Geheimdienst, Trolle, Nachtclubs Wie ein Spionageroman – Die Skandale um Paris St. Germain

Paris · Frankreichs Topklub ist in mehrere Affären verstrickt. Es geht um brisante Details aus dem Privatleben der Spieler und den Einsatz von Internet-Trollen. Im Zentrum der Vorwürfe: der katarische Vereinspräsident Nasser al-Khelaïfi.

 PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi mit seinem Superstar Kylian Mbappé.

PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi mit seinem Superstar Kylian Mbappé.

Foto: AP/Michel Spingler

Die Erfolge auf dem Rasen können nicht darüber hinweg täuschen: die Stimmung ist düster bei Paris Saint-Germain. Der Verein, der in den vergangenen Jahren vor allem durch teure Stars wie Neymar und Lionel Messi von sich reden machte, wird von mehreren Skandalen erschüttert. Die Marke PSG droht dadurch massiv beschädigt zu werden – Ergebnisse hin oder her.

Wer die Aufregung um den Dauermeister der ersten französischen Fußballliga verstehen will, muss im Jahr 2011 anfangen. Damals übernahm das Emirat Katar die Blau-Weiß-Roten. Vereinspräsident wurde Nasser al-Khelaïfi, ein Vertrauter des katarischen Emirs. Der Mann mit dem Drei-Tage-Bart sollte mit dem Hauptstadt-Club für den Wüstenstaat werben und eine Art „Soft Power“ aufbauen. Doch inzwischen ist NAK, wie er genannt wird, zusammen mit PSG in einem Sumpf aus Affären versunken.

Das Ganze liest sich wie ein Spionage-Roman im Fußballmilieu. Schlüsselfigur ist Malik N., ein früherer Polizist des Inlandsgeheimdienstes DGSI, der 2018 als Fan-Referent angeheuert wurde. In alter Spionagemanier nahm Malik N. alles auf, was um ihn herum passierte und kam so an brisante Details aus dem Privatleben der Spieler. So soll er erfahren haben, dass Neymar 20.000 Euro von Nachtclubs erhielt, damit er sich dort zeigte und mit seinen Auftritten die Kundschaft anzog.

Malik N. ist ein Freund des Lobbyisten Tayeb B., der wie er aus der Pariser Vorstadt Gennevilliers kommt. B. soll wiederum geheime Informationen über das Privatleben Al-Khelaïfis und die umstrittene Vergabe der Fußball-WM an Katar haben. 2020 wurde B. in Katar festgenommen und nach eigenen Angaben auch gefoltert, weil er belastende Unterlagen über „NAK“ besaß. Laut der Zeitung „Libération“ wirft er dem PSG-Chef vor, hinter seiner Misshandlung zu stehen, um an USB-Sticks und Festplatten zu kommen, die diesen belasten. Erst nach Übergabe der heiklen Dokumente sei er frei gelassen worden.

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Foto: AP/Andre Penner

Seine vertraulichen Informationen soll Tayeb B. von Hicham M. haben, Al-Khelaïfis „Mann für alles“, der intime Videos über seinen Boss besitzen soll. Seit Juli 2021 ermittelt die Staatsanwaltschaft Paris wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses, Einflussnahme, Korruption, Falschaussage, Hilfe bei Beschaffung von Aufenthaltserlaubnissen in einer organisierten Bande, Verletzung des Verteidigungsgeheimnisses und Interessennahme. Im Oktober 2021 wurden sogar die Räume von PSG durchsucht.

Dazu kommen Berichte über eine „digitale Armee“, die der ehemalige PSG-Kommunikationschef Jean-Martial Ribes, eine Art graue Eminenz hinter Al-Khelaïfi, kontrolliert haben soll. Laut dem Enthüllungsportal Mediapart beauftragte PSG zwischen 2018 und 2020 eine Kommunikationsagentur damit, falsche Twitterkonten zu gründen, um Kritiker, aber auch Journalisten und Spieler über die sozialen Netzwerke zu beschimpfen. Zielscheibe waren Medien, die als PSG-feindlich eingestuft wurden wie die Sportzeitung „L’Equipe“. Aber auch der Fan, den Neymar nach einer PSG-Niederlage 2019 ohrfeigte, fand sich in einem Shitstorm wieder. Sogar vor Stars wie Kylian Mbappé machten die Trolle nicht halt, als es Gerüchte über einen Wechsel des Superstars zu Real Madrid gab. PSG dementierte die Informationen von Mediapart: „Der Verein hat niemals eine Agentur angeheuert, um wem auch immer zu schaden“, hieß es in einer Erklärung, die der Sender RMC Sport veröffentlichte.

Die Skandale setzen auch Al-Khelaïfi zu, dessen genaue Rolle unklar ist. Als Vertrauter des katarischen Emirs gilt er momentan als unangreifbar, doch nach der Fußball-WM könnte er durchaus abberufen werden. Und Katar könnte das Interesse an seinem teuren Verein verlieren, der tief in den roten Zahlen steckt und trotz Rekord-Gehältern für Neymar, Messi und Mbappé seit Jahren keinen großen internationalen Titel gewonnen hat.

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Statt dessen machen auch die Sportlerinnen und Sportler schlechte Schlagzeilen. So fiel die Frauenmannschaft durch die Eisenstangen-Attacke auf die Spielerin Kheira Hamraoui negativ auf. Und der Trainer der Männer, Christophe Galtier, musste sich Kritik anhören, weil er angesichts des Klimawandels über Forderungen spottete, der Verein solle auf Inlandsflüge verzichten. „Wir können ja beim nächsten Mal den Strandsegler nehmen“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Mbappé neben ihm amüsierte sich darüber prächtig.

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