Fragen und Antworten Droht Fußball-Europa jetzt englische Dominanz?

Düsseldorf · Vier Teams aus England spielen in diesem Jahr die beiden großen europäischen Titel unter sich aus. Warum ist die Premier League so stark? Und droht Europa jetzt die große Langeweile?

 Der Champions-League-Pokal.

Der Champions-League-Pokal.

Foto: dpa/Valentin Flauraud

Die beiden großen Titel des europäischen Klub-Fußballs gehen in diesem Jahr nach England. Das steht seit Donnerstagabend fest. Der FC Chelsea zog gegen Eintracht Frankfurt in das Finale der Europa League ein. Der Gegner dort ist der FC Arsenal. Beide Klubs sind in London zu Hause. Im Finale der Champions League treffen sich der FC Liverpool und Tottenham. Die Premier League dominiert in diesem Jahr Europa. Droht der Europapokal zu einer englischen Angelegenheit zu werden? Und wie kommt der Erfolg überhaupt zustande? Wir klären die wichtigsten Fragen.

Warum sind Klubs aus der Premier League so erfolgreich?

Die Eliteliga des englischen Fußballs hat den höchst dotierten Fernseh-Vertrag aller europäischer Fußball-Ligen. 6,9 Milliarden Euro hat die Premier League für die Spielzeiten von 2016/17 bis 2018/19 erlöst. Zum Vergleich: Die Klubs aus der ersten und zweiten Bundesliga erhalten in der laufenden Saison etwas mehr als eine Milliarde Fernsehgelder. Wie viel ein Klub erhält, wird danach berechnet, wie erfolgreich er in der jüngeren Vergangenheit war. Branchenprimus FC Bayern München erhält demnach das meiste Fernsehgeld, nämlich 65 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der damalige Meister FC Chelsea erhielt in der Spielzeit 2016/2017 173 Millionen Euro. Die Schere ist so riesig, dass selbst der Letzte der Premier League mehr Geld einnimmt als die Bayern.

Ist das allein der Grund für den Reichtum der Liga?

Nein. In England gibt es anders als in Deutschland keine 50+1-Regel, die den Vereinen vorschreibt, die Mehrheit der Anteile in der eigenen Hand zu halten. Der Tabellenerste Manchester City etwa ist vollkommen in Investorenhand. Klub-Besitzer Scheich Mansour hat schon mehr als eine Milliarde Euro in den Klub investiert. Nicht nur in die Mannschaft, sondern auch in die Infrastruktur, aus der sich neue Erlöse ergeben. Ein weiteres bekanntes Beispiel für einen Investor: Der Russe Roman Abramowitsch baute Chelsea durch sein Milliarden-Investment zu einem europäischen Vorzeigeverein aus.

Was sind die Folgen?

In keiner anderen Liga ist die Dichte an Spitzenklubs so hoch wie in England. Manchester City, FC Chelsea, FC Liverpool, Manchester United, Tottenham Hotspur und der FC Arsenal zählen zum Kreis der europäischen Schwergewichte. Selbst Klubs, die in der Premier League ohne Chance sind, werfen mit Summen um sich, die in der Bundesliga nur wenige Vereine zahlen: Der FC Southampton kaufte im vergangenen Sommer für 25 Millionen Jannik Vestergaard von Borussia Mönchengladbach. Sein Marktwert wurde zu diesem Zeitpunkt auf 14 Millionen Euro taxiert.

Was ist die Kehrseite des Erfolgs?

Englische Talente haben es schwer, sich durchzusetzen, weil die Klubs sich nach Belieben fertige Profis leisten können. Im Halbfinal-Rückspiel der Europa League zwischen Chelsea und Eintracht Frankfurt etwa stand ein Engländer in der Startelf, mit Ross Barkley wurde ein weiterer eingewechselt. Ja, auch der ehemalige Borusse Andreas Christensen stammt aus der Chelsea-Jugend. Der Rest der Spieler auf dem Feld waren teure Legionäre.

Wer kann da noch mithalten?

Es wird immer wieder Überraschungen geben. In diesem Jahr hat Ajax Amsterdam die Fußball-Welt mit geringen Mitteln begeistert. Aber das wird die Ausnahme bleiben. Nur vier nicht englische Mannschaften können Stand jetzt auf Dauer mithalten. Der deutsche Branchenprimus FC Bayern München ist wirtschaftlich derart gut aufgestellt, dass er den Engländern Paroli bieten kann, wenngleich er bei den ganz großen Ablösesumme nicht mitmacht. Die beiden spanischen Schwergewichte FC Barcelona und Real Madrid haben das nötige Geld und die Strukturen, um erfolgreich zu sein. Das Geld hat auch der französische Ausnahmeverein Paris St. Germain, der dem katarischen Geschäftsmann Nasser Al Khelaifi gehört. Mit Abstrichen hat auch Atlético Madrid Chancen.

Droht dem europäischen Fußball Langeweile?

Nein, die englischen Vereine waren auch in den vergangenen Jahren schon reich. Die Champions League gewann in den zurückliegenden zehn Jahren aber nur einmal ein englischer Klub: Chelsea in der Saison 2011/2012. Fans werden aber damit leben müssen, dass es ein Übergewicht der Premier League gibt. Vor allem wohl in der Europa League. Das hat mit der enormen Leistungsdichte der Premier League zu tun. Zwei Spitzenteams landen nahezu automatisch in der Europa League, weil es mehr Spitzenteams gibt als Plätze, die zur Teilnahme an der Champions League qualifizieren. Spannend allerdings: In den vergangenen zehn Jahren hat auch nur zweimal eine englische Mannschaft den Wettbewerb gewonnen. Chelsea 2013 und Manchester United2017. Dagegen gingen die letzten fünf Champions-League-Titel an Teams aus Spanien: Real Madrid (4) und Barcelona (1). Vier Mal gewannen Teams aus Spanien in den zurückliegenden fünf Jahren die Europa League: FC Sevilla (3) und Atletico Madrid (1).

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