Auch Platini gerät in den Fokus Blatters Fifa-Festung bröckelt gewaltig

Düsseldorf/Zürich · Wie eine Festung liegt die Zentrale des Fußball-Weltverbands Fifa auf dem Zürichberg. Aber selbst dort ist der Präsident nicht mehr sicher. Die Schweizer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Sepp Blatter.

Die Chronologie zur Korruptionsaffäre bei der Fifa
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Foto: dpa

Sie hat ein Verfahren "wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und Veruntreuung" eröffnet. Der Präsident wurde am Freitagnachmittag im Anschluss an eine Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees von den Bundesanwälten "als Beschuldigter" vernommen. Sein Büro wurde durchsucht. Eine Pressekonferenz der Fifa wurde zunächst verschoben und dann ohne Angabe von Gründen abgesagt.

Bedeutende Neuigkeiten hätte der Verband auch nicht berichten können. Das Exekutivkomitee hatte sich lediglich darauf geeinigt, dass die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar 2022 am 21. November beginnen wird. Sie dauert deshalb nur 28 Tage.

Wichtiger war die Nachricht, dass auch der Präsident ins Visier der Justiz geraten ist. Es bestehe der Verdacht, dass Blatter vor zehn Jahren mit dem Präsident des karibischen Fußball-Verbandes, Jack Warner, einen "für die Fifa ungünstigen Vertrag abgeschlossen" habe. Und er soll im Februar 2011 eine "treuwidrige Zahlung" von zwei Millionen Schweizer Franken an den Uefa-Präsidenten Michel Platini geleistet haben. Platini wurde in Zürich ebenfalls befragt.

Beim Geschäft mit Jack Warner geht es offenbar um die Übertragung von TV-Rechten an Fifa-Turnieren. Warner brüstete sich vor vier Jahren damit, die Rechte für einen Spottpreis erworben zu haben. Eine Schweizer Untersuchung kommt zu dem Schluss, der umtriebige Warner habe die Rechte für 600.000 Dollar erworben und anschließend für 18 bis 20 Millionen Dollar weiterveräußert.

Die Beschuldigten im Fifa-Skandal
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Foto: afp, RT

Warner ist vor einem Bundesgericht in New York City wegen Geldwäsche und Korruption angeklagt und gegen eine Kaution von 2,5 Millionen Dollar auf freiem Fuß. Warner war viele Jahre ein treuer Vasall Blatters und ein wichtiger Stimmenbeschaffer für den Präsidenten. Seine Unterstützung in Übersee wurde nicht nur in Geschäften mit der Fifa, sondern auch mit Ämtern honoriert. Bis 2011 war er Vizepräsident des Weltverbandes.

Dann wollte er plötzlich ein Aufklärer sein und Blatter stürzen. Sein Fehler: Er versuchte die Kollegen zu kaufen, 30.000 Dollar bot er für jede Stimme. Die Fifa war angemessen entrüstet und enthob ihn seiner Ämter. Warner gehört zu einer Gruppe von neun aktiven oder früheren Fußball-Funktionären, die vor dem Fifa-Kongress Ende Mai festgenommen wurden — sieben von ihnen der Einfachheit halber gleich in Zürich.

Bei diesem Kongress wurde Blatter wiedergewählt, ein paar Tage später kündigte er seinen Rücktritt Anfang 2016 beim nächsten, dann außerplanmäßigen Kongress an. Möglicherweise ging er bereits davon aus, dass die Ermittlungen auch ihn betreffen würden. Es war ohnehin eine eher seltsame Annahme, dass ausgerechnet Blatter von den Aktionen seiner direkten Untergebenen nichts gewusst haben soll.

Niemand aber glaubt, dass Blatter nicht in jene ominöse Überweisung von zehn Millionen Dollar an den Nord- und Zentralamerikanischen Verband (Präsident: Jack Warner) eingeweiht war. Sie erging 2008 auf dem Umweg über den südafrikanischen Verband und wurde als Beitrag "zur Unterstützung der afrikanischen Diaspora in der Karibik" deklariert. In Wirklichkeit war es wohl eine Art Honorar für Warner, der die Wahl von Südafrika zum Austragungsort der WM 2010 mit seinen Kollegen maßgeblich unterstützt hatte.

Noch im Juni erklärte die Fifa, "dass weder der Generalsekretär Jerome Valcke noch ein anderes Mitglied des Führungsstabs an der Initiierung, Genehmigung oder Durchsetzung des Projekts beteiligt war". Dokumente des südafrikanischen Verbands belegen das Gegenteil. Inzwischen — in der vergangenen Woche — wurde Generalsekretär Valcke vom Weltverband suspendiert. Er war Blatters engster Vertrauter. Valcke wird Korruption im Zusammenhang mit Ticketverkäufen vorgeworfen. Er bestreitet die Vorwürfe. Die Fifa hat den Ermittlungsbehörden nach einigem Zögern Einblick in Valckes Mailverkehr gestattet.

Der Skandal ist nun endgültig bei Blatter und an der absoluten Spitze des Verbands angekommen. Bleibt die Frage, worum es bei der Zahlung an Platini gegangen ist. Bis jetzt heißt es, dass jene zwei Millionen Franken "für geleistete Dienste zwischen 1999 und 2002" überwiesen worden seien.

"Wir werden keine weiteren Kommentare abgeben, da es eine laufende Ermittlung ist", teilte die Fifa mit. Sicher ist: Damals zählte Platini noch zu Blatters Gefolgschaft. Das hat sich maßgeblich geändert. Der Uefa-Präsident ist inzwischen der große Favorit auf die Nachfolge für den 79 Jahre alten Schweizer auf dem nächsten Wahlkongress im Februar 2016. Wenn es keine neuen Ermittlungsergebnisse gibt.

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