3:1 gegen Peru Das weiße Brasilien feiert den Copa-Sieger

Rio de Janeiro · Die Copa America war eine Veranstaltung für Reiche. Beim Sieg von Gastgeber Brasilien im Finale gegen Peru wurde das besonders deutlich.

Am Ende hat er sein Foto bekommen: Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro und die Selecao vereint mit der Copa America. „Gute Nacht allerseits“, schrieb er bei Twitter unter die Aufnahme. Ein Bild, das für das neue Brasilien steht. In dem sich die Gesellschaft unter dem Einfluss der rasant wachsenden erzkonservativen Kirchen wandelt. Auch dieses Turnier war ein Beleg dafür.

Willkommen war im Stadion nur, wer es sich leisten konnte. Das riesige Maracana war zum Finale nicht mal ausverkauft, und doch staunten die knapp 70.000 Zuschauer, als wie üblich die Tageseinnahme verkündet wurde. Rund neun Millionen Euro spülten sie in die Kassen. In brasilianischer Währung hört sich die Summer noch gewaltiger an: 38.769.850,00 Reais.

Eine solch hohe Einnahme hat es zuvor noch nie gegeben bei einem Fußballspiel in Brasilien. Und der südamerikanische Verband Conmebol, zuständig für die Preispolitik, nahm auch bewusst lieber ein paar halb leere Stadien in Kauf, um die hohen Preise durchzusetzen. Die wirkten wie eine soziale Mauer. Beim Finale war fast ausschließlich die weiße Oberschicht im Stadion, die sich gegenseitig für die sozialen Netzwerke fotografierte. Ein Ticket in Höhe eines Monatsmindestlohnes, da bleibt die Favela dankend zu Hause – und das beim Copa-Finale des eigenen Teams, das auch noch im eigenen Land stattfindet. Zumindest einige Zuschauer im Stadion quittierten die (Preis-)Politik mit Buhrufen gegen Bolsonaro.

Für Dani Alves, den Kapitän der Selecao, der das Amt schon vor der Verletzung des Superstars Neymar übernahm, war das alles kein Problem, solange die Stimmung gut ist: „Ich möchte die Fans im Stadion heute beglückwünschen, sie haben sich mit uns verbunden. Es ist schon toll, weil wir etwas Besonderes mit ihnen aufbauen wollten. Sie sollten ein großes Geschenk bekommen, und wir haben es ihnen gegeben.“

Sportlich war der 3:1 (2:1)-Sieg über Peru ein Schritt zur Konsolidierung des Weltmeisters. Der erste große Titel seit zwölf Jahren. Und das fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der Schmach gegen Deutschland im Halbfinale der Heim-WM 2014. Da verlor Brasilien am 8. Juli 1:7 gegen Deutschland. Fünf Jahre später erzielten die Tore zum Copa-Sieg Everton (15.), Gabriel Jesus (45.) und Ricarlison (90.) per Elfmeter. Für Peru traf Ex-Bundesligaspieler Paolo Guerrero (43.) per Strafstoß. Unter Nationaltrainer Tite spielt Brasilien defensiver. Der mutmaßlich neue Welttorhüter Alisson Becker musste während des Turniers nur einmal hinter sich greifen: Beim Guerrero-Strafstoß im Finale.

„Heute bin ich wirklich zum Nationaltrainer geworden“, sagte Tite und sprach angesichts der feiernden Fans ehrfürchtig über die „Symbolik dieses Tempels, des größten Tempels des Fußballs. Es ist unvorstellbar, ich kann dieses Glück nicht in Worte fassen“. Eine Umarmung von Präsident Bolsonaro konnte Tite offenbar vermeiden, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Tite habe ihm auf dem Feld schnell die Hand gegeben. Für die Selecao war es die sehnlich erwartete Rückkehr in ihr Stadion, in dem sie während der WM 2014 im eigenen Land nicht ein einziges Mal spielen durfte. Das verlorene Halbfinale gegen Deutschland verhinderte eine Endspielteilnahme, auch bei der anschließenden südamerikanischen WM-Qualifikation für Russland 2018 machte die Selecao einen weiten Bogen um die Arena.

Warum, könnten die damals Verantwortlichen erklären. Aber die letzten beiden brasilianischen Verbandspräsidenten sind wegen Korruption aus dem Amt geflogen. „Das Wiedersehen mit dem Maracana ist immer etwas Besonderes. Hier ist unser Zuhause. Wir hatten fest vor, ein Spiel hier zu bestreiten. Wir mussten eine positive Antwort geben. Und wir haben den Schritt nach vorne gemacht“, sagte Kapitän Alves. Für nachdenkliche Töne war an diesem Tag kein Platz in Rio de Janeiro. (mit dpa)

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