Premier League Wollscheids Berg- und Talfahrt: Über England zur EM?

Philipp Wollscheid hat vor zwei Jahren zwei Länderspiele bestritten, nach einem Karriere-Tief will er sich nun in der Premier League für die EM empfehlen.

Der Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, doch solch eine Berg- und Talfahrt wie in der Karriere von Philipp Wollscheid ist selbst dort selten. "Es ging schon viel hoch und runter. Es läuft eben nicht immer alles nach Wunsch", sagt der 26-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Aber insgesamt bin ich sehr froh, wie alles gelaufen ist und bin vor allem sehr froh, wie es im Moment läuft."

2009 stufte sein Heimatklub 1. FC Saarbrücken den damals 20-Jährigen als untauglich für die vierte Liga ein. Also ging Wollscheid zum 1. FC Nürnberg - und startete richtig durch. Schon bald spielte er in der Bundesliga, dann in der Europa League, der Champions League und 2013 sogar für zwei Partien in der Nationalmannschaft.

Es folgte der Bruch: Ersatzbank bei Bayer Leverkusen und ein unglückliches Leihgeschäft mit dem FSV Mainz 05. Und die erneute Wende. In die am Wochenende beginnende Saison der englischen Premier League geht der Innenverteidiger wohl als Stammspieler bei Stoke City, einem Anwärter auf die Europa League.

Sein Trainer Mark Hughes, früher Stürmer von Bayern München, ist sehr zufrieden mit Wollscheid und traut ihm sogar zu, bei der EM 2016 zum Aufgebot von Weltmeister Deutschland zu gehören. "Wenn er regelmäßig bei uns spielt, hat er eine Chance. Das Potenzial dazu hat er", sagte der 51-Jährige dem SID: "Er ist noch ein junger Mann und kann und wird sich noch verbessern. Aber er ist ein guter Junge und arbeitet hart."

Auch Wollscheid ist optimistisch. Er fühlt sich wohl in Stoke beziehungsweise seinem Wohnort Manchester, versichert er. Die Spielweise in der Premier League liege ihm. Und der Verein hat Ambitionen. "Wir wissen, dass Platz neun im Vorjahr eine gute Platzierung für Stoke war. Wir wissen aber auch, dass es noch mehr sein könnte. Und das werden wir versuchen", sagt er.

Als Stammspieler eines englischen Europacup-Teilnehmers wäre er wohl wieder ein Kandidat für Bundestrainer Joachim Löw. Und abgehakt hat er die Nationalmannschaft noch längst nicht. "Man kann nur seine Leistung bringen, der Rest steht nicht in der Macht des Spielers", erklärt er vorsichtig: "Wenn ich gefragt werde, bin ich natürlich bereit."

Kontakt mit Löw gab es aber seit der US-Reise 2013 keinen mehr. Dass er beim WM-Triumph im Vorjahr fehlte, beschäftigte ihn durchaus. "Natürlich denkt man mal darüber nach, dass es hätte anders laufen können. Natürlich wäre ich lieber dabei gewesen", erzählt er. Doch seinen Stammplatz in Leverkusen hatte er da schon verloren. "Nach dem Verlauf der Saison habe ich mir keine Illusionen gemacht", berichtet er: "Da hätte ich mich als Bundestrainer auch nicht nominiert."

Doch auch das hat Wollscheid nicht unterkriegen können. Und auch mit dem vernichtenden (Fehl-) Urteil der Saarbrücker hat er längst seinen Frieden geschlossen. "Letztendlich war es gut für mich", sagt er: "Sonst wäre ich vielleicht nie nach Nürnberg gegangen." Und dort begann seine ungewöhnliche Karriere ja erst richtig.

(sid)
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