DFB-Präsident als Fifa-Chef im Gespräch Niersbach wird zur Schlüsselfigur

Düsseldorf/Frankfurt · Deutsche Spitzenfunktionäre bringen den DFB-Präsidenten für die Rolle des Fifa-Chefs ins Gespräch.

 Wolfgang Niersbach hält sich mit öffentlichen Forderungen bisher zurück.

Wolfgang Niersbach hält sich mit öffentlichen Forderungen bisher zurück.

Foto: ap

Der Fußballweltverband wird von der heftigsten Krise erschüttert. Und sein mit Abstand größter Einzelverband hält sich mit Forderungen vornehm zurück. Am Wochenende plädierte der DFB, unter dessen Dach 6,8 Millionen Mitglieder versammelt sind, vergleichsweise lapidar für Reformen. Konkreter wurde er nicht. Auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ließ wenig mehr als "Fassungslosigkeit" über die Vorgänge in der Fifa erkennen, über das Strafverfahren gegen Präsident Sepp Blatter und den Vorwurf einer "treuwidrigen Zahlung" an Uefa-Chef Michel Platini.

Das wurde Niersbach als übertriebener Freundschaftsbeweis für Platini ausgelegt, der nach dem Willen der Deutschen im Februar 2016 Blatter bei der Fifa beerben soll. Der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth, früher mal Korruptionsexperte der Fifa, argwöhnte öffentlich, die Deutschen würden eine Blockadehaltung einnehmen, "solange ihr Freund Platini nicht weg ist".

Es dauerte ein wenig, bis Niersbach darauf eine Antwort fand. Er gab sie indirekt. Sein Verband verbreitete am Dienstag eine Erklärung. Darin betonte Niersbach, dass "wir uns im Juli geschlossen als DFB-Präsidium für eine Unterstützung der Kandidatur von Michel Platini ausgesprochen" haben. Er wehrte sich gegen "eilige Vorverurteilungen". Aber er beteuerte auch, bei der Uefa "deutlich hinterlegt" zu haben, "dass wir als DFB eine aktive, transparente Darlegung der Vorgänge erwarten. Der Vorgang lässt einige Fragen offen, und es muss vor allem auch im ureigenen Interesse von Michel Platini sein, schnellstmöglich Antworten darauf zu geben".

Platini soll nach Ermittlungen er Schweizer Staatsanwaltschaft im Frühjahr 2011 von der Fifa rund zwei Millionen Franken für "Dienste in den Jahren 1999 bis 2002" erhalten haben. Er hat angeboten, der Fifa-Ethikkommission zu erklären, warum das Geld erst mit neun Jahren Verspätung gezahlt wurde. Und er muss eine Antwort auf den Vorwurf finden, dass es sich um eine Zahlung handeln könnte, mit der Blatter Unterstützung für seine Wiederwahl bewirken wollte. Tatsache ist, dass Platini die Uefa-Mitglieder 2011 zur Wahl Blatters aufrief.

Wer will, der darf die Formulierung des DFB als sehr vorsichtiges Abrücken von Platini begreifen. Der Franzose ist als Nachfolgekandidat für Blatter bereits in die Kritik geraten, weil er öffentlich als Unterstützer der WM-Bewerbung von Katar auftrat, und weil bekannt wurde, dass sein Sohn Laurent einen Job bei "Katar Sports Investments" bekam. Nach der Wahl Katars.

Niersbach hat in dieser Angelegenheit zunächst mal andere reden lassen. Der frühere DFB-Vizepräsident Rolf Hocke erklärte in der "Frankfurter Rundschau": "Wenn man einen kompletten Neuanfang hinbekommen will, dann benötigt man Leute, die völlig unbelastet und frei von jeglichem Makel sind. Michel Platini war der Hoffnungsträger, aber ob er jetzt noch frei von Makel ist, darf bezweifelt werden." Hocke brachte Niersbach sogleich für das höchste Fußballfunktionärsamt ins Gespräch. "Natürlich ist er ein geeigneter Kandidat als Fifa-Präsident", sagte Hocke, "erstens ist er unbelastet, weil er erst seit kurzem der Fifa-Exekutive angehört, zweitens stehen seine Kompetenzen außer Frage, und drittens ist er Chef des weltweit größten Nationalverbands."

Unterstützung auch von Bruchhagen

In dieses Horn stieß auch Heribert Bruchhagen, der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt. Er traue Niersbach eine tragende Rolle bei der Neugestaltung der Fifa zu, versicherte er im Interview mit dem Sender "Sky", "ganz sicher ist der DFB frei von jeglichem Verdacht. Als einer der größten Verbände der Welt haben wir das Recht dazu, einzufordern, in dieser Reformkommission der Fifa eine entscheidende Rolle zu spielen". Der DFB-Präsident hat seine Reform-Vorschläge schon Anfang Juni unterbreitet. In einem offenen Brief unterrichtete er die DFB-Mitglieder über sein "Zehn-Punkte-Programm". Viele lasen es als eine Bewerbung ums Amt des Präsdidenten. Niersbach aber bestritt Ambitionen auf einen Wechsel an die Spitze des Weltverbands.

Vielleicht sieht er seine nähere Zukunft auch als Schlüsselfigur im Reformprozess. Ein paar Eckdaten in seinem Programm sprechen dafür. So fordert er, dass die Mitglieder des Exekutivkomitees, der Regierung des Weltfußballs, künftig allein vom Fifa-Kongress, der Vollversammlung, gewählt werden. Bisher gibt es ein Entsenderecht der Kontinentalverbände. Das und noch mehr die Tatsache, dass jeder Verband gleiches Stimmrecht hat, öffnet der Korruption die Tür. Deshalb ist Niersbachs zentrale Forderung: "Eine gewisse Stimmengewichtung anhand der Größe und der sportlichen Relevanz der Verbände halte ich für zielführend."

So könnte der DFB als größter Verband zur entscheidenden Macht in der Fifa und möglicherweise zur Reformlokomotive werden. Dafür müsste aber schon mal das Exekutivkomitee Niersbachs Vorschlägen folgen. In dem Fall wäre er ein logischer Kandidat aufs Präsidentenamt. Darüber redet er natürlich nicht. Denn das wiederum verdankt sich der alten politischen Einsicht: Die aussichtsreichsten Bewerber bringen sich nicht selbst ins Spiel. Und vor allem nicht zu früh.

(pet)
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