Bruno Fernandes Verurteilter Mörder vor Comeback im Fußballtor

Rio de Janeiro · Zehn Jahre nach der grausamen Ermordung seiner Freundin kehrt Bruno Fernandes ins Profigeschäft zurück. Ein steiniger Weg für den Brasilianer.

 Bruno Fernandes.

Bruno Fernandes.

Foto: dpa/Felipe Dana

Als erstes sprang der lokale Sponsor ab, die Trainerin der Frauen-Mannschaft nahm ebenfalls sofort Reißaus, ein kleiner Protestaufmarsch vor dem Stadion, viel Geschrei im Internet. Dies ist die Begleitmusik, wenn am Samstag Bruno Fernandes das Tor des brasilianischen Provinzklubs Rio Branco FC zum Start der nationalen vierten Fußballliga trägt.

Ein 35-Jähriger, der seit Juli 2019 nach zu einem Drittel abgesessener Strafe von 20 Jahren und neun Monaten aufgrund des in Brasilien angewandten Progressionsvollzugs außerhalb des Gefängnisses wohnen und arbeiten darf. Rechtlich spricht nichts dagegen, moralisch vieles.

Denn exakt vor zehn Jahren - wenige Monate zuvor hatte er CR Flamengo den Meistertitel festgehalten und war auf dem Sprung in die Selecao -, gab er eine Gräueltat in Auftrag. Auf sein Geheiß entführten, folterten und töteten zwielichtige Kumpanen damals seine Freundin. Der bis heute nicht aufgefundene Leichnam wurde wahrscheinlich gar zerstückelt.

"Es gibt einen Haufen von Ermittlungsfehlern", beschwerte sich der durchtrainiert wirkende Schlussmann vor wenigen Tagen im Exklusiv-Interview mit dem Fernsehsender SBT bis heute und betonte: "Allen, die ich um Vergebung gebeten habe, haben mir verziehen. Ich kann ruhigen Gewissens schlafen."

Weiter kein Geständnis der Tat, kein Wort der Reue. Erst recht nicht des Trostes für Sonia de Fatima, für die der Verlust ihrer Tochter Eliza "eine offene Wunde ist, mit der ich sterben werde". Im Gespräch mit dem Internetportal UOL klagte sie deshalb nun: "In sieben Jahren hat er jetzt sein Leben wieder aufgebaut. Und das meiner Tochter? Wer gibt es zurück?"

Bruno in der Rolle eines Idols, als Vorbild für den und im Sport, in einem Land, das auf das Töten von Frauen durch ihre Partner immer noch allzu oft gleichgültig und tolerant reagiert, ist nicht nur für sie ein perfides Signal. "Das wäre doch so, als könne er dem Leben einer Frau, der Mutter seines Kindes, ein Ende setzen, und würde dafür noch belohnt", beklagt die Großmutter des heute zehnjährigen Bruninho.

Als er 2017 per Einstweiliger Verfügung kurzzeitig frei kam, bestritt er fünf Spiele für Boa Esporte. Zum Jahresende dann 45 Minuten für das klamme Pocos de Calda. Im Januar wollte in CE Operario nach Varzea Grande holen. Als die Sponsoren weg- und die Fans Sturm liefen, verschwand der Vertrag wieder in der Schublade. Aber Bruno hat nichts anderes als Fußball gelernt.

Also zog er an den westlichsten Rand Brasiliens weiter, spielt nun für den Rekordmeister des Bundeslandes Acre, was außerhalb des Amazonas keinen Wert hat. Klub-Präsident Neto Alencar teilte seinem prominenten wie umstrittenen Neuzugang mit: "Wenn die Justiz, die dich verurteilt hat, die gleiche ist, die dich auf freien Fuß gesetzt hat, kann dich die Gesellschaft nicht daran hindern zu arbeiten."

Der Absprung des Sponsors, ein lokaler Supermarkt, sei verkraftbar, auch der Frauentrainerin, schließlich gäbe es derzeit keine richtige Mannschaft. Und die Fanproteste? Laut Klubsprecher Jairo Barbosa würden Mütter tagtäglich ihre Kinder zum Training schleppen, um ein Foto mit Bruno zu machen.

So wird der verurteilte Mörder als nächste Etappe im Resozialisierungsprozess am Samstag wieder das Tor eines Profiklubs hüten, gegen das ebenfalls fußballerisch unbedeutende Independiente Tucurui. Für die Partie hat er ein extra entworfenes schwarzes Trikot bekommen, mit einem Phönix, dem aus der Asche entsprungenen roten Feuervogel, auf der Brust.

Und ohne elektronische Fußfesseln. Die sind eigentlich im Bundesland Acre vorgeschrieben. Zu Spielen darf Bruno sie jetzt aber für wenige Stunden ablegen. Mit dem Image des Frauenmörders geht das nicht so einfach.

(sid)
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