"Arrogante Entscheidung" Kieler Stadion-Posse empört nicht nur Holstein-Fans

Kiel · Bei Holstein Kiel hat die Vorfreude auf den möglichen Bundesliga-Aufstieg einen herben Dämpfer erhalten. Im Holstein-Stadion dürfen keine Erstligaspiele ausgetragen werden - das sorgt nicht nur in Kiel für kritische Töne.

 Das Stadion von Holstein Kiel.

Das Stadion von Holstein Kiel.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Stadion-Posse um Relegations-Teilnehmer Holstein Kiel wird zum Politikum: Die Entscheidung der Deutschen Fußball Liga (DFL), den Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung für mögliche Bundesliga-Heimspiele abzulehnen, sorgt für einen Aufschrei in der Szene. Holstein kämpft unterdessen unverdrossen für eine Kieler Lösung - und gegen einen Zwangsumzug.

"Die Menschen können sich sicher sein, dass wir alles tun, um unsere Heimspiele in Kiel auszutragen", sagte Holsteins Geschäftsführer Wolfgang Schwenke am Mittwoch. Man werde persönlich bei der DFL-Kommission vorsprechen und den DFL-Beschluss vom Dienstag "durch den zuständigen Lizenzierungsausschuss überprüfen" lassen. "Wir werden unsere Argumente genau erläutern und klar machen, dass es um eine historisch einmalige Situation geht", sagte Schwenke.

Der frühere Handball-Nationalspieler kann die Entscheidung nicht nachvollziehen, hat die Hoffnung auf ein Einlenken der DFL aber noch nicht aufgegeben: "Wenn es keine Ausnahmen für solche Ausgangslagen gibt, wird es für Vereine wie Holstein Kiel, die keinen großen Investor im Rücken haben, unmöglich, ein Märchen wie unseres auch tatsächlich wahr werden zu lassen."

Mit einem Umzug in ein fremdes Stadion befasst sich der Klub noch nicht. "Wir sollten erst einmal abwarten, was passiert, und tun gut daran, die Ruhe zu bewahren", sagte Schwenke. Schließlich müsse sich sein Team erst einmal "sportlich durchsetzen". Deswegen gelte es die "volle Energie" in den Saison-Endspurt und die beiden Relegationsspiele am 17. und 21. Mai zu investieren.

Online-Petition soll Solidarität mit Kiel zeigen

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In der Fußball-Republik sorgte der Fall Kiel für großes Kopfschütteln. Die Süddeutsche Zeitung nannte den DFL-Beschluss in einem Kommentar "ein schlimmes Signal" und "ziemlich arrogante Entscheidung", das Magazin „11Freunde“ sah "ein fatales Signal an jeden anderen Klub, der mit natürlichen Mitteln nach oben kommen will". Zudem wurde am Mittwochnachmittag eine Online-Petition ins Leben gerufen, die zur "Solidarität mit Holstein Kiel" aufruft.

"Es ist klasse, dass sich so viele solidarisch erklären. Denn solche Geschichten wie unsere schreibt nur der Fußball. Das spornt uns an", sagte Schwenke. Doch bei aller Solidarität müsse die DFL immer auch ihr Produkt im Auge behalten, das international vermarktet werden muss. Und da gebe es klare Regeln.

Wenig Hoffnung auf ein Einlenken der DFL

Die Chancen auf eine plötzliche Kehrtwende in Frankfurt stehen schlecht. Zwar wollte die DFL ihre vorläufige Entscheidung auf SID-Anfrage "wie üblich zwischen Beginn und Abschluss des Lizenzierungsverfahrens" nicht kommentieren. Die Sachlage ist aber eindeutig: Das Holstein-Stadion ist mit einem Fassungsvermögen von rund 12.000 Zuschauern gemäß der DFL-Statuten, die von den 36 Bundesligisten selbst verabschiedet worden sind, zu klein für die Liga eins, und eigentlich auch für die 2. Liga. Gefordert sind dort Plätze für 15.000 Zuschauer, 8000 davon müssen Sitzplätze sein.

Dies ist wohl der entscheidende Mangel, den der Klub nicht binnen weniger Tage beheben kann. Denn in Sachen Sicherheit genüge das Stadion laut Schwenke den DFL-Anforderungen und böte alle Voraussetzungen, damit die TV-Übertragung der Spiele dem geforderten Standard entsprechen. "Dass unser Stadion zu wenig Plätze hat, geht deshalb allein auf unsere Kosten, aber stört den Spielbetrieb nicht", sagte Schwenke.

An den strukturellen Defiziten arbeitet der Verein nach eigener Aussage "intensiv", spätestens in der Saison 2019/20 werde das Stadion durch den Neubau der Osttribüne über die erforderliche Kapazität von 15.000 Plätzen verfügen.

Parallel zum laufenden Kieler Gnadengesuch bei der DFL wird längst über adäquate Ausweichmöglichkeiten spekuliert. Laut Kieler Nachrichten plant Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther die Suche nach einer geeigneten Arena zur Chefsache zu machen und will bei einem HSV-Abstieg Gespräche mit Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher über einen Umzug ins Volksparkstadion führen. Weitere Optionen wären das Millerntorstadion von Zweitligist St. Pauli oder das 200 Kilometer entfernte Ostseestadion von Drittligist Hansa Rostock.

(SID)
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