Flugzeug-Tragödie in Kolumbien Chapecoense auf der Suche nach dem Neuanfang

Medellin/Chapecoense · Die Überführung der Toten, der Kampf der Überlebenden und die Sorge, wie es mit einem Klub ohne große Tradition weitergeht: Dies beschäftigt nicht nur Chapecoense.

Kolumbien: AF Chapecoense auf der Suche nach dem Neuanfang
Foto: Google Maps

Die Allianz Arena leuchtete Grün in den Münchner Nachthimmel. Der Eiffelturm in Paris, die Christusstatue in Rio de Janeiro, der Präsidentenpalast in Brasília, zahlreiche Stadien und Monumente weltweit: Alle bezeugten Kondolenz in der Vereinsfarbe der Associaço Chapecoense de Futebol, einem erst vor 43 Jahren gegründeten Fußballklub, dessen Name nun ewig mit einer der größten Tragödien im Sport verbunden ist.

Am Montagabend um exakt 21.55 Uhr brach der Funkverkehr mit dem Flughafen José Maria Córdova in Kolumbiens zweitgrößter Stadt Medellín ab. Gut 17 Stunden später erklärten die Behörden die Bergung der Opfer des Flugs Lamia CP 2933 in der schwer zugänglichen Bergregion Cerro Gordo für beendet. Mit 71 Toten und nur sechs Überlebenden als traurige Bilanz.

Gefunden wurden auch die Flugschreiber. Die beiden Komponenten der Black Box werden aufhellen, was zum Absturz der bolivianischen Charter-Maschine führte. Das Schicksal der beiden Crew-Mitglieder, eines mitgereisten Journalisten (Lunge durchbohrt) sowie der ebenfalls geretteten Spieler Alan Ruschel (Wirbelbruch), Neto (Schädel-Hirn-Trauma) und Jackson Follmann, dem bereits ein Bein amputiert wurde, liegt jedoch nicht nur in den Händen der Ärzte.

Elektronische Probleme wurde zunächst als Ursache aus dem aufgefangenen Funkverkehr genannt. Später verhärtete sich der Verdacht auf Treibstoffmangel. Weil ein größerer Airbus der Gesellschaft Viva Colombia wenige Minuten zuvor ebenfalls um eine Notlandung bat, und die Unglücksmaschine deshalb noch Extrarunden drehen musste.

Während sich aus Spekulationen gesicherte Erkenntnisse herauskristallisierten, während Familienangehörige nach Medellín reisten, um das Unfassbare zu begreifen, während Fans von Chapecoense daheim in der Arena Condá zu Tausenden beteten und sangen sowie die Treuesten in der Nacht zu Mittwoch gar Wache in Zelten hielten, suchten der Klub und sich solidarisierende Vereine nach dem Neuanfang aus den Trümmern.

Klubs wollen kostenlos Spieler ausleihen

Gleich 13 brasilianische Vereine, darunter zehn Erstliga-Rivalen der kommenden Saison, erklärten sich in einer gemeinsam veröffentlichten Stellungnahme bereit, kostenlos Spieler abzustellen. Zudem will die Gruppe formell beim nationalen Verband CBF beantragen, dass Chapecoense, das beim Unglück gleich 19 Spieler verloren hat, in den kommenden drei Spielzeiten nicht in die 2. Liga absteigen darf.

Solidarität auch vom Gegner der erträumten größten Stunde in der Vereinsgeschichte, die nach dem Durchmarsch von Liga drei (2012) in die Serie A (2014) am Mittwoch ein neues Kapitel erhalten sollte. Atlético Nacional hat dem südamerikanischen Verband CONMEBOL nahegelegt, den Titel des zweitwichtigsten kontinentalen Klub-Wettbewerbs Chapecoense zu überreichen. Zudem rief der kolumbianische Spitzenklubs seine Fans auf, am Mittwoch in weißer Kleidung und mit einer Kerze zur vorgesehenen Anstoßzeit im Estádio Atanasio Girardot zu erscheinen.

Das in Trauer versunkende Chapecó im Süden Brasiliens mit seinen rund 210.000 Einwohnern wartet derweil auf seine toten Helden. Die Stadt plant eine gemeinsame Begräbnisfeier im Stadion des Klubs. Die passende Hommage postete die US-Rockband Guns N'Roses auf ihrer Facebook-Seite: Das Chapecoense-Emblem mit dem Hit Knockin' on Heaven's Door.

(seeg/sid)
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