nicht verzeihen. Brasilien dürstet nach neuen Helden. Die Rolle war nach der Neymar-Verletzung eigentlich für die Jungstars Gabriel Jesus, David Neres, Richarlison oder Everton vorgesehen. Doch sie zeigten bislang nicht wirklich überzeugenden Spiele. Gegen Argentinien kann sich das schlagartig ändern. Wer diesen Klassiker entscheidet, rückt in der Teamhierarchie nach oben, bekommt einen Platz in den TV-Rückblicken mindestens der nächsten Jahrzehnte. Oder er verliert andersrum das Urvertrauen der Fans.

Neymar verletzt sich vor Copa America erneut am rechten Fuß
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Neymar verletzt sich bei Brasiliens Testspiel-Sieg

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Foto: AFP/EVARISTO SA

Wie es ist in solchen Spielen zu scheitern, weiß Argentiniens Superstar Lionel Messi. Vor zwölft Jahren, beim verlorenen Copa-Finale gegen Brasilien (0:3) im brütend heißen venezolanischen Maracaibo, musste er das erste Mal einem Gegner gratulieren. Es folgten bittere Niederlagen im Nationaltrikot: Bei der WM 2010 gegen Deutschland (0:4), der Copa 2011 im eigenen Land im Viertelfinale gegen Uruguay (4:5 i.E.), im WM-Finale 2014 gegen Deutschland (0:1), bei der Copa 2015 und 2016 jeweils im Finale gegen Chile und bei der WM 2018 in Russland gegen Frankreich (3:4).  „Mein Niveau ist nicht das beste, ich spiele nicht so wie erwartet“, sagt Lionel Messi. Wieder einmal.

Im Nationaltrikot funktioniert Messi nicht. Das sorgte in den vergangenen Jahren bisweilen für wüste Beschimpfungen. „Vergib uns unsere Beleidigungen“ haben ein paar Fans der Albiceleste auf die Stadionplakate gemalt. Es ist vielleicht Messis allerletzte Chance doch noch zu einem Helden im Nationaltrikot zu werden. Noch eine bittere Turnierniederlage und seine Karriere endet wohl unvollendet. Und kein anderes Spiel als dieser Klassiker ist der richtige Rahmen, um diese Frage endgültig mit dem Schicksal zu klären.

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