Reformpaket verabschiedet Fifa macht Weg für Neuanfang frei

Zürich · Geschafft! Der Fifa ist mit der Verabschiedung des großen Reformpakets der erste Schritt Richtung Neuanfang gelungen. Im Kampf gegen Korruption und Betrug wird sich der krisengeplagte Fußball-Weltverband damit komplett neu erfinden – einen Langzeitherrscher wie Ex-Präsident Joseph S. Blatter (79) wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Die wichtigsten Reformen des Fifa-Reformpakets
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Foto: dpa, ase

Geschafft! Der Fifa ist mit der Verabschiedung des großen Reformpakets der erste Schritt Richtung Neuanfang gelungen. Im Kampf gegen Korruption und Betrug wird sich der krisengeplagte Fußball-Weltverband damit komplett neu erfinden — einen Langzeitherrscher wie Ex-Präsident Joseph S. Blatter (79) wird es in Zukunft nicht mehr geben.

"Hohe politische und juristische Stellen schauen darauf, ob sich bei der Fifa etwas ändert und ob der Wandel herbeigeführt wird", hatte Reinhard Rauball (69), Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), unmittelbar vor dem Fifa-Kongress im Morgenmagazin von ARD und ZDF gemahnt. Im Zürcher Hallenstadion folgte dem DFB-Delegationsleiter die große Mehrheit der Verbände.

Mit 179 von 201 gültigen Stimmen (89 Prozent) wurde das Paket um 11:21 Uhr von der großen Mehrheit abgesegnet. Unter anderem eine Gewaltenteilung, mehr Transparenz und Integrität sowie eine Frauenquote werden nun in die Fifa-Statuten implementiert. Die Veränderungen treten 60 Tage nach dem Kongress in Kraft.

"Sie haben die große Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen", hatte Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitee (IOC), zuvor eindringlich an die Vertreter der Fifa-Mitgliedsverbände appelliert. Ein Scheitern wäre "ein Albtraum" gewesen, sagte auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (65) vor Kongress-Beginn. Die einflussreichen Sponsoren der Fifa sowie die Justizbehörden aus der Schweiz und den USA hatten den Neuanfang vehement gefordert — alles andere hätte den Weltverband noch viel, viel tiefer in die Krise gestürzt.

Durch die wegweisende Entscheidung wird nun die Macht vom zuvor allmächtigen Fifa-Exekutivkomitee, das in eine Art Aufsichtsrat mit mehr Mitgliedern (36 statt 24, darunter mindestens sechs Frauen) umgewandelt wird, hin zum Generalsekretariat wandern.

Dort wird künftig das operative Geschäft mit den Milliarden-Deals abgewickelt. Der neue Rat (Fifa-Council) hingegen ist "nur" noch für die politische Richtung verantwortlich. Der neue und lediglich noch eher repräsentative Präsident ist dadurch nicht mehr der rechtliche Vertreter der Fifa und auch nicht mehr zeichnungsberechtigt.

Allerdings steckt dahinter der erste Fallstrick: Der neue und nunmehr sehr einflussreiche Generalsekretär wird künftig zwar nicht mehr vom Präsidenten ernannt und entlassen. Der neue Fifa-Boss schlägt aber weiterhin einen Kandidaten vor, der vom Council abgesegnet wird. Mit dem Nachfolger des Deutschen Markus Kattner, der die Verwaltung derzeit übergangsweise führt, steht und fällt deshalb fast der komplette Neuanfang.

In dem neuen Rat wird zudem noch weiter der Großteil der Funktionäre sitzen, die in den vergangenen Jahren die Krise zu verantworten hatten. Der neue Integritäts- und Eignungscheck, der bei jedem neuen Ratsmitglied (gewählt wird weiterhin direkt in den Konföderationen) durchgeführt wird, fällt bei den Alteingesessenen aus. Auch gilt für die derzeitigen Exko-Mitglieder die neue Amtszeitbeschränkung (maximal zwölf Jahre) nicht rückwirkend, die Uhr wird auf null gestellt.

Über allem wird künftig die unabhängige Audit- und Compliance-Kommission stehen, die beispielsweise alle Geldflüsse überwacht. In den dann nur noch neun ständigen Fifa-Kommissionen werden deutlich mehr unabhängige "Externe" sitzen. Für die personelle Zusammenstellung ist allerdings auch der Rat zuständig.

Das Gehalt der hohen Amtsträger wird in Zukunft veröffentlicht — was eine der meistgestellten Frage ("Was verdient Blatter?") endlich beantworten wird.

Die Wahl des neuen Präsidenten entwickelte sich zur erwarteten Hängepartie, das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Generalsekretär Gianni Infantino von der Europäischen Fußball-Union (45/Schweiz) und Asiens Verbandschef Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (50/Bahrain) setzte sich auch im ersten Wahlgang fort: Es gab zunächst keinen Sieger.

Infantino bekam zwar mit 88 die meisten der 207 Stimmen, die für einen Sieg im ersten Anlauf nötige Zweidrittelmehrheit erreichte er gegen den Scheich (85 Stimmen) aber nicht. Prinz Ali bin Al Hussein (40/Jordanien) kam auf respektable 27 Stimmen, Jérôme Champagne (57/Frankreich) auf sieben. Tokyo Sexwale (62) aus Südafrika hatte noch vor dem Urnengang zurückgezogen.

Die Skandale der Vergangenheit muss der Weltverband allerdings unabhängig von seiner Neuausrichtung finanziell teuer bezahlen. Kattner erklärte, dass die Fifa im Jahr 2015 erstmals seit langer Zeit wieder Verlust gemacht hat. Die konkreten Zahlen sollen beim Kongress Mitte Mai in Mexiko vorgelegt werden.

(seeg/dpa)
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